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0941 - Echsenauge

0941 - Echsenauge

Titel: 0941 - Echsenauge
Autoren: Jason Dark
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wäre es von einem Fremden abgegeben worden.
    Latow wußte nicht, wieviel Zeit nach dem erneuten Fallen der Klappe vergangen war, er drehte sich plötzlich um und befürchtete, daß jemand die Kabine verschlossen haben könnte, um ihn in eine Falle zu locken, aber die Tür ließ sich normal öffnen.
    Er hatte zuviel Schwung in diese Bewegung hineingelegt, stolperte über die Schwelle hinweg, gelangte in den Vorraum und sah, wie ein anderer Kunde die Baracke verließ.
    Wilbur saß hinter seinem Tresen und las nicht wehr. Statt dessen trank er Tee.
    So wie Kurt Latow verließen die Kunden nie die Kabinen. Nicht so hastig und stolpernd, zwar oft keuchend und verlegen schauend, wobei manche noch ihre Kleidung richteten, aber Latow kam taumelnd heraus. Auf seinem Gesicht mischten sich Überraschung und Schrecken, und seine Augen waren so starr wie die eines Reptils. Er schien nicht mehr in der Welt zu sein, als er mit zittrigen Schritten auf den Tresen zuging.
    »He, was ist los?«
    Kurt gab keine Antwort.
    »Was ist denn, verdammt?« Wilbur war sauer. Er mochte keinen Ärger. Der war schlecht fürs Geschäft. In den letzten Wochen waren die Umsätze trotz Sonderkonditionen zurückgegangen. Wer dann noch eine Enttäuschung erlebte, behielt das bestimmt nicht für sich.
    Latow stemmte seine Hände auf das Holz. Er roch nach Schweiß. Wilbur war da etwas empfindlich und zog sich zurück. »Kannst du denn nicht reden, verflucht!«
    Kurt nickte. Er atmete ein, nickte noch einmal und sagte: »Ich war in der Kabine.«
    »Ja, das weiß ich.«
    »Und da habe ich sie gesehen.«
    Wilbur zeigte ein schiefes Grinsen. »Das hoffe ich doch, daß du sie gesehen hast. Schließlich hast du dafür bezahlt, sage ich mal. Du hast demnach ein Recht darauf, alles zu sehen. Wo liegt denn das Problem?«
    Kurt wußte nicht so recht, wie er sich ausdrücken sollte. Er bewegte seine Lippen, und das dabei entstehende Lächeln sah doch ziemlich dümmlich aus.
    Wilbur schnickte mit den Fingern. »Was ist denn los? Willst du nicht reden?«
    »Doch, doch!« Er nickte. »Ich werde reden.«
    »Dann mach mal.«
    »Die Frau war klasse.« Er beugte sich vor. »Sie war wirklich super, einmalig. So etwas habe ich noch nie zuvor gesehen.« Er hatte sich blitzschnell entschlossen, nicht die Wahrheit zu sagen. »Die hat mich regelrecht umgehauen, innerlich fertiggemacht, wie du es auch nennen willst. Das war die absolute Schau.«
    »Du warst also zufrieden?« erkundigte sich Wilbur in einem lässigen Tonfall.
    »Das kannst du wohl sagen.«
    »Klasse.«
    »Ich will aber noch mehr.«
    »Kannst du haben, dann mußt du zahlen.«
    »Nein, nein.« Kurt schüttelte den Kopf. »So meine ich das nicht. So auf keinen Fall.«
    »Was ist es dann?«
    »Ich will wissen, wer sie ist.«
    »Hä, hä.« Wilbur lachte. »Du bist gut. Kennst du denn nicht die Regeln, Kurt? Du weißt doch genau, daß ich gehalten bin, keine Namen und Adressen preiszugeben. Das ist nicht drin. Die Mädchen dürfen sich mit den Kunden nicht treffen.« Er breitete die Arme aus. »Ist eben ein ehernes Gesetz.«
    »Ich will sie aber wiedersehen, verdammt!«
    Wilbur fühlte sich überlegen. »Kann ich mir vorstellen. Ich will auch so einiges sehen.« Er rieb sich Daumen und Zeigefinger gegeneinander. »Du kennst die Preise. Du kannst sie dir heute meinetwegen noch zehnmal anschauen.«
    »So meine ich das nicht.«
    Wilbur stöhnte auf, als hätte er unter einer schweren Last zu tragen. »Ich kenne dein Problem, aber ich habe meine Vorschriften.«
    »So, hast du die?«
    »Ja!«
    Kurt Latow schaute sich um. Der Vorraum war leer. Außer ihnen beiden gab es keinen anderen Kunden, keinen Zeugen, und Latow griff mit zitternder Hand in die rechte Hosentasche, wo die Geldscheine steckten, die er dann hervorzog. Kleinere und mittlere Banknoten klebten aneinander.
    Er drehte sich von Wilbur weg und zupfte eine 20-Pfund-Note ab. Die legte er auf den Tisch.
    »Reicht das?«
    »Nie und nimmer.«
    Kurt erhöhte um zehn Pfund.
    »Ich habe meine Vorschriften«, erklärte ihm Wilbur lächelnd. »Ehrlich.« Aber in seinen Augen schimmerte bereits die Gier, was auch Kurt Latow nicht verborgen geblieben war.
    Der ließ Banknoten verschwinden und holte eine 50-Pfund-Note hervor, die er auf den Tisch knallte und sogar noch glättete.
    »Mein letztes Angebot, Wilbur!«
    Der weißblonde Knabe hinter dem Tresen kam ins Grübeln. Er zierte sich noch, aber das Grinsen war bereits ein erstes Zeichen für einen Kompromiß.
    »Es ist
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