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0907 - Die blutenden Bäume

0907 - Die blutenden Bäume

Titel: 0907 - Die blutenden Bäume
Autoren: Jason Dark
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erklären.«
    »Jetzt?«
    »Sicher.«
    »Herr Müller, ich weiß ebensoviel wie Sie. Oder hat Ihnen Grote etwas anderes gesagt als mir?«
    »Nein, das nicht.«
    »Eben.«
    Müller sah verzweifelt aus und hob die Schultern. »Aber was soll ich meinen Vorgesetzten sagen? Sie werden mir Fragen stellen, Sie wollen eine Auflösung. Dieser Fall hat schon Furore gemacht, deshalb war es ja auch so dringend.«
    Harry holte tief Luft. »Sagen Sie Ihren Vorgesetzten, sie sollen auf ihren Ärschen hockenbleiben und so lange warten, bis sie von mir Bescheid bekommen. Klar?«
    Müller konnte nur schlucken. Seine Augen zuckten. Sie waren auch rot angelaufen. »Das meinen Sie doch nicht im Ernst, Stahl.«
    »Bestimmt nicht im Spaß, denn Sesselfurzer sind nicht eben nach meinem Geschmack.«
    »Bitte, Herr Stahl.« Müller schluckte und nahm die Haltung eines Spazierstockes an. »Ich werde davon Abstand nehmen und ihre despektierliche Meinung nicht weitermelden, aber unterstützen kann ich so etwas beim besten Willen nicht.«
    »Tun Sie, was Sie wollen.« Harry deutete auf den Toten. »Und auch mit ihm. Die Pathologen werden sich gern mit ihm beschäftigen wollen. Ich habe zu tun.«
    »Das heißt, Sie wollen von hier verschwinden?«
    »Richtig.«
    »Wohin denn?«
    »Bestimmt nicht in die Alpen, um noch Ski zu fahren.«
    Müller kam auf Harry zu, den Kopf vorgebeugt, den Blick starr. »Haben Sie denn eine Spur?«
    »Es sieht so aus.«
    »Ja, ja…« Er war plötzlich nervig. »Wo denn? Was soll ich meiner Dienststelle melden?«
    »Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Machen Sie es gut.« Harry Stahl drehte sich um und ging zur Tür. Von innen her gab er das Klingelzeichen, daß er abgeholt werden wolle.
    Wieder erschienen die beiden Wachhunde, sahen den Toten, wollten natürlich handeln, doch Stahl kam ihnen zuvor. »Der Herr dort wird Ihnen alles erklären, meine Herren. Und mich lassen Sie jetzt vorbei. Ich mag die Luft hier nicht.«
    »Es ist gut!« rief Müller. »Der Mann kann gehen. Und Sie sorgen für ein Gefäß, in dem wir die Leiche transportieren können.«
    Harry schüttelte den Kopf. »Gefäß«, sagte er, »so etwas kann auch nur einem furztrockenen Bürohengst einfallen.«
    Manchmal war die Welt schon verkehrt. Nur - was sollte es? Auch ein Harry Stahl konnte daran nichts ändern, aber der neuen Spur, der würde er schon nachgehen…
    ***
    Ich war froh darüber, als sich die Seitenpforte öffnete und Harry Stahl den Komplex verließ. Bereits an seiner Haltung und an seinem Gang erkannte ich, daß nicht alles so in Ordnung war, wie es hätte sein müssen, und Harry sprach den Ärger auch sofort aus.
    »Er ist tot, John!«
    »Dieser Grote?«
    »Ja.«
    Ich nickte. »Sicherlich hast du ihn nicht umgebracht, Harry, und ich kann mir auch nicht vorstellen, daß er auf eine natürliche Art und Weise ums Leben gekommen ist. Hat er durchgedreht? Mußtet ihr euch wehren? Oder brachte er sich selbst um?«
    Harry Stahl stützte sich an dem Wagendach ab. »Ich weiß nicht, was ich dir darauf antworten soll, John. So richtig trifft keine deiner Annahmen zu.«
    »Dann kläre mich auf.«
    »Mach ich.« Der ehemalige Kommissar nickte. Er schaute dabei in den Himmel, als hielte er Ausschau nach irgendwelchen Vögeln, die aber hielten sich zurück.
    »Horst Grote brach zusammen, und, aus seinem Mund ergoß sich ein wahrer Blutstrom.«
    Er hob die Schultern. »Ich habe keine Erklärung für das Geschehen. Es war alles so unerklärlich, so schrecklich und furchtbar, auch überraschend. Als der Blutstrom versickerte und ich Grote untersuchte, konnte ich nur seinen Tod feststellen.« Stahl klopfte auf das Autodach. »Jetzt bist du an der Reihe, aber du wirst kaum eine Erklärung finden. Wir stehen hier vor einem Rätsel. Eines will ich dir aber sagen: Ich bin froh, daß du den Weg hier nach Deutschland gefunden hast. Mir scheint, es steckt mehr hinter diesem Fall, als wir bisher annehmen.«
    Da konnte ich nicht widersprechen. Der Zeuge lebte nicht mehr, Damit mußten wir uns abfinden. Auf der einen Seite war Harry Stahl in den Knast gegangen, um mit dem Mann zu sprechen, und darauf baute ich meine weiteren Fragen auf.
    »Du hast, so hoffe ich, mit ihm reden können?«
    »Ja.«
    »Konnte er dir Informationen geben?«
    Harry lächelte. »Ein Strohhalm, John, nicht mehr, aber wir werden ihn aufgreifen.« Stahl strich über sein dunkles Haar mit dem grauen Schimmer. »Er hat von einem Wald gesprochen, von einem Birkenwald, wo die Bäume bluteten,
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