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112 - Der weiße Mönch

112 - Der weiße Mönch

Titel: 112 - Der weiße Mönch
Autoren: Dämonenkiller
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Kloster weißzubleichen, doch er ahnte etwas von den Konsequenzen, die sie zu tragen hatten.
    Fragmente lösten sich aus der Fensterbank und klirrten zu Boden. Sephirotus hob die Faust und ließ sie auf das weiße Gestein niedersausen. Weiße Staubwölkchen pufften hoch. In der Bank entstand eine Mulde.
    Der Abt drehte sich um und atmete schwer.
    „Die absolute Reinheit verlangt nach Opfern", stieß er keuchend hervor. „Wir infizieren uns und unsere Umwelt auf magische Weise, sind dazu verdammt, zu degenerieren."
    Er riß mit beiden Händen an dem Halsausschnitt seiner Kutte. Sie klaffte auf, und er blickte auf seine eingefallene alte Brust herab. Sie war wieder etwas geschrumpft; ein Verfallsprozeß, den er erst in den letzten Tagen richtig erkannt hatte.
    „Morbid!" stöhnte er. „Schwach!" Er ließ sich am Pult nieder und schob die Folianten fort, daß sie zu Boden stürzten. „Aber wir geben nicht auf!" schrie Sephirotus. „Niemals! Das ewige Leben ist kein Wunschtraum, der unerfüllt bleiben muß."

    Die Bäume des Waldes ließen kaum etwas von dem grauen Tageslicht bis auf den Boden durch. Der gesamte Wald wirkte verfilzt und undurchdringlich, schien keine Eindringlinge zu dulden.
    Unga arbeitete sich mit verbissener Miene durch das Unterholz. Er war ein fast zwei Meter großer Mann mit mächtigen Muskeln; einer, der jedem Bodybuilding-Star mühelos Konkurrenz gemacht und ihn wahrscheinlich in den Schatten gestellt hätte. Trotzdem fühlte er sich ziemlich ermattet. Das lag aber weniger an den Dornen, die seine Haut zerkratzten, oder an den Zweigen des Dickichts, die er erst zerreißen mußte, um voranzukommen, auch der Schweiß, der ihm aus den Poren trat, und die Insekten, die ihn peinigten, hätte er notfalls noch stundenlang ertragen. Aber da war die nervliche Anspannung, die an ihm nagte. Seit Stunden suchte er jetzt nach dem Dämonenkiller, konnte ihn aber nirgends finden.
    Unga, der Cro Magnon, wußte, daß er sich mit Hermes Trismegistos, alias Dorian Hunter, bei der Klosterruine der Weißen Mönche treffen sollte. Natürlich war ihm bekannt, daß sich die Ruine irgendwo am Fuß des Großen Arber befand, aber es war wie verhext - auch die Überreste des Gemäuers hatte er nicht aufzustöbern vermocht - trotz intensiver Suche.
    Er war unruhig geworden, schimpfte, rupfte wütend ganze Büsche aus und hatte nicht übel Lust, einen kleinen Baum zu entwurzeln, um seinem Unmut irgendwie Luft zu verschaffen.
    Durch eine Öffnung zwischen den Baumkronen sichtete er den Gipfel des Großen Arber. Er blieb stehen und holte tief Luft. Plötzlich erspähte er einen. dunklen kreisenden Fleck am Himmel. Das Gebilde schwebte auf ihn zu, bremste elegant in der Luft ab und beschrieb eine Serie Schleifen. Allmählich schraubte es sich bis zur Erde herunter.
    Unga konnte nun ohne Mühe erkennen, daß es sich um einen großen Vogel handelte. Nach und nach entpuppte er sich als imposanter Raubvogel mit gewaltiger Flügelspannweite - eine Art Greif oder Adler.
    Gab es die hier im Bayerischen Wald?
    Unga überlegte angestrengt. Er hatte viel gelernt, seit ihn die Dämonenkiller-Clique zu neuem Leben erweckt hatte; beispielsweise beherrschte er inzwischen auch die englische Sprache fehlerfrei, ohne wie früher andauernd Brocken aus fremden Vokabelschätzen einzustreuen. Er reicherte sein Wissen fast täglich mit neuen Fakten an, aber er konnte sich beim besten Willen nicht entsinnen, ob in dieser Gegend Deutschlands noch derartige Spezies vorkamen oder ob sie eigentlich längst ausgestorben waren.
    Ein Unbedarfter hätte das Auftauchen des mächtigen Tieres sicherlich als Beweis für diese Annahme akzeptiert. Doch Unga war skeptisch. Er harrte aus und beobachtete das Tun des Raubvogels. Nur allzugut wußte er, daß der Dämonenkiller als Hermes Trismegistos in alle denkbaren Masken schlüpfen konnte. Um Dämonen den Garaus zu machen, war er in jüngster Zeit beispielsweise als Werwolf, als Ghoul und als Runen-Hexe aufgetreten. Gelegentlich tarnte er sich aber auch nur, um Luguris ausgekochten Spionen zu entgehen, den Irrwischen und allen anderen verborgenen Helfern des Erzdämonen, die überall Augen und Ohren zu haben schienen.
    Der Vogel schwebte mit weit geöffneten Flügeln auf eine Baumkrone herab und blieb auf einem dicken Asthocken.
    Unga lief zu dem Baum. Er war jetzt sicher, einen Vogel vor sich zu haben, wie er größer, majestätischer auf der Welt nicht existieren konnte. Unga mußte den Baumstamm umrunden
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