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0907 - Die blutenden Bäume

0907 - Die blutenden Bäume

Titel: 0907 - Die blutenden Bäume
Autoren: Jason Dark
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mir wie Lockvögel vor oder wie Wesen, die mich von anderen Dingen ablenken sollten, denn wieder huschten an der rechten Seite des Opels die Schatten entlang. Wieder sehr dicht, und die Vögel stiegen auch nie sehr hoch, sondern blieben beinahe schon in Reichweite.
    Ich konnte das Fenster schließen, starten, und wegfahren oder ich stieg aus und stellte mich ihnen.
    Für die zweite Möglichkeit entschied ich mich. Ich wollte die Tiere reizen und war gespannt darauf, ob es mir gelang. Angeschnallt war ich nicht, stieß die Tür auf und kletterte aus dem Fahrzeug.
    Die beiden Vögel auf der Kühlerhaube schwangen sich in die seidige Luft.
    Ich drückte den Wagenschlag zu.
    Hinter mir stiegen zwei weitere schwarze Tiere vom Kofferraum her in die Höhe aber sie gerieten nicht in meine Nähe, sondern huschten weg.
    Ich sah ihnen kurz nach. Sie flogen auf die Mauern des Zuchthauses zu.
    Für sie gab es keine Grenzen. Elegant glitten sie darüber hinweg.
    Wahrscheinlich gehörten sie zu den Geschöpfen, die von den Gefangenen am meisten beneidet wurden, wenn die Männer in ihren Zellen standen und durch die Fensterluken nach draußen starrten.
    Über dem Knast zogen die Tiere ihre Kreise. In meiner Nähe schrien zwei andere.
    Ich drehte mich wieder um.
    Die schwarzen Vögel hockten auf dem Wagendach. Ob es die von der Kühlerhaube waren, wußte ich nicht. Sie sahen ja alle gleich aus. Wieder glotzten sie mich an, dabei blieb es allerdings nicht, denn aus den halboffenen, zuckenden Schnäbeln drangen kehlige und kreischende Laute, als wollten mich die Tiere ausschimpfen oder mich vor irgend etwas warnen.
    Ich wich nicht zurück.
    Die Tiere hüpften näher, erreichten den Rand des leicht abgerundeten Dachs.
    Ich setzte die dunkle Brille auf.
    Sie flatterten vor.
    Und sie zielten auf mich.
    Im ersten Augenblick war ich so perplex, daß ich einen Moment zu spät reagierte. Plötzlich wuselten sie durch meine Haare und einer hackte mit dem Schnabel zu. Er erwischte mein Ohr! Ehe ich zu einem Rundumschlag ausholte, waren die Tiere wieder in der Luft. Aus der Höhe glotzten sie auf mich herab, kreischten und schimpften, als wollten sie mich ein letztesmal warnen. Nach dieser schrillen Kanonade flogen sie davon.
    Ich hatte sie nicht gezählt, doch der schnelle Blick reichte aus. Mehr als ein halbes Dutzend waren es, und auch die beiden Tiere, die über die Gefängnismauer geflogen waren, kehrten wieder zurück.
    Mit den Augen verfolgte ich ihren Flug. Sie bewegten sich in nördliche Richtung, wurden immer kleiner und waren verschwunden, als hätte die Bläue des Himmels die Tiere aufgesaugt.
    Zurück blieb ich. Die Stille hatte mich wieder.
    Kein Schreien mehr, nur der leise Wind war zu hören.
    Ich holte ein Taschentuch hervor und hielt es ans Ohr. Dort hatte mich der Schnabelbiß erwischt. Als ich einen Blick auf das Tuch warf, sah ich den roten Blutfleck.
    Es war tatsächlich ein Angriff gewesen, und er war sicherlich nicht grundlos erfolgt.
    Warum aber? Was hatte ich ihnen getan? Ich konnte die Frage auch von einer anderen Seite her aufziehen. Wobei hatten wir diese Vögel gestört? Gab es eine Verbindung zwischen dem blutenden Mann und dem Angriff der Tiere auf mich?
    Möglich war alles, nur eben nicht verständlich. Falls es einen Zusammenhang gab, mußte ich ihn herausfinden. Vögel und Blut.
    Eine seltsame Kombination, dachte ich, tupfte noch einmal mein Ohr ab und blickte zur Gefängnismauer. Dahinter saß in irgendeiner der Zellen ein Mann, der sicherlich mehr wußte. Ober er aber etwas verriet, stand in den Sternen.
    Ich stieg wieder in den Wagen und wartete darauf, daß Harry Stahl zurückkehrte. Nach diesem Angriff stand für mich jedenfalls fest, daß ich den Weg nach Germany nicht grundlos eingeschlagen hatte…
    ***
    Der kleine Blutfleck lag auf dem Tisch. Drei Augenpaare starrten ihn an, selbst Horst Grote schien überrascht zu sein, denn er schüttelte unwillig den Kopf und hatte auch einen Teil seiner arroganten und aufgesetzten Sicherheit verloren. Dann streckte der den rechte Zeigefinger in die Höhe und schaute sich die Kuppe genauer an.
    Sie hatte sich leicht verfärbt, aber wesentlich dichter war die Färbung unter dem Nagel zu sehen. Da schimmerte sie in einem rötlichblauen Ton, als hätte jemand mit einem Hammer auf den Nagel geschlagen und ihn so verfärbt.
    »Was ist das denn?« flüsterte Müller. Er zeigte dabei auf den Blutfleck.
    Grote sagte nichts. »Blut, nicht wahr?«
    »Kann sein.«
    »Blut von
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