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098 - Horrortrip ins Tal der Toten

098 - Horrortrip ins Tal der Toten

Titel: 098 - Horrortrip ins Tal der Toten
Autoren: Jens Orlik
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Es herrschte wenig Verkehr, sogar in der City.
    Gegen halb elf hatte der letzte Polizist auf dem Friedhof seinen Posten bezogen. Henry stand hinter einem hohen Grabstein nahe der Kapelle. Er trug einen Regenmantel und einen wasserfesten Hut, denn es herrschte schneidende Kälte.
    Unter ihm weichte der Boden auf. Von den Laternen der Avenue Pasteur kam ein wenig Licht auch hierher. Der weiße Kies auf den Wegen glänzte. Auf feuchtes Laub trommelte Regen. Henry biß die Zähne zusammen.
    Wie gemütlich es jetzt in Madeleines Apartment wäre. Sie kochte phantastisch, dazu gab es wohltemperierten Rotwein. Ihr Apartment war ein Liebesnest.
    Nur noch bis nachher, dachte er. Korniff wird dingfest gemacht, und der Alptraum ist für immer vorbei. So vernünftig er auch erscheint – ob er wirklich glaubt, Madeleine käme hierher?
    Eisig zuckte es durch Henrys Brust. In diesem Moment sah er klar. Er richtete sich rasch auf, reckte das Gesicht in den Regen. Dann rannte er.
    Kies spritzte unter ihm weg. Am Tor prallte er gegen einen Polizisten.
    „Heh, wer… ah, Sie, Monsieur Dayton. Ist was?“
    „Wir Dummköpfe! Reingelegt hat er uns!“
    „Wieso? Was meinen…“
    „Nie will der hierher kommen. Sichergehen wollte er nur, daß ich um Mitternacht nicht bei Madeleine Patou bin. Der hat in der Presse gelesen, daß wir liiert sind, zählt es sich an den Fingern ab und … Schicken Sie mir ein paar Leute nach, ja? Die andern können für alle Fälle noch warten.“
    Er rannte auf die Straße. Wie spät? Elf Uhr. Sein kleiner Wagen war weit entfernt geparkt. Wie auch die Fahrzeuge der Polizisten. Korniff sollte nicht mißtrauisch werden.
    Ein Taxi? Wie leergefegt war die Avenue, weit und breit nicht ein einziger Wagen.
    Henry rannte, so rasch er konnte. Endlich die Querstraße. Der Wagenschlüssel fiel ihm aus klammen Fingern. Dann saß er hinter dem Lenkrad, startete und preschte stadteinwärts.
    Madeleine wohnte in einem Apartmenthaus der Rue de Maubeuge.
    Henry stoppte vor dem Eingang. Halteverbot! Wie spät? 23.33 Uhr. Er sprang aus dem Wagen. Den Kopf in den Nacken gelegt, sah er an der Häuserfront empor.
    Madeleine wohnte zur Straße hinaus im obersten, im vierzehnten Stock.
    Licht? Natürlich. Sie wollte warten, bis alles vorbei war.
    Im Eingang stockte ihm der Atem.
    Mit einem Stemmeisen hatte jemand die Haustür geknackt.
    Henry stürzte in die Halle. Das Treppenhaus war dunkel, die Liftkabine im siebten Stock. Er drückte auf den Knopf. Ungeduldig wartete er.
    Aber er hörte noch ein anderes Geräusch.
    Es kam von weit oben, aus der domhohen Halle über ihm, wo sich die Spirale der Treppe von Stockwerk zu Stockwerk wand.
    Schritte. Nicht schleichend, aber auch nicht laut. Schritte eines Mannes, nein! Henry wußte es in diesem Moment, obwohl es dafür keine logische Begründung gab: Es war Korniff.
    In welcher Etage tappte er aufwärts?
    Vor Henry sank die Kabine herab. Er sprang hinein, drückte auf vierzehn, wartete mit fliegendem Puls. Endlich der Ruck. Auch im vierzehnten Stock war alles dunkel. Madeleines Tür lag dem Lift schräg gegenüber. Verschlossen. Aus ihrem Apartment drang leise Musik.
    Henry betätigte das Treppenhauslicht. Dann beugte er sich über das Geländer. Viel hätte nicht gefehlt, und er wäre zurückgeprallt. Fünf Stufen unter ihm stand Korniff.
    Er mußte es sein. Aber er hatte sich verändert. Der Bart war verschwunden. Talggraue Haut umspannte das knochige Gesicht. Auch jetzt schienen die Augen zu phosphoreszieren.
    Blitzschnell schleuderte Korniff das kurze Stemmeisen. Henry duckte sich. Hinter ihm prallte es gegen die Wand. Er wirbelte herum. Gegen diesen mit unmenschlichen Kräften ausgestatteten Riesen, das wußte er, kam er nicht an. Er brauchte eine Waffe.
    Mit dem Stemmeisen in der Hand richtete er sich auf. Im selben Moment hatte Korniff die letzte Stufe erreicht. Henry holte aus.
    Korniff wich zurück, stieß mit der Hüfte gegen das Geländer. Er wollte sich ducken. Zu spät. Wuchtig prallte das Stemmeisen gegen seine Brust.
    Es warf ihn nach hinten. Er verlor den Halt. Sein Gewicht kippte ihn über das Geländer. Er stürzte ins Treppenhaus, in die Tiefe unter ihm. Henry sprang zum Geländer.
    Er sah Korniff. Der Körper überschlug sich. Kein Schrei. Kein Laut. Der Mantel flatterte. Mit rudernden Armen fiel er und fiel…
    Knackend erlosch das Licht.
    Tief unten schlug der Körper des Untoten auf.
     
     
    ENDE
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