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0955 - Blutiger Dschungel

0955 - Blutiger Dschungel

Titel: 0955 - Blutiger Dschungel
Autoren: Volker Krämer
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hervor, die dort irgendwo schlummerten. Zur Not musste dieses Halbwissen reichen, doch er beneidete Zamorra und Nicole um deren Multilingualität, die er leider nicht besaß. Er musste mit dem auskommen, was ihm von seinen Besuchen in Mexiko hängen geblieben war.
    Noch immer lächelnd sprach er ruhig zu dem Kind.
    »Möchtest du einen Kakao?« Die Kleine wirkte absolut verunsichert, denn sie sollte Drogen an den Mann bringen - ganz sicher war nicht eingeplant, dass sie sich hier ausruhte. Doch ein Blitzen in ihren Augen verriet van Zant, dass er die richtige Frage gestellt hatte. Er winkte den Kellner zu sich und der brachte tatsächlich in für seine Verhältnisse unglaublich kurzer Zeit den gewünschten Trank.
    Van Zant drückte dem Mann eine viel zu große Dollarnote in die Hand. »Wir brechen gleich auf, also will ich jetzt schon mal bezahlen. Der Rest ist für Sie.« Der Mann strahlte und bedankte sich unterwürfig, ehe er sich entfernte.
    Artimus beobachtete seinen kleinen Gast. Es dauerte einige Minuten, ehe das Mädchen es wagte, die Tasse mit dem dampfenden Inhalt an die Lippen zu führen. Dann jedoch schlürfte sie den Kakao mit geschlossenen Augen und einem seligen Ausdruck auf dem Gesicht.
    Dann wagte der Physiker den Vorstoß. Er beugte sich zu dem Kind.
    »Hör mir zu.« Er konnte nur hoffen, das Mädchen kam mit seinen holprigen Spanischkünsten klar, doch sie schien jedes Wort zu verstehen. »Wirst du beobachtet?« Sie nickte. Artimus strich ihr beruhigend über die Hände, die sie gefaltet auf dem Tisch hielt. »Keine Angst - alles wird gut. Ich will dir helfen, damit du aus dieser Hölle heraus kommst. Wenn ich gleich aufstehe, dann folgst du mir, ja?«
    Das Mädchen hatte offensichtlich Angst, doch sie begriff auch, dass dieser Mann ihr nichts Böses wollte. Seine dunkle Stimme, sein offenes Lächeln - sie begann ihm zu vertrauen. Sie verstand sich selbst nicht, aber irgendwie war ihr klar, dass dieser Mann einem Kind nichts antun würde.
    »Wenn sie uns fangen, dann stecken sie uns in den Wald der blutenden Bäume. Ich habe Angst…! Da will ich nicht mehr hin, bitte…«
    Van Zant verstand nicht, doch darum konnte er sich noch später kümmern. »Niemand bringt dich irgendwo hin, das verspreche ich dir. Also los - bleib immer an meiner Seite.« Er wusste nur zu gut, dass er hier einen unausgegorenen Plan ins Blaue hinein feuerte, doch er würde die Kleine hier nicht ihrem Schicksal überlassen, das war klar.
    Langsam und betont lässig stand er auf. Das Mädchen tat es ihm tatsächlich gleich. Um den perfekten Eindruck zu vermitteln, griff Artimus nach der Hand des Kindes. Die kleinen Finger zitterten, als van Zant sie berührte - waren das Entzugserscheinungen oder die blanke Angst?
    Als wüsste er ganz genau, wo sein Ziel liegen mochte, schlug Artimus einen Weg ein, der in Richtung Stadtrand führte. Zumindest hoffte er das, denn Bogota war ein echtes Labyrinth, das sich ihm wahrlich noch nicht erschlossen hatte. Artimus wusste, dass er erst einmal Raum zwischen diesem Ort und dem Kind bringen musste - erst dann konnte er sich entscheiden, ob er die Kleine zu einer der Organisationen bringen konnte, die sich in Kolumbien um Kinder in Not kümmerten, oder ob es ratsam war, das Mädchen außer Landes zu bringen. Wie weit reichten die Arme der Drogenkartelle hier wirklich? Er wusste es nicht, also war große Vorsicht angebracht.
    Das Mädchen wandte immer wieder den Kopf nach hinten, als erwarte sie die Verfolger regelrecht. Und sie behielt mit dieser Furcht recht. Plötzlich drückte sie van Zants Hand ganz fest. Ihre Stimme war so leise, dass Artimus sie kaum verstehen konnte.
    »Sie kommen. Ich hab Angst!«
    Artimus musste sich nicht umsehen, denn er konnte es direkt fühlen, dass man sie verfolgte. Also kontrollierte das Kartell die Kinder zumindest sporadisch - wahrscheinlich besonders die, die man noch nicht vollständig in Abhängigkeit gebracht hatte. Dieses Mädchen würden sie nicht zurückbekommen, das schwor der Physiker sich.
    Er sondierte die Lage und entschied sich.
    »Dort hinein, in diese Gasse.«
    Vielleicht konnte er die Burschen abhängen, auch wenn er daran nicht so recht glauben mochte. Die Gasse war extrem schmal und widerstand erfolgreich jedem Sonnenstrahl, der sie zu erleuchten versuchte. Van Zant war das nur recht, denn er fasste nach der erstbesten Haustür und hatte Glück - sie war nicht abgeschlossen. Das Mädchen war viel zu verblüfft, um zu reagieren, als er sie
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