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0930 - Das Stigma

0930 - Das Stigma

Titel: 0930 - Das Stigma
Autoren: Jason Dark
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über gewisse Dinge machen. Das schaffte ich nicht, wenn ich hier oben stehenblieb und der Botschaft dieser Frauen zuhörte.
    Aus diesem Grunde zog ich mich zurück. Obwohl mich niemand hören konnte, bewegte ich mich auf möglichst leisen Sohlen durch den Raum, erreichte die Tür, zog sie auf und ärgerte mich über das entstehende Knarren. Der Flur war düster und leer. Eigentlich war es nur ein schmaler Absatz, denn einen Schritt weiter begann bereits die schmale Wendeltreppe, die in die Tiefe führte.
    Eine Etage brauchte ich nur hinunterzugehen. Die Stimmen hörte ich so gut wie nicht mehr, denn die dicken Wände hielten die Geräusche ab.
    Zudem waren die winzigen Fenster geschlossen.
    Daß ich trotzdem von ihnen nicht loskam, mußte wohl an mir selbst liegen, denn ich erinnerte mich weiterhin daran.
    Die Treppe bestand aus Holzstufen. Sie knarzten oder bewegten sich alle.
    Die Tiefe oder das Innere des Hauses waren wie ein unheimlicher und lichtloser Schlund. Ich wollte auch kein Licht einschalten. So tastete ich mich im Dunkeln weiter, wobei meine Finger über den Handlauf glitten.
    Nur das kleine Fenster in der Wand diente mir als Orientierungshilfe. Es befand sich dort, wo auch der erste Treppenabsatz aufhörte. Den nächsten mußte ich noch überwinden, um Marcias Zimmer zu erreichen.
    Ich war bisher noch nicht in ihm gewesen und wußte deshalb auch nicht, wie es eingerichtet war.
    Vielleicht wäre es doch besser gewesen, wenn wir beide zusammengeblieben wären. Ich brachte die letzte Stufe hinter mich und stand in der Dunkelheit vor Marcias Zimmertür.
    Es war nicht völlig finster, denn hinter mir befand sich eine Öffnung in der Wand. Durch das Fenster sickerte nicht viel Licht. Es war nicht mehr als ein hellerer Fleck.
    Die Tür bestand aus dunklem Holz. In Gürtelhöhe schimmerte die alte Metallklinke. Ich legte meine Hand darauf, zog sie aber wieder zurück, denn ich wollte nicht wie ein Dieb in den Raum schleichen, sondern erst einmal anklopfen.
    Zu zaghaft.
    Beim zweiten Versuch klopfte ich energischer. Das mußte Marcia eigentlich hören.
    Auch jetzt reagierte sie nicht.
    Schlief sie so tief und fest - oder…?
    Über das Oder wollte ich mehr wissen und machte mich daran, die Tür zu öffnen. Dies geschah unter der gebotenen Vorsicht, aber auf die leicht angerosteten Angeln hatte ich keinen Einfluß. Das Knarren empfand ich wie einen körperlichen Schmerz.
    Die Tür drückte ich nur so weit auf, wie es nötig war. Fast lautlos schob ich mich in den Raum, blieb sofort stehen, um zu lauschen und merkte, wie mein Blut allmählich in Wallung geriet.
    Ich hörte nichts.
    Kein Atmen, kein Schnarchen. Es kam mir so vor, als stünde ich allein in dem dunklen Zimmer.
    Der Raum war größer als der, in dem ich geschlafen hatte, und er hatte zwei Fenster, die nebeneinander lagen.
    Es war mir jetzt egal, ob man den Schein der kleinen Lampe nun sah oder nicht. Ich mußte es einfach riskieren, holte die Leuchte hervor und schaltete sie ein.
    Der Strahl war wie ein weißer Speer, in dem unzählige Staubkörnchen tanzten. Etwa im Rhythmus der hereindringenden Stimmen?
    Zunächst fiel mir im Lampenlicht die Kargheit des Raumes auf. Er unterschied sich in keiner Weise von dem Zimmer, in dem ich einige Stunden verbracht hatte. Ich sah den Schrank, der etwas höher war. Ein kleiner Tisch ohne Decke. Zwei klumpige Stühle aus dem gleichen Holz, dann erwischte die Lampe den unteren Teil des Bettes, dessen Kopf- und Fußende nicht aus Holz, sondern aus Metall bestanden. Licht wurde reflektiert und fiel auf die Decke, die so bleich war wie ein Leichentuch.
    Das irritierte mich nicht. Etwas anderes bereitete mir Sorge, denn die Decke zeigte so gut wie keine Falte. Sie war nicht bewegt worden, man hatte sie nicht zurückgeschlagen. Es war der Beweis dafür, daß bisher noch niemand in diesem Bett gelegen hatte. Zumindest nicht in dieser Nacht oder am vergangenen Tag.
    Ich blieb zunächst einmal stehen. Die Stimmen der Frauen störten mich nicht mehr. Es gab jetzt andere Probleme, über die ich nachdenken mußte, und wieder merkte ich die Zunahme der Spannung in mir.
    Hier stimmte eine große Menge nicht. Ich kam mir auch von Marcia auf eine bestimmte Art und Weise benutzt vor, weil sie mir nicht die volle Wahrheit erzählt hatte.
    Sie hatte behauptet, sich hinlegen zu wollen, weil sie einfach zu müde gewesen war, aber in ihr Bett war sie nicht eingestiegen. Die Frage drängte sich auf, wo sie überhaupt steckte, und ich
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