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087 - Der sentimentale Mr. Simpson

087 - Der sentimentale Mr. Simpson

Titel: 087 - Der sentimentale Mr. Simpson
Autoren: Edgar Wallace
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etwas Vulgäres. Das Zeitalter der Vernunft.«
    Fathergills Kopf war lang und schmal. Er hatte dunklen Teint und schwarzes, dichtes Haar, glatt zurückgekämmt. Er verfügte über einen dünnen, schwarzen Schnurrbart, der seinen Fingern Gelegenheit zur Betätigung gab, wenn er über irgend etwas nachsann. Er war tief in seinen Sessel hinabgerutscht, so daß sich seine Knie auf derselben Höhe wie das Kinn befanden. Von Zeit zu Zeit gestikulierte er mit den Händen.
    Ganz unvermittelt war es Thursby unangenehm, daß sein Gegenüber Manschettenknöpfe mit Brillanten trug.
    »Ich habe Sie zum Abendessen eingeladen - Sie zogen es vor, zum Kaffee zu kommen. Ich verstehe Ihre Gefühle. Sie sind verletzt. Sie sagen sich: ›Hier stehe ich, ein fleißiger kleiner Ingenieur, der ein hübsches Mädchen gefunden hat, das ihn mag‹ - zugegeben - ›und da gibt es einen Burschen, der über Millionen verfügt, einfach daherkommt und mich aussticht, nicht etwa, weil er attraktiver wäre, sondern, weil er genug Geld hat, um sich das Leben so einzurichten, wie es ihm behagt‹.«
    »Viel Grund zur Prahlerei besteht da ja auch nicht«, sagte Thursby heiser.
    Charles Fathergill schüttelte den Kopf. »Ich prahle nicht. Sie stehen plötzlich vor der verschlossenen Tür eines Hauses in Wimbledon Common - allenfalls öffnet man, um Ihnen mitzuteilen, daß Miss Molly Linden nicht zu sprechen sei. All das kommt recht unerwartet. Es benimmt einem den Atem. Die Briefe kommen zurück, die Anrufe erreichen nicht die gewünschte Person. Sie wissen, daß ich ein Freund der Familie bin, Sie bitten mich um eine Erklärung. Ich lade Sie in meinen Club ein, um Ihnen klar und offen mitzuteilen, daß ich vorhabe, innerhalb der nächsten zwölf Monate Molly Linden zu heiraten. Ihr Vater ist einverstanden und sie scheint sich damit - sagen wir - abgefunden zu haben. Kann man mehr Fairneß von mir verlangen?«
    Thursby atmete tief ein. Es kam ihm plötzlich vor, als sei er aus einem alptraumbeladenen Schlaf erwacht.
    »Geld kann doch nicht der einzige Beweggrund gewesen sein«, erklärte er gepreßt.
    Fathergill hob eine Schulter, steckte eine Zigarette in seine lange, goldene Spitze und zündete sie an.
    »Der Schlüssel zu aller Erkenntnis ist Macht«, sagte er lässig, »und Rücksichtslosigkeit, versteht sich.«
    Während des ganzen Gesprächs hatte er sich mit äußerster Liebenswürdigkeit verhalten. Der Zorn seines gutaussehenden jungen Gastes, der mit Totschlag im Herzen gekommen war, hatte unter der unbewußten Freundlichkeit eines Mannes ersticken müssen, den Thursby Grant so wenig als Gastgeber betrachtete, daß er nicht einmal an dem Kaffee nippte, der vor ihm auf dem Tisch stand.
    »Ich habe als kleiner Angestellter in einer Baufirma angefangen« - Fathergill sah den kleinen Rauchwölkchen befriedigt nach -, »und schon sehr früh in meiner Karriere begann ich zu erkennen, was und wie gespielt wurde. Ich wußte, daß wir den Bezirksinspektor betrogen. Der Inspektor gab mir zehn Schillinge für meine Information. Er stellte mich in seinem Büro an. Mit seiner Stenotypistin hatte er ein Verhältnis. Ich wußte eben Bescheid. Mit achtzehn Jahren hatte ich schon eine recht ansehnliche Stellung.«
    »Für meine Ohren klingt das nach Erpressung«, meinte Thursby stirnrunzelnd.
    Mr. Fathergill lächelte. »Man soll nicht allen Dingen ein Etikett anhängen«, warnte er. »Man soll sie verstehen, aber nicht etikettieren.«
    »Wollen Sie damit andeuten, daß Sie Mr. Linden in der Hand haben?«
    »Wie melodramatisch«, murmelte der andere und schloß gequält die Augen. »Sie sind eben noch sehr jung! Nein. Ich weiß, daß John Linden sich wieder verheiraten möchte. Er ist fünfzig Jahre alt und sieht eigentlich noch recht gut aus. Sie könnten Molly wahrscheinlich in den nächsten drei Jahren noch nicht zu Ihrer Frau machen - ich kann sie sofort heiraten. Sie will allerdings noch ein Jahr warten.
    Molly muß ihren eigenen Hausstand haben, bevor John Linden seinen unvermeidlichen Mißgriff tut und eine jugendliche Braut nach Wimbledon führt.«
    Wieder entdeckte Thursby, daß er heftig atmete. Und er unterdrückte seinen aufsteigenden Zorn. »Das ist eigentlich alles, was ich wissen wollte«, sagte er und erhob sich linkisch.
    »Sie wissen Bescheid: das ist wichtig«, erwiderte Fathergill und streckte ihm teilnahmslos die Hand hin.
    Von diesem Gespräch gab er nach Wimbledon nur das weiter, was er für tunlich hielt.
    John Linden, grauhaarig, mit
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