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0923 - Die Henkerin

0923 - Die Henkerin

Titel: 0923 - Die Henkerin
Autoren: Jason Dark
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die Berge, sollte ich ans Meer? Sollte ich Jane mitnehmen oder allein fahren?
    Ich grübelte, und ich grübelte eigentlich zu lange, denn das Schicksal hatte die Weichen anders gestellt.
    Nein, keine Dämonen, keine bösartige Attacke aus der Hölle. Das alles traf nicht zu, obwohl es normal gewesen wäre. Etwas anderes traf mich völlig überraschend.
    Es war ein Besuch aus einem fremden Land, und dieser Besucher zählte zu meinen Freunden.
    Abbé Bloch aus Alet-les-Bains, der sein Refugium dort verlassen hatte, um sich in London umzuschauen. Er bat mich darum, mir bei Gelegenheit als Fremdenführer zur Verfügung zu stehen. Allerdings nicht so sehr ihm, sondern einem Mann, den wir einmal aus dem Mittelalter in die Neuzeit geholt hatten. Er stammte aus der Bretagne, war ein Templer gewesen und hieß Godwin de Salier.
    Er lebte seit einigen Monaten im Kloster der Templer, in Frankreichs Süden. Die Brüder hatten sich sehr um ihn gekümmert und ihn behutsam auf das moderne Leben vorbereitet, damit es ihm gelang, auch mit den Errungenschaften der Technik umzugehen.
    Jetzt hatte der Bretone so viel gelernt, um mit ihm Reisen machen zu können, und Abbé hatte sich für London entschlossen.
    London im Sommer.
    Die Stadt in der Hitze.
    Die Stadt, die kochte!
    Ich hatte es ihm nicht gesagt und mich natürlich gefreut, ihm auch erklärt, daß ich Urlaub hätte und mich um sie kümmern konnte, was den Abbé natürlich unwahrscheinlich gefreut hatte. Allerdings wollte er nicht immer bei mir bleiben, sondern mit seinem Schützling auch allein durch die Stadt ziehen.
    Ich hatte nichts dagegen, aber es war doch anders gekommen. Die schwüle Hitze hatte dem Abbé arg zugesetzt, und er hatte schon am zweiten Tag schlappgemacht. Für ihn war das Hotelzimmer wichtig, in das er sich zurückziehen konnte, denn dort gab es einen Klimaanlage. Er hatte schon davon gesprochen, wieder zurück nach Frankreich zu fahren. Ich hatte mich entschlossen, den Fremdenführer zu spielen, so war mein Urlaub wenigstens sinnvoll ausgefüllt, und in den folgenden zwei Tagen waren Godwin de Salier und ich immer unterwegs. Ich mußte die Energie und den Wissensdurst des Mannes einfach bewundern. Er interessierte sich für alles und fragte mir Löcher in den Bauch.
    Wir waren in die Museen gepilgert und waren mit der U-Bahn kreuz und quer gefahren.
    Aber wir hatten uns nicht nur in der City aufgehalten, sondern auch in den Randbezirken. So hatte der Bretone Schloß Windsor ebenso gesehen wie den Buckingham Palast.
    Ihm war es wirklich gelungen, sich der neuen Gegenwart anzupassen. Er hatte in der kurzen Zeit bei den Templern sehr viel gelernt, nur Autofahren konnte er noch nicht, das aber würde er auch noch packen. Auch sah er in seinem weißen, weit geschnittenen Hemd, den blauen Jeans und dem kurzgeschnittenen, dunkelblonden Haar aus wie einer von Tausenden anderen Menschen in London auch. Sein Gesicht schien sich auch verändert zu haben. Er trug keinen Bart mehr, er war nicht mehr erschöpft, die Verletzung von damals war auskuriert, und das etwas kantige Gesicht mit den blauen Augen und der geraden Nase zeigte einen natürlichen, offenen Ausdruck. Auch die leicht gebräunte Haut stand ihm gut, und Londons Hitze schien ihm nichts auszumachen.
    Am dritten Tag hatten wir uns die City vorgenommen, allerdings nicht die Museen, sondern die Straßen und Passagen der großen Konsumverführungen, wo alles in den Schaufenstern ausgestellt war, was der Mensch brauchte oder auch nicht.
    Der Abbé hätte mehr als einmal säuerlich den Mund verzogen, nicht so Godwin. Er war begeistert von den Waren, die hier angeboten wurden, aber auch überwältigt, und so bat er gegen Mittag um eine Pause, was mir sehr recht war.
    Wir hatten uns in eine Passage verdrückt, wo die Cafés und Kneipen mit Klimaanlagen ausgerüstet waren und man nicht dauernd schwitzte.
    Wir saßen an einem runden Tisch mit gelber Platte, die als Sonne gelten sollte, streckten die Beine aus und wirkten ziemlich erschöpft. »Ich bin dir eine Last, John, wie?«
    »Nein, gar nicht.«
    »Aber du könntest dich jetzt hinlegen, deinen Urlaub genießen, dich in der Sonne aalen, wo das Meer…«
    Ich winkte ab. »Ist mir zu heiß.«
    »Ja, der Sommer ist mal wieder schlimm.«
    »Stimmt.«
    »Was trinkst du?«
    Ich überlegte nicht lange. »Ein wunderbares, herrliches, gut gekühltes Bier. Ein Weizenbier aus Bayern, denn das haben sie hier tatsächlich.«
    Godwin bekam leuchtende Augen. »Wie schmeckt das
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