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105 - Der Leichenfledderer

105 - Der Leichenfledderer

Titel: 105 - Der Leichenfledderer
Autoren: Dämonenkiller
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war. Unmittelbar dahinter lag das Grab des Gehenkten.
    HANGED BYMISTAKE - GEORGE HENDERSON
    Eines Tages würde er auch dieses Grab öffnen. Bis jetzt hatte er davor zurückgeschreckt, die Ruhe des Gehenkten zu stören. Irgendwie war es ihm unheimlich. Vielleicht fürchtete er, die Schlinge im Grab zu finden. Das war in seinen Augen ein böses Omen. Auf solche äußeren Zeichen gab er viel. Wenn zum Beispiel ein Kojote über den Friedhof strich, übte er tagelang Enthaltsamkeit, doch nur, um anschließend noch schrecklicher zu wüten.
    Cotton Mather hatte lange keine der umliegenden Ranches heimgesucht. Er mußte vorsichtig sein. Sheriff Caine hatte bereits Verdacht geschöpft. Obwohl es keine lebenden Zeugen gab, die Mathers Raubzüge bestätigen konnten, hatte der alte Fuchs vor einem halben Jahr die Geisterstadt durchstöbert. Hätten sie sich nicht in der alten Mine versteckt, wäre ihre Festnahme nur eine Frage der Zeit gewesen.
    Sie erwarteten ihn vor der alten Kirche.
    „Lebt sie noch?"
    Cotton schüttelte ärgerlich den Kopf.
    „Wir werden es trotzdem versuchen. Helft mir, sie reinzuschaffen!"
    Cindy fing den herabgleitenden Körper des Mädchens auf.
    „Wir haben kaum noch Lebensmittel, Cotton", sagte sie.
    „Darüber unterhalten wir uns morgen."
    Mel und Brett standen in der Tür zur Kirche. Mel ließ den Stahlhelm lässig herunterbaumeln. Er trug ebenfalls nur Hosenträger. Sein Oberkörper war braungebrannt. Rechts unter dem Rippenbogen schimmerte eine furchtbare Narbe. Sie hatten ihm den Granatsplitter damals an Ort und Stelle herausoperiert.
    In der Kirche roch es muffig und nach frischem Teer. Gordon, ein hagerer Bursche aus dem Osten, hatte die Ritzen im Dach verschmiert. Die Luft war warm.
    „War irgendwas los heute?" wollte Cotton wissen und ließ den Staubmantel von den Schultern gleiten.
    Er kaute auf einem Stück Kaktus herum.
    Gordon warf die langen Haare in den Nacken. Im Gegensatz zu den anderen besaß er eine helle, fast weiße Haut. Er ging nicht gern in die Sonne. Deshalb bezeichneten ihn die anderen spöttisch als Vampir. Gordon machte sich in den Häusern nützlich. Er bereitete den anderen das Essen zu und flickte ihre Sachen.
    „Mir war, als hätte ich drüben in den Bergen den Jeep des Sheriffs gesehen."
    „Was?" brüllte Cotton entgeistert. „Warum höre ich das erst jetzt?"
    Gordon hob die Schultern. „Ich hielt es nicht für so wichtig, Cotton. Er war viel zu weit entfernt, um irgend etwas wahrzunehmen. Selbst mir einem Fernglas hätte er kaum was erkennen können. Es war verdammt heiß. Deshalb habe ich im Innern der Kirche gearbeitet. Du siehst - es war völlig ausgeschlossen, daß er mich entdecken konnte."
    Cotton war halbwegs befriedigt. Er spie die zerkauten Kaktusblätter aus.
    „Habt ihr drüben in der Mine alles vorbereitet'?"
    Cindy nickte unterwürfig. „Pete hat die letzten Kerzen geholt. Die Joints gehen uns ebenfalls aus. Wir brauchen ganz dringend Nachschub.
    „Später", war Cottons lakonische Entgegnung. „Zuerst kommt die Zeremonie dran. Ich muß den Schamanen endlich den Klauen des Todes entreißen."
    Das war sein sehnlichster Wunsch. Seit er zum erstenmal die Geschichte des Schamanen gehört hatte, war er von dem Gedanken beherrscht, diesen Geheimnisvollen ins Leben zurückzurufen. Der mumifizierte Körper war sein Götze. Ihm diente er und ihm opferte er viele Menschen.
    „Mach auf, Gordon!"
    Der Weißhäutige klappte die Falltür hoch und befestigte das Seil an einer Kirchenbank. Cotton schwang sich geschickt in die Tiefe. Kalte, feuchte Luft umgab ihn. Er fühlte ein Prickeln in sich aufsteigen. Ob es diesmal klappen wurde?
    Der Gang führte vom Schacht aus etwa fünfzig. Meter durch den Untergrund. Über ihm lag der alte Friedhof. Anschließend teilte sich der Gang. Links ging es zum Brunnen, rechts zum Bergwerk. Die Decke wurde durch alte Balken abgestützt. An manchen Stellen hatten Cottons Freunde Ausbesserungen durchgeführt.
    „Sie darf nicht beschädigt werden", herrschte Cotton die beiden jungen Burschen an, die Ritas Körper durch den Gang trugen.
    „Aber sie ist doch durch den Sturz…"
    „Gar nichts ist sie", tobte Cotton, und seine Stimme dröhnte durch den Gang. Irgendwo rieselten Steinchen herunter. Im Gebälk knackte es verhängnisvoll. „Sie ist unversehrt. Wir werden die Zeremonie mit ihr durchführen."
    Schweigend setzten sie den Weg durch den Untergrund fort. In unregelmäßigen Abständen steckten Fackeln in der Wand.
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