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0923 - Die Henkerin

0923 - Die Henkerin

Titel: 0923 - Die Henkerin
Autoren: Jason Dark
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Sie segelte in die Tiefe, der Wind stieß von unter her gegen ihren Rock und wallte ihn hoch.
    Und sie schrie.
    Zuerst war es nur ein Schrei, der schnell abbrach, und dann hörte der Mann die Worte, den Fluch, die Verwünschung. Sie sprach vom Teufel und seinen Mächten, die ihr zur Seite stehen würden, und sie verfluchte dabei ihren Mörder.
    Die Stimme wurde nicht einmal leiser. Die Fallende holte noch einmal alles aus ihrem Körper heraus, dann war es vorbei.
    Ein Aufprall zwischen den Felsen auf hartem, steinigen Untergrund. Wer aus dieser Höhe fiel, überlebte nicht, das wußte auch Godwin de Salier, und er wandte sich ab.
    Er hob seine Waffe auf, steckte sie in die Scheide. Sein Gesicht war ausdruckslos. Er zitterte nicht mal, aber er wußte, daß dies noch kommen würde, und so ging er freiwillig den Weg zum Schlafzimmer seines Freundes Alfonso.
    Er wollte nicht denken, er machte sich auch keine Vorstellungen, obwohl er Schlimmes ahnte. Er ging wie jemand, der kein Mensch mehr war, und betrat den Raum, ohne zuvor angeklopft zu haben.
    Auf der Stelle blieb er stehen.
    Der Bretone kannte sich aus. Er hatte auf vielen Schlachtfeldern gekämpft, und deshalb wußte er auch, wie das frische Blut eines Menschen roch.
    So wie in diesem Raum!
    Sein Herz schlug noch schneller. Kälte und Hitze wechselten sich bei ihm ab. Der Schweiß rann über sein Gesicht. Obwohl er es eigentlich nicht wollte, trat er sehr nahe an das Bett heran.
    Dort lag sein Freund.
    Und Godwin de Salier mußte erkennen, daß es zwischen dem Kopf und dem Körper keine Verbindung mehr gab.
    Plötzlich überflutete ihn die Furcht. Auch bedingt durch die Vorstellung dessen, welches Schicksal ihm zugedacht worden war. Auch er hätte geköpft werden sollen.
    Godwin sank auf die Knie.
    Er hielt sich an der Bettkante fest, senkte den Kopf und weinte bitterlich…
    ***
    Bei Sonnenaufgang hatte der Bretone gepackt und das Schloß verlassen. Er war zu den Stallungen gegangen, wo sein Pferd stand. Mit dem verschlafen wirkenden Knecht wechselte er kein Wort, als er die Decke über den Rücken seines Tieres legte. Dann stieg er auf und verließ das Blutschloß der d'Arroyos.
    Es war vorbei. Don Alfonso gab es nicht mehr, und es gab auch nicht mehr die Freundschaft zwischen ihnen. Alles war so anders geworden, so schrecklich, und er ritt zitternd in die morgendliche Kühle hinein. In seinem Gesicht rührte sich nichts. Er wußte, daß diese widerliche Frau tot war, aber er hatte den Fluch nicht vergessen, und er hatte sich zudem vorgenommen, den Leichnam noch einmal zu kontrollieren.
    Den Weg durch die Klippen kannte er gut. Er hielt sich schon einige Tage in dieser Gegend auf, er hatte sie zusammen mit seinem Freund erkundet. Sie hatten auch im Meer gebadet.
    Es waren so herrliche Tage gewesen, auch wenn sich Don Alfonso manchmal bedrückt gezeigt hatte.
    Nicht zu Unrecht, wie Godwin jetzt wußte.
    Er schaute zum Schloß zurück, das sich hoch über ihm türmte. Er sah auch den kleinen Balkon, der zu seinem Zimmer gehört, und nun wußte er, wo er suchen mußte.
    Das Personal würde im Laufe des Tages die Leiche ihres Herrn entdecken, und der Stallknecht würde sich daran erinnern, wer da weggeritten war. Sie würden ihn für den Mörder halten und vielleicht auch jagen, aber das war ihm egal. Er würde wieder nach Norden reiten, um irgendwann seine Heimat zu erreichen. Er war auch in den Süden gekommen, um zu lernen, denn der spanische Einfluß war zu dieser Zeit bedeutend gewesen.
    Der Bretone ritt an einem kleinen Strandabschnitt entlang. Das Wasser rollte in schaumigen Wellen heran, spritzte über die kleinen Steine und umspülte auch die Beine seines treuen Reittieres. Der Himmel zeigte noch das starke Rot des anbrechenden Morgens, und Godwin kam er vor wie mit Blut gefüllt.
    Sehr bald schon mußte er sein Pferd stehenlassen, da ihm die Felsen den Weg versperrten. Sie reichten direkt an das Wasser heran. Der Mann stieg ab, gab seinem Tier einen Klaps und setzte seinen Weg zu Fuß fort. Er tauchte in einen breiten Felsenspalt ein, der ihn zu seinem Ziel hinführen würde.
    Er bewegte sich schlangengleich an den vorspringenden Nasen vorbei, kletterte über Geröll hinweg, schaute hoch zur Burg, die von den ersten Sonnenstrahlen wie Flammenspeere getroffen wurde, und suchte anschließend weiter.
    Er wollte sich die Leiche ansehen. Er wollte überprüfen, ob sie auch wirklich tot war.
    Der seichte Morgenwind trieb ihm einen bestimmten Geruch in die Nase,
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