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0983 - Schwingen des Verderbens

0983 - Schwingen des Verderbens

Titel: 0983 - Schwingen des Verderbens
Autoren: Manfred H. Rückert
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leichte Ähnlichkeit mit denen einer Katze. Die Dämonengöre trug wie üblich nur ein ziemlich knappes Höschen - weil ihre Mutter das so wollte. Ansonsten hatte sie keinen Fetzen Stoff am Leib.
    »Das Echo kam doch genau von hier. Weshalb befinden sie sich dann nicht hier unten?«, murmelte sie und biss sich auf die Unterlippe. Sie verschränkte die Arme vor dem Oberkörper und starrte die Wand mit den Kristallen an, als würde sie dort Antwort auf ihre Frage erhalten.
    Gedankenverloren wich sie zurück, bis sie an der gegenüberliegenden Wand nicht mehr weiterkonnte. Die Innenmaße der Höhle betrugen etwa 30 Meter als Durchmesser und 20 Meter in der Höhe. Sie rutschte an der Wand entlang, bis sie auf dem steinigen Boden saß. Kassandra zog die Beine an und umklammerte sie mit den Händen. Dann stützte sie das Kinn auf die Knie.
    Tränen rollten über ihre Wangen und tropften auf den Boden, wo sie zischend verdampften und ein kleines Loch in den Stein fraßen.
    »Wo seid ihr bloß?«, hauchte Kassandra. Ihre Augen starrten ins Leere. Zum wiederholten Mal hatte sie geglaubt, ihrer Sippe auf der Spur zu sein. Und mit jeder neuen Enttäuschung hatte sie ein Stück ihres ansonsten übergroß vorhandenen Selbstbewusstseins verloren.
    Auf ihre geistigen Rufe hin hatte Kassandra geglaubt, ein Echo zu hören, und mittels ihrer Magie hatte sie versucht, das Echo anzupeilen und ihm zu folgen. Sie hatte angenommen, dass es sich um einen Ruf ihres Vaters oder ihrer Mutter handelte. Aber erneut musste sie feststellen, dass dem nicht so war.
    Handelt es sich dabei vielleicht nur um das Echo meiner Gedanken?, fragte sie sich. Sozusagen eine Art von Wunschdenken, weil ich nicht bekomme, was ich suche ?
    Durch bloßes Nachdenken konnte sie das Rätsel nicht lösen, und alleine schon gar nicht. Aber sie hatte niemand, an den sie sich wenden konnte.
    Als sie vor einigen Monaten in der Wüste erwachte, wurde sie zuerst gejagt. An den See in Kolumbien konnte sie nicht gehen, weil sie dabei gestorben wäre. Und die wenigen Schwarzblütigen, denen sie im Verlauf ihrer Odyssee begegnet war, hatten den Untergang der Hölle alle geistig nicht verkraftet.
    Wo soll ich bloß noch nach Ma und Pa suchen?
    Die Dämonengöre war müde. Am liebsten hätte sie sich hingelegt und ausgeruht. Sie spürte, dass ihr der Glanz der Kristalle gut tat. Kassandra streckte sich und ließ sich einfach nach hinten fallen. Da vernahm sie eine murmelnde Stimme.
    »Ihr habt einen Ruf ausgestoßen und ein Echo vernommen, Herrin?«
    Das ist doch ein Schemen!, durchfuhr es die junge Dämonin. Sie setzte sich auf und blickte in die Richtung, aus der die Frage gestellt wurde.
    »Was willst du?«; fragte Kassandra die fast nicht wahrnehmbare Kreatur. Schemen gehörten zu den untersten Chargen, ganz am Ende der Höllenhierarchie. Kaum jemand wusste etwas über sie, viele waren nicht einmal sicher, ob es »der« oder »das« Schemen hieß. Aber diese Wesen kamen unbemerkt überall hin; und hätte dieser Kassandra nicht angesprochen, hätte sie seine Anwesenheit nicht einmal registriert.
    Zwei Dinge wusste die Dämonengöre über Schemen: Sie sahen und hörten alles, um es sich zu merken, und sie konnten die Träume anderer Wesen wahrnehmen.
    Letzteres wäre einmal fast Lucifuge Rofocale zum Verhängnis geworden. Es geschah kurz vor Kassandras Geburt, aber ihr Vater, der Erzdämon Vassago, hatte ihr berichtet, dass ein Schemen Stygia von Lucifuge Rofocales Träumen erzählt hatte. Woher Vassago das schon wieder wusste, verriet er nicht. Der Erzdämon besaß überall geheime Quellen.
    »Ich kann es nicht erzählen, aber ich kann es Euch übermitteln, Herrin. Wollt ihr es erfahren?«, flüsterte der Schemen.
    »Woher kommst du und wie hast du den Untergang der Hölle überstanden?« Kassandra kniff die Augen zusammen, sie war misstrauisch geworden.
    »Mein Herr, den es nicht mehr gibt, hat mich hierher gebracht«, antwortete der Schemen. »Aber soll ich Euch nicht die Geschichte des Echos übermitteln, Herrin?«
    »Irrwische gibt’s ja auch hier!«, stieß das Dämonenmädchen aus, als sie drei kleine, irisierende Wesen sah. Sie stand auf und betrachtete die Wesen, von denen sie geglaubt hatte, dass sie ausgestorben wären.
    Irrwische sahen aus wie leuchtende Wattebäusche von höchstens 15 Zentimeter Größe, aus denen zwei winzige Arme und Beine ragten. Wozu sie die Beine überhaupt benötigten, wusste niemand, denn die kleinen Gesellen schwebten zumeist durch die
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