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0923 - Die Henkerin

0923 - Die Henkerin

Titel: 0923 - Die Henkerin
Autoren: Jason Dark
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dann war dieser Ruf gekommen. »Da ist sie. Da ist die böse Frau!«
    Kevin wollte weiterlaufen, da war er bei mir an der falschen Adresse. Ich scheuchte ihn und seinen Onkel zurück, der inzwischen wußte, welchem Beruf ich nachging, und bewegte mich selbst auf die künstliche Folterkammer zu.
    Auch wenn ich Carlotta nur von hinten sah, erkannte ich sie sofort. Sie war es, daran gab es keinen Zweifel. Und sie schwang die Machete locker vor und zurück, wobei sie sich nicht mal um den Ruf des Jungen kümmerte, sondern ein Hindernis mit einem kräftigen Tritt einfach zur Seite wuchtete.
    Vor ihr lag der Bretone. Ich hatte einen raschen Blick auf ihn werfen können und auch entdeckt, daß er verletzt war und stark blutete. Echtes Blut vergoß er hier.
    Er lag vor ihr.
    Ich war hinter ihr.
    Und ich sprach sie an. »Keinen Schritt weiter, Carlotta!«
    ***
    Ich weiß nicht, ob sie überrascht gewesen war oder welchen Eindruck meine Stimme auf sie gemacht hatte, aber sie gehorchte und blieb tatsächlich stehen.
    In diesem Augenblick glich die Person vor mir tatsächlich mehr einer Wachsfigur als einem Menschen. Ich hielt die Beretta bereits in der Hand und zielte auf ihren Rücken, drückte aber noch nicht ab, denn in meiner anderen Hand hielt ich das Kreuz. Bisher hatte ich noch nicht erlebt, wie Carlotta auf den Anblick reagierte, der ihr eigentlich nicht gefallen konnte.
    Sie wartete noch immer.
    Es war trotzdem nicht still, auch wenn sich Kevin und sein Onkel im Hintergrund hielten, aber Godwin de Salier hatte mich gehört, und er bewegte sich in dem Durcheinander aus Wachsfiguren.
    Wahrscheinlich mühte er sich damit ab, auf die Beine zu kommen. Ich hörte sein Keuchen und achtete nicht weiter darauf, weil sich Carlotta endlich bewegte.
    Sie drehte sich sehr langsam um, so daß ich sie zunächst im Profil sah. Ihr Mund zuckte, als wollte er sich zu einem Lächeln verziehen. Dann öffnete sich der Mund, und die Zunge fuhr für einen Moment hervor. Sie verschwand wieder, als ich die Hand zufällig bewegte und ein Lichtreflex das Kreuz traf.
    Den Funken entdeckte auch Carlotta.
    Sie mochte das Kreuz nicht. Sie fauchte und schien sich in eine Katze zu verwandeln.
    Bannte sie meinen Talisman? Ich ging auf sie zu.
    Carlottas Augen bewegten sich. Die Hand mit der Machete zuckte. Ich sah es und flüsterte: »Laß sie fallen!«
    Sie tat es nicht.
    Da schoß ich.
    Es war ein Test. Ich wollte sehen, ob das geweihte Silber das Wachs zerstörte, und ich sah auch, wie die Kugel in die Körpermitte einschlug, dort eine kleine Mulde hinterließ, so groß wie der Abdruck eines Daumens. Mehr passierte vorerst nicht, nur war die Henkerin kurz zusammengezuckt, und in der von der Kugel hinterlassenen Mulde löste sich eine blasse, talgartige Flüssigkeit, die wie ein dicker Sirup dem Bauchnabel entgegenrann.
    Sie stand noch immer.
    Die Kräfte der Hölle hatten sie stark gemacht, doch dann passierte das, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Der Griff ihrer Finger lockerte sich, und die Machete rutschte nach unten, fand keinen Halt mehr und prallte zu Boden.
    Jetzt war sie waffenlos.
    Ich konnte mir aussuchen, wie ich sie zur Hölle schicken wollte, diesmal endgültig, da konnten ihr weder der Teufel noch andere Dämonen helfen.
    »Das Kreuz wird dich vernichten!« erklärte ich. Zugleich sah ich hinter ihr die Bewegung, und dann schob sich die blasse und zittrige Hand des Godwin de Salier dicht über dem Boden an ihr vorbei.
    Die Finger hatten ein Ziel, es war die Machete.
    »John«, hörte ich ihn mit schwerer Stimme sagen. »John, ich will es tun. Sie gehört mir.«
    »Aber…«
    »Nein, John, kein Aber. Ich muß etwas gutmachen. Ich habe damals einen großen Fehler begangen, den will ich ausgleichen. Auch du kannst mich daran nicht hindern.«
    »Dann tu es!«
    »Danke!«
    Es war dem Bretonen jetzt gelungen, die Machete zu umfassen. Seine rechte Hand hielt den Griff fest. Er hatte Mühe, er keuchte, die Verletzung machte ihm zu schaffen, aber er kämpfte sich auf die Beine.
    Carlotta tat nichts.
    Sie starrte mich nur an.
    Aus der kleinen Wunde rann noch immer die Flüssigkeit, und ich hatte den Eindruck, daß sich die Umgebung um den Bauchnabel herum verfärbte.
    Godwin de Salier war es gelungen, wieder auf die Beine zu kommen. Ich schaute an der Henkerin vorbei. Meine Perspektive war zwar nicht besonders, reichte aber aus, um die Bewegung des Mannes wahrzunehmen, die einfach so typisch für sein Vorhaben war.
    Er hob die Waffe an.
    Ich
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