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0941 - Echsenauge

0941 - Echsenauge

Titel: 0941 - Echsenauge
Autoren: Jason Dark
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und darauf zu warten, daß an der anderen Seite abgehoben wurde.
    Falls Deliah da war…
    Kurt knetete seine Nase. Er war ja nicht auf den Mund gefallen, verdammt, das war er nicht, aber hier bekam er schon Probleme. Was sollte er der Frau sagen? Sie würde ihn auslachen, sie würde ihn möglicherweise einfach ignorieren und auflegen.
    Oder auch nicht. Seine Hoffnung flackerte noch.
    Den Apparat hatte er etwas näher zu sich herangezogen. Den Hörer hielt er in der linken Hand, die Finger der rechten schwebten bereits über der Zahlenreihe.
    »Sei nicht feige«, sprach er sich Mut zu. »Du packst es. Vielleicht hockt sie da, ist einsam und wartet nur darauf, daß jemand anruft. Mach es.«
    Er spreizte den rechten Mittelfinger ab, schaute auf die aufgeschriebene Nummer und tippte die Zahlen ein, die er vor sich hinflüsterte. Dann hatte er sie durch und preßte den Hörer gegen das Ohr.
    Er hörte nicht das Besetztzeichen, der Ruf kam durch, und jetzt wartete er darauf, daß an der anderen Seite abgehoben wurde.
    Es dauerte. Der normale Ruf kam ihm überlaut vor. Er malträtierte sein Gehör.
    Zweimal, dreimal, viermal…
    War sie nicht daheim? Kurt stand unter einer wahnsinnigen Spannung. Er hatte sich zuvor zurechtgelegt, was er sagen wollte, wenn sie abhob, aber er hatte wieder alles vergessen. Er wollte sie nicht nach der Hand fragen, dazu mußte er ihr persönlich gegenübersitzen. Außerdem fürchtete er sich vor einer Blamage, denn möglicherweise hatte er sich die Dinge nur eingebildet.
    War sie da? War sie nicht da?
    Sie war da, denn plötzlich wurde an dem anderen Anschluß abgenommen. Kurt hatte schon nicht mehr damit gerechnet, deshalb erschrak er und saß zunächst starr.
    »Ja…?« Sie dehnte das eine Wort, und Kurt Latow fand, daß sie eine wunderbare Stimme hatte. So fraulich, so einfühlsam, sie war einfach einmalig.
    Kurt hatte Mühe, sich von diesem Klang loszureißen und zurück in die Wirklichkeit zu finden, aber auch da konnte er nur ein »Hallo« flüstern.
    »Wer bist du denn?«
    Er räusperte sich, wurde verlegen, fast hilflos. Er wußte nicht mehr, welche Worte er sich zurechtgelegt hatte und stammelte statt dessen: »Wir kennen uns…«
    »Oh…«
    »Du bist Deliah?«
    »Sicher.«
    Kurt schnalzte mit der Zunge. »Ich habe dich gesehen, Deliah.«
    »Wo hast du mich gesehen?«
    Er mußte sich räuspern. »Das kannst du dir doch denken.«
    »Beim Tanz?«
    »Klar.«
    »Wie heißt du?«
    »Kurt…«
    »Oh, ein seltener Name. Ich glaube, ich weiß, wer du bist. Ich kann mich an dein Gesicht erinnern. Hinter der Scheibe, weißt du…«
    »Klar, weiß ich das.« Es paßte Kurt nicht, daß er auf sein Gesicht angesprochen wurde. Er selbst war von seinem Aussehen nicht eben begeistert.
    »Ich wußte, daß du anrufst, Kurt.«
    Dieser Satz hatte ihn überrascht. »Wieso denn? Wieso hast du gewußt, daß ich anrufe?«
    »Das ist nicht schwer gewesen, mein Lieber. Ich habe es einfach an deinen Augen abgelesen. Ja, an deinen Augen. Du warst hin und weg, wie man so schön sagt. Du hattest einen Ausdruck in den Augen, der zugleich eine Triebfeder war. Du willst mich. Stimmt das?«
    Er nickte.
    »Stimmt es?« fragte sie noch einmal.
    »Klar«, erwiderte er mit rauher Stimme. »Es stimmt. Alles stimmt. Du hast recht.«
    »Eben, Kurt, eben. Ich mag dich auch, und ich freue mich, daß du angerufen hast. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter, denn ich möchte, daß du zu mir kommst. Ich lade dich ein. Du weißt sicherlich, wo ich wohne. Du brauchst dich nur in deinen Wagen zu setzen und zu mir zu fahren. Alles andere wird sich dann von allein ergeben. Bist du dazu bereit?«
    »Und ob, Deliah, und ob. Du glaubst gar nicht, wie ich darauf gewartet habe.« Er konnte wieder besser sprechen. »Ich habe dich gesehen. Ich will dich berühren, dich…«
    »Kannst du, Kurt, das sollst du auch. Ich freue mich auf dich. Ich warte. Komm schnell…«
    »Ja, ja, ja…« Er merkte nicht, daß er die letzten beiden Worte in eine tote Leitung gesprochen hatte, denn Deliah hatte aufgelegt.
    Auch Kurt legte den Hörer zurück. Er stöhnte auf. Mit beiden Händen wischte er über sein Gesicht und spürte die Feuchtigkeit auf seinen Handflächen.
    Sein Herz schlug viel schneller als gewöhnlich. Es war etwas eingetreten, das er vor einigen Stunden nicht zu hoffen gewagt hatte. Er würde eine Frau wie aus dem Bilderbuch treffen. Eine, von der er bisher nur hatte träumen können.
    Er stand auf. Eine Dusche hätte ihm jetzt
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