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091 - Die Braut des Hexenmeisters

091 - Die Braut des Hexenmeisters

Titel: 091 - Die Braut des Hexenmeisters
Autoren: John Willow
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hinausdrängte. Sie sah wieder die Szene in der Bibliothek vor sich, dieses schreckliche Bild, ihren geliebten Jean.
    Sie kehrte erst in die Gegenwart zurück, als sich Madame Robin neben sie auf das Sofa setzte und ihr wieder die Hand auf den Kopf legte.
    „Sie zittern“, sagte Madame Robin besorgt. „Sie müssen einen bösen Traum gehabt haben.“
    „Wie bin ich hierhergekommen?“ fragte Manon noch einmal und nahm die Hände vom Gesicht.
    „Der Taxifahrer hat Sie hergebracht, weil Sie ihm meine Adresse gegeben haben“, erwiderte die alte Dame. „Ich war gerade oben im Schlafzimmer neben der Bibliothek, als ich unten die Tür ins Schloß fallen hörte. Als ich in die Halle hinunterkam, legte Sie der Taxifahrer gerade auf das Sofa.“ Die alte Dame streichelte wieder Manons Haar und lächelte gütig. „Sie hatten einen Zettel von Yvette Lescaut in der Hand. Mademoiselle Lescaut ist eine gute Freundin von mir. Ich habe bereits mit ihr telefoniert.“
    „Wie – wie lange bin ich ohnmächtig gewesen?“ fragte Manon leise.
    „Fast eine halbe Stunde, mein Kind. Und bei jedem Blitz und Donnerschlag sind Sie zusammengezuckt. Sie sind sehr wetterempfindlich und sehr sensibel, Mademoiselle. Und einmal haben Sie sogar ganz laut geschrien und einen Namen gerufen – Jean …“
    „Jean Dougnac“, sagte Manon rasch.
    „Dougnac?“ Die alte Dame stand auf und ging in der Halle auf und ab. Sie war sehr zierlich und klein, trug ein etwas verblichenes Brokatkleid und eine lange, doppelreihige Perlenkette um den Hals. Madame Robin sah mit ihren sorgfältig gelegten weißen Löckchen sehr gepflegt aus. Sie hatte dunkelbraune, glänzende Augen, die sich lebhaft in ihrem rosigen Gesicht bewegten.
    Plötzlich blieb Madame Robin vor Manon stehen und blickte sie forschend an. Ihr Gesicht war jetzt sehr nachdenklich. „Dougnac? Woher kennen Sie diesen Namen, mein Kind?“
    Irgend etwas warnte Manon, die Wahrheit zu bekennen. Deshalb sagte sie nur: „Ich habe von ihm geträumt, Madame.“
    Die alte Dame hob ihr rosiges Gesicht, als lausche sie hinaus in den Regen. „Wann? Vorhin?“ fragte sie gespannt.
    „Ich kam hierher. Ein Mädchen empfing mich. Es weinte. Es sprach mich mit meinem Namen an, obwohl ich es gar nicht kannte. Es warnte mich, in die Bibliothek zu gehen. Ich ging trotzdem hinauf. Dort saß er. Es – es war schrecklich.“
    Madame Robin nickte nur. Ihr Blick war in die Ferne gerichtet. „Er nannte seinen Namen?“ fragte sie lauernd.
    „Ja“, log Manon. „Er stellte sich als Jean Dougnac vor. Und dann …“ Manon schlug wieder die Hände vor das Gesicht. Sie spürte erneut die Hand der alten Dame auf ihrem Haar. „Weiter, mein Kind“, drängte Madame Robin.
    „Es war grauenhaft, Madame. Plötzlich fiel sein Kopf vom Rumpf und rollte mir vor die Füße. Man hatte ihn geköpft, und mit einem Halstuch seinen Kopf notdürftig auf dem Hals befestigt. So hatte man ihn in den Lehnstuhl gesetzt. Ein Windstoß löste die Binde, und…“
    Manon stockte und lauschte auf den Regen draußen im Garten. Dann löste Madame Robin Manons Hände vom Gesicht, faßte sie unter das Kinn und blickte ihr in die Augen. Ihre dunkelbraunen Augen glänzten wie im Fieber. „Was für ein Glücksfall für uns beide!“ rief sie ganz verzückt. „Yvette hat sich nicht getäuscht.“ Sie trat einen Schritt zurück, betrachtete Manon mit verklärtem Blick und schlug dann die Hände vor der Brust zusammen. „Jahrelang habe ich vergeblich gewartet. Ich hatte schon alle Hoffnung aufgegeben. Und jetzt bist du doch zu mir gekommen, mein Kind. Du bist die Richtige – endlich!“
    „Die Richtige?“ stammelte Manon verwirrt.
    Madame Robin verneigte sich fast vor Manon und sagte feierlich: „Du bist mit übersinnlichen Kräften begabt, mein Kind. Noch heute abend werde ich dich dem Meister zuführen. Du bist das ideale Medium für ihn.“
    „Medium?“ Manon begriff überhaupt nichts mehr.
    Madame Robin nahm Manon bei der Hand und zog sie mit sich fort zur Treppe. „Es hat sich alles so in diesem Hause zugetragen, wie du es im Traum erlebt hast“, erklärte die alte Dame, während sie Manon hinter sich her die Treppe hinauf zur Bibliothekstür zog.
    „Nein!“ schrie Manon verzweifelt. „Nein!“
    Doch Madame Robin hatte schon die Bibliothekstür aufgestoßen und schaltete das Licht ein.
    Manon schloß die Augen. „Nein!“ schrie sie wieder.
    „Als Medium muß man starke Nerven haben“, sagte Madame leise und ein bißchen
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