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0923 - Die Henkerin

0923 - Die Henkerin

Titel: 0923 - Die Henkerin
Autoren: Jason Dark
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immer vom Stoff des weiten Rocks verdeckt.
    De Salier schaute auf ihren Rücken. Und er sah, daß Carlotta den Kopf leicht drehte. »Ich möchte wissen, was ich jetzt tun soll.«
    »Ganz einfach. Du gehst durch das Zimmer und verläßt es durch die normale Tür. Den Weg zum Zimmer deines Gatten kennst du ja.«
    »Was soll ich ihm sagen?«
    »Das werden wir bereden, wenn wir dort sind.«
    »Gut, du hast die Waffe.«
    »Si, und daran solltest du immer denken, Hexe!«
    Er hatte das letzte Wort so haßerfüllt ausgestoßen, daß Carlotta sofort an die Inquisition und auch an die schrecklichen Folterqualen dachte. Aber sie dachte auch daran, was geschehen würde, wenn er plötzlich seinen toten und geköpften Freund im Bett liegen sah. Dann würde er einfach durchdrehen, das standfest.
    »Geh jetzt!«
    Carlotta wußte, daß der Bretone hinter ihr stand. Aber etwas hatte sich verändert. Er bedrohte sich nicht mehr so direkt, denn sie spürte den Druck der Spitze nicht mehr in ihrem Rücken. Da war einiges anders geworden, sie würde sogar reagieren können, wenn sie schnell war.
    Und sie war schnell!
    Carlotta wirbelte herum, und sie riß während dieser Bewegung ihren rechten Arm hoch, den sie blitzartig wieder nach unten sausen ließ. Plötzlich funkelte der Waffenstahl auf, und das klirrende Geräusch, das entstand, als beide Waffen gegeneinanderprallten, ging in Carlottas Gelächter unter.
    Sie hatte einen Erfolg erreicht. Durch die Wucht des Aufpralls war dem Bretonen die eigene Waffe aus der Hand geschleudert worden. Sie lag jetzt irgendwo auf dem Balkon.
    Carlotta aber besaß noch ihre Machete, und sie wartete auf einen zweiten Kopf…
    ***
    Vielleicht wäre alles ganz anders gekommen, hätte sie sofort nachgesetzt, aber sie war von ihrem eigenen Erfolg so überrascht worden, daß sie zunächst zögerte.
    So bekam der Bretone die Chance, zunächst einmal zurückzuweichen, aber er schaffte es nicht, seine verloren gegangene Waffe zu fassen, die lag irgendwo auf dem Boden des Balkons im Schatten.
    Carlotta kam trotzdem. Sie spornte sich selbst mit einem fauchenden Laut an, als sie sich auf denn zurückweichenden Mann warf und dabei mit der Machete zuschlug. Sie führte die Waffe von oben nach unten, als wollte sie Godwin zerhacken.
    Der wuchtete sich zur Seite. Er wußte selbst, daß er wahnsinniges Glück haben mußte, um in dieser Enge unverletzt davonzukommen. Hier war alles anders, zudem machte die Frau einen entschlossenen Eindruck.
    Sie fluchte wild, als die Klinge über das halbrunde Gitter schabte, aber ihr Ziel nicht erwischte.
    Sofort trat sie zurück und hob die Machete erneut an.
    Die Henkerin war zu einer Furie geworden, die das Blut sehen wollte, und wieder wuchtete sie die Klinge nach unten.
    De Salier hatte sich darauf einstellen können. Hätte die Frau eine Hose getragen, wäre er ihr auf dem engen Balkon wohl nicht entkommen. So aber tat er genau das Richtige. Er lag auf dem Boden und hatte in einem günstigen Augenblick die Hände ausgestreckt. Mit den Fingern bekam er den Saum des Rockes zu fassen, er riß daran und zerrte Carlotta um.
    Es geschah, als sie zuschlagen wollte.
    Als sie kippte, verlor sie die Übersicht. Plötzlich tanzte ihre Machete in der Luft. Sie war zu einem wirbelnden Reflex geworden, und Carlotta war aus dem Gleichgewicht geraten.
    Sie schrie wütend auf. Die Machete schlug einen Halbkreis, aber sie traf kein Ziel. Schließlich rutschte sie mit der Klinge an der Mauer entlang, wo sie helle Streifen hinterließ.
    Godwin wartete nicht erst ab. Er griff sofort an. Aus seiner liegenden Haltung hervor wuchtete er sich hoch, und er sprang das Teufelsweib einfach an.
    Beide prallten zusammen.
    De Salier hatte seine Fäuste eingesetzt. Er nahm keine Rücksicht mehr, und der Hieb drosch die Frau zurück bis gegen das Geländer. Es reichte ihr bis zur Hüfte und hätte ihren Sturz auch abgefangen, aber de Salier war wieder schneller.
    Sofort umfaßt er die Beine der Henkerin.
    Mit einer Handbewegung hob er ihren Oberkörper an, und einen Moment später kippte sie nach hinten.
    Diesmal hielt sie kein Gitter mehr.
    Carlotta rollte förmlich darüber hinweg. Sie ruderte mit den Armen, sie fluchte und ließ auch ihre Waffe los, die zuerst den Weg in die Tiefe antrat.
    Die Frau folgte ihr eine Sekunde später.
    Da war Godwin bereits auf den Beinen, stand am Gitter, die Hände aufgestützt.
    Er schaute in die Tiefe.
    Es war nicht so dunkel, als daß er Carlotta nicht hätte fallen sehen.
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