Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1173 - Computerwelten

Titel: 1173 - Computerwelten
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Zwar lief die Vernetzung der Menschheit mit dem Virenimperium auch ohne ihr Zutun ab. Es gab keine denkbaren Elemente mehr, die noch eine Störung hätten verursachen können. Dennoch wollte sie die Kontrolle des Vorgangs nicht auf Dauer aus der Hand geben.
    Als sie die Ausstrahlung des Ordensmanns spürte, wandte sie den Blick nach oben.
    Qual Kreuzauge kam durch den Schacht herabgeschwebt. Die grüne Staubkutte wallte dabei in träger Bewegung.
    „Ich habe dir etwas zu melden", flüsterte Kreuzauge, nachdem er die Nullsohle erreicht hatte. Langsam drehte sich die Kapuzenöffnung mit den blitzenden Funken in Richtung des Schattens und dann wieder zurück. „Ich weiß nicht, ob er es hören sollte..."
    „Heraus damit!" forderte Vishna leichthin. „Vor ihm gibt es keine Geheimnisse. Er ist längst jenseits von Gut und Böse."
    Sie vernahm Chthons trockenes mentales Lachen, aber das Gefühl, das dahinter mitschwang, blieb ihr unverständlich.
    „Im Vernetzungsprozeß ist eine Anomalie aufgetreten", berichtete der Ordensmann folgsam. „Mehrere Virochips von Stein Nachtlicht sind außerhalb dessen Kontrolle."
    Abermals hörte sie den Schatten lachen. War das Zynismus, Schadenfreude - oder einfach der unechte Humor eines Wesens, das wußte, daß es schon verloren hatte? Es machte sie nervös.
    „Und?" herrschte sie Qual Kreuzauge an. „Ist die Störung behebbar?"
    „Gewiß. Es braucht nur etwas Zeit, dann wird der Prozeß normal weiterlaufen. Meine zweite Meldung ist, daß ein Flugobjekt in den Grauen Korridor eingedrungen ist und sich im Anflug auf den Virenhorst befindet."
    Der Ordensmann brachte das so zusammenhanglos und völlig ohne Übergang, daß Vishna einige Sekunden benötigte, bevor sie den Sinn der Botschaft verstand. Schon wieder dieses Lachen!
    „Er ist da", raunte Chthon. „Sagte ich nicht, daß er kommen würde?"
    Vishna merkte, wie sie ihre Fassung verlor. So sicher hatte sie sich gefühlt, so überzeugt war sie gewesen, daß niemand mehr sie aufhalten konnte - und jetzt das! Statt ihrer triumphierte der Schatten! Mühsam beherrschte sie sich. Die Nüchternheit gewann die Oberhand. Der andere mochte die Erde wider alle Wahrscheinlichkeit erreicht haben. Von Nutzen würde es ihm nicht sein, im Gegenteil. Sie hielt die besseren Karten in der Hand!
    „Was sagst du dazu?" provozierte Chthon weiter. „Er ist da, und er wird mich finden."
    In Sekundenschnelle entwickelte Vishna einen Plan, wie sie den Unsicherheitsfaktor ein für alle Male beseitigen konnte.
    „Er soll dich finden", betonte sie lauernd, und dem Ordensmann befahl sie: „Bring ihn nach oben, auf eine andere Sohle! Anschließend kerkerst du ihn wieder hier ein!"
    „Du willst, daß ich ihn rufe und daß er mich hört", spottete Chthon. „Oh, ich werde ihn rufen, und er wird mich hören. Du denkst, er geht in die Falle und steigt ahnungslos zur Nullsohle herab. Aber das wird nicht geschehen. Er ist klug genug, einen anderen Weg zu finden."
    Vishna antwortete nicht. Schweigend sah sie zu, wie der Ordensmann den Gefangenen nach oben transportierte. Einen Moment fühlte sie sich erbärmlich. Die Möglichkeiten des anderen konnte sie nur erahnen.
    Die Vorstellung, er könnte den Schatten tatsächlich befreien und den Kampf gegen sie aufnehmen, glich einem Alptraum. Die minimalen Störungen im Vernetzungsprozeß verloren dagegen ihre Bedeutung.
    Erst als Qual Kreuzauge und der Schatten zurückkehrten, gewann sie ihre Sicherheit wieder. Natürlich würde der andere versuchen, Chthon und damit sich selbst zu retten: Er würde herabkommen und in der Nullsohle verschmachten.
    Aber sie mußte beobachten, wie er sich verhielt. Es durfte kein Fehler passieren.
    Notfalls, dachte sie, während sie an der Seite des Ordensmanns zur Oberfläche schwebte, notfalls würde sie nachhelfen.
     
    8.
     
    Zahlreiche Mini-Erden hatte er besucht, und auf jeder war er einem Menschen begegnet: alten und jungen, bekannten und unbekannten; angefangen bei Galbraith Deighton und endend bei einer Frau namens Shyrea. Nicht jedes Gesicht, nicht jeden Namen konnte er sich merken. Dafür waren es zu viele. Er hatte sie nicht gezählt.
    Aber jeden von ihnen erweckte er aus der Trance. Beim ersten brauchte er noch einige Geduld, doch bei jedem weiteren verlief die mentale Befreiung schneller ab, bis zuletzt schon ein kleiner geistiger Anstoß genügte. Etliche Tausende mochten es sein, die schließlich den Lenkimpulsen Stein Nachtlichts nicht mehr zugänglich waren. Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher