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091 - Die Braut des Hexenmeisters

091 - Die Braut des Hexenmeisters

Titel: 091 - Die Braut des Hexenmeisters
Autoren: John Willow
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Interesse, Manon. Jetzt wissen sie, daß wir zusammengehören. Jetzt werden sie dich vernichten, wie sie mich.“
    Manon hörte ihm kaum zu. Sie wollte ihm alles erklären, ihm von dem schrecklichen Alptraum erzählen, der sie nach Paris getrieben hatte. „Ich hatte solche Sehnsucht nach dir, Jean“, sagte sie und blickte ihn liebevoll an. „Ich hatte geträumt, du wärst schwerkrank. Deshalb hielt ich es nicht mehr aus. Ich mußte hierher kommen.“ Sie war vor ihn getreten, und jetzt sah sie, daß er sehr blaß aussah. Er zitterte. „Liebster“, flüsterte sie besorgt, „du frierst ja! Komm, ich werde dich wärmen.“
    Sie umschlang seinen Nacken und blickte ihn besorgt an. Doch er hob nicht die Arme, um ihre Zärtlichkeit zu erwidern. Da faßte sie sein Gesicht mit beiden Händen und küßte ihn leidenschaftlich auf den Mund.
    Er blickte sie an, aber seine Lippen waren eiskalt. Und als sie sich betroffen aufrichtete, löste sich seine Halsbinde. Sein Kopf fiel nach vorn.
    Manon starrte auf den blutroten Kreis an seinem Hals. Sie ließ seinen Kopf los. Wie hypnotisiert sah sie auf seine blonden Locken, auf den Kopf, der langsam über seinen Schoß rollte, auf den Boden fiel und vor ihren Füßen liegenblieb.
    Und dann schrie sie auf, und ihr Schrei war noch lauter als der Donner. Schreiend lief sie hinaus auf die Galerie und die Treppe hinunter. Unten stolperte sie über das Mädchen, das immer noch auf der Treppe kauerte. Sie stürzte, schlug am Boden auf und fiel in einen tiefen, leeren Brunnen.
     

     

Zuerst spürte sie nur etwas Prickelndes. Es war scharf, stechend, roch unangenehm. Sie schlug die Augen auf.
    Jemand hielt ihr ein Fläschchen unter die Nase. Dann rief eine männliche Stimme über ihr: „Gott sei Dank, Madame! Sie kommt wieder zu sich.“
    Manon blickte sich um. Sie lag auf weichen Kissen. Jemand beugte sich über sie und sah sie besorgt an.
    Der Henker mit der Jakobinermütze!
    Entsetzt schloß sie wieder die Augen. Doch das konnte ja gar nicht der Henker sein. Er trug keine Jakobinermütze, und seine Arme waren nicht nackt und voll Blut. Er hatte eine Lederjacke an. Sie hob die Lider wieder ein wenig. Ja, auf dem Kopf trug er eine Schirmmütze. Es war der Taxichauffeur, der sie hierher gebracht hatte, und…
    Und? Sie war jetzt hellwach und setzte sich auf. Verwirrt blickte sie sich um. Sie sah den Kamin wie vorhin. Aber darüber hing kein Bild. Auf dem Boden lag auch kein Teppich, und statt der aufgeschlitzten Polstermöbel standen hier Ledersessel, ordentlich an den Wänden aufgereiht. Es war die gleiche Halle, und doch nicht dieselbe.
    Manon griff sich mit beiden Händen an den Kopf. Der Kopfschmerz von vorhin war in eine dumpfe Benommenheit übergegangen. Draußen regnete es immer noch, aber sie hörte keinen Donner mehr.
    „Wo ist das Mädchen?“ fragte Manon leise.
    Eine Frau schob sich an dem Taxifahrer vorbei. Sie legte ihr die Hand auf die Stirn. „Sie Arme“, sagte sie voller Anteilnahme. „Sie müssen sich ja ordentlich erschrocken haben, als hier in der Nähe der Blitz einschlug.“ Die kühle, leichte Hand strich Manon beruhigend über das Haar. „In diesem Haus wohne ich ganz allein.“ Die alte Dame lachte leise. „Und für ein Mädchen bin ich schon ein bißchen alt.“
    Manon versuchte sich zurechtzufinden. „Wie bin ich hierhergekommen?“ fragte sie.
    Der Taxifahrer schüttelte den Kopf. „Sollen wir nicht doch lieber einen Arzt holen?“ meinte er und blickte die alte Dame fragend an. „Ich sah doch gleich, daß etwas mit ihr nicht stimmte. Als ich ihr das Wechselgeld herausgeben wollte, schaute sie mich an, als wäre ich der Teufel in Person.“ Der Chauffeur lachte verlegen. „Sie rannte durch den Garten, und dann schlug hier im Nachbarhaus der Blitz ein. Ich sah ganz deutlich, wie sie schwankte. Deshalb ging ich ihr nach. Und dann fand ich sie dort“, er deutete mit dem Finger zur Treppe. „ohnmächtig auf dem Boden liegen.“
    „Sie haben sich vorbildlich benommen, Monsieur“, sagte die alte Dame und lächelte. „Ich denke, Mademoiselle wird Ihnen deshalb das Wechselgeld gern überlassen. Ich glaube nicht, daß wir jetzt noch einen Arzt brauchen. Mein Riechsalz hat seine Wirkung getan. Mademoiselle bekommt schon wieder etwas Farbe im Gesicht.“
    „Na dann“, meinte der Taxifahrer. „Nichts für ungut, Madame Robin.“
    Manon stützte das Gesicht in die Hände. Sie merkte nicht, wie die alte Dame den Chauffeur verabschiedete und zur Tür
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