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0963 - Wächter der Blauen Stadt

0963 - Wächter der Blauen Stadt

Titel: 0963 - Wächter der Blauen Stadt
Autoren: Manfred H. Rückert
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längst schon wieder heilen lassen.
    Jetzt erst bemerkte sie die fremdartigen Gerüche in dieser Umgebung. Sowohl die Wüste selbst als auch die beiden Männer und die Kamele - alle besaßen ihren Eigengeruch, den Kassandra vorher noch nie wahrgenommen hatte.
    »Ts, wo bin ich hier?«, fragte sie die beiden Imuhagh. Als beide gemeinsam antworteten, entschied sie, dass der Vorsichtigere reden sollte.
    »Wo bin ich hier?«, wiederholte sie ihre Frage. »Und wer seid ihr?«
    »Wir befinden uns im Süden von Libyen«, antwortete Ghoumour automatisch. »Wir sind Imuhagh, ein Nomadenvolk.«
    Kassandra überlegte, was der Begriff Nomaden bedeuten sollte. Nach menschlichen Maßstäben war sie gerade einmal etwas mehr als zweieinhalb Jahre alt, und viel hatte sie außerhalb der vor Kurzem untergegangenen Hölle noch nicht gesehen. Als Schwarzblütiger war ihr die Telepathie vertraut, und so holte sie sich die Begriffe, die sie nicht zuordnen konnte, aus den Gedanken der beiden Wüstensöhne.
    »Bringt mich erst einmal weg von hier«, befahl sie. Beide Männer trugen sie zu den Reittieren und hoben sie auf ein Kamel. Dann setzte sich Ghoumour hinter sie. Auch Moumouni setzte sich auf sein Kamel.
    »Ich lese in euren Gedanken, dass sich hier in der Nähe ein Ort befindet, vor dem ihr Angst habt. Bringt mich dorthin«, lautete ihr nächster Befehl.
    Als die Kamele ihre Last schon eine Weile durch die Wüste getragen hatte, fragte Kassandra: »Wie lautet eigentlich euer Gruß?«
    » As-salãm 'alaikum , das bedeutet, der Friede sei mit dir«, erklärte Ghoumour.
    »Und wie würdest du zu mir sagen?«, wollte sie wissen und lockerte für wenige Sekunden die geistige Beeinflussung.
    » As-sãmu 'alaikum - Möge der Tod mit dir sein«, zischte der Imuhagh, der aufgrund seiner hilflosen Lage am liebsten geweint hätte. Doch es war zu spät, schon lag er wieder unter der Beeinflussung von Kassandra.
    Die Dämonengöre lachte und trieb die Kamele zu größerer Geschwindigkeit an. Nicht mehr lange, dann würden sie den Ort erreichen, vor dem die Nomaden so große Angst hatten. Ein solcher Ort war wie gemacht für Höllenwesen.
    ***
    »Chief Inspector Seagrove?« Professor Zamorra zog die Stirn in Falten, als er den australischen Polizisten am Visofon hatte, dem schlosseigenen Telefon mit Sicht-Sprechverbindung von Château Montagne. Da Seagrove kein entsprechendes Gegengerät besaß, wurde das Visofon in diesem Fall als normales Telefon benutzt. Bei einer Sichtverbindung wäre der Parapsychologe bestimmt eher darauf gekommen, wer ihn gerade angerufen hatte. Vorsichtshalber hatte er das Visofon auf Lautsprecher umgeschaltet, damit seine Gefährtin Nicole Duval mithören konnte.
    Im ersten Augenblick sagten der Titel und der Name des Polizisten Zamorra nichts, deshalb fügte Seagrove hinzu: »Vor fünfeinhalb Jahren halfen Sie mir bei der Geschichte mit den Werdingos um LaGrange und die Para-Wölfin…«
    In diesem Moment fiel bei Zamorra der Groschen. Fünfeinhalb Jahre - in dieser Zeit hatte er bestimmt annähernd 150 neue Fälle in aller Welt gelöst. Es war kein Wunder, dass er einige Sekunden benötigte, ehe er sich das eingefallene Gesicht des hageren Chief Inspectors ins Gedächtnis zurückrufen konnte.
    »Sie sagten noch, ich sollte mich auf jeden Fall an Sie wenden, wenn etwas Ungewöhnliches passiert, und nicht auf eigene Faust einen Privatkrieg starten«, fügte Seagrove hinzu.
    »Selbstverständlich erinnere ich mich an Sie«, beeilte Zamorra sich, dem Polizisten gegenüber zu versichern. »Und Sie sind sicher, dass dies ein solcher Fall ist?«
    »Auf jeden Fall, Sir!« Der Chief Inspector klang so steif, wie Zamorra ihn in Erinnerung hatte. »Das eben war der vierte Fall, bei dem ein Mensch zerstückelt wurde. Und solche Verletzungen habe ich bisher bloß bei dem damaligen Fall gesehen. Kein Mensch bringt so etwas fertig, nur Werdingos oder Werwölfe. Professor, ich bitte Sie, den Fall zu untersuchen.«
    »Einen Moment bitte, Inspector«, bat Zamorra und drehte sich um.
    Er blickte seine Geliebte an. Nicole Duval, die auch als seine Sekretärin und Kampfgefährtin fungierte, studierte den Terminkalender des Professors der Parapsychologie. Schon nach wenigen Sekunden nickte sie. Aus Rücksicht auf die Dämonen bekämpfenden Aktivitäten Zamorras nahmen sie nur wenige Termine an, beispielsweise für Vorlesungen an Universitäten oder der Präsentation eines neuen Buches. Andernfalls hätten sie jede Woche mindestens eine Absage
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