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087 - Der sentimentale Mr. Simpson

087 - Der sentimentale Mr. Simpson

Titel: 087 - Der sentimentale Mr. Simpson
Autoren: Edgar Wallace
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Inspektor, »wenn das nicht der gute Simpson ist!«
    Simpson schwieg einen Augenblick, dann erklärte er:
    »Ich habe einen Freund besucht.«
    »Und jetzt logieren Sie sich bei uns ein. Ist das nicht ein herrliches Wochenende?« meinte Sergeant Smith.
    Um vier Uhr morgens drehte sich Mr. Simpson auf seiner harten Liegestatt zur Seite. Eine Stimme hatte ihn aufgeweckt. Sie klang laut und dröhnend durch den Korridor; er hörte, wie nebenan aufgeschlossen wurde.
    »Ich bin völlig unschuldig«, erklärte die Stimme, »und wenn jemand meinen guten Namen beschmutzt hat, werde ich das Gesetz bemühen, wenn es eines gibt.«
    »Oh, das gibt es«, versicherte die Stimme von Sergeant Smith. »Rein mit Ihnen, Valentine«, und die Tür fiel ins Schloß.
    Mr. Simpson setzte sich überrascht auf. Valentino!
    Als er am nächsten Morgen von einem Wärter zum Waschen geführt wurde, konnte er einen Blick auf den Gastwirt werfen. Die Blicke der beiden kreuzten sich nur für eine Sekunde, aber auf dem Rückweg zischte ihm Valentine durch das Guckloch in der Zellentür zu: »Sie haben mich also verpfiffen, Simpson, Sie ganz gemeiner Kerl!«
    »Sagen Sie doch so etwas nicht, Mr. Valentino«, erwiderte Simpson gebrochen; denn es schmerzte ihn, daß ihn andere Leute solcher verwerflicher Taten für fähig hielten.
    Daß sie beide wegen ein und desselben Verbrechens angeklagt waren, ergab sich, als man sie gemeinsam in den Gerichtssaal führte, einen Polizisten zwischen sich zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung. Trotzdem war Mr. Simpson nicht deprimiert. Er freute sich seiner Sinneswandlung. Vielleicht würde er sogar einmal dieses liebe Kind wiedersehen.
    Als er sich im Gerichtssaal umsah, flutete Entzücken in ihm auf; denn er hatte es entdeckt. Das genügte. Er würde seine Strafe absitzen. Tränen der Freude entflossen seinen Augen und tropften auf das Eisengeländer, von dem die Anklagebank umgeben war. Der Wärter wischte sie pflichteifrig ab. Rostflecken sind sehr schwer zu beseitigen.
    Zu Mr. Simpsons Wonne trat das Kind in den Zeugenstand. Es sah Simpson einen Augenblick an und lächelte .
    »Wenn Sie heulen wollen, dann gefälligst auf den Boden!« zischte der Wärter und polierte die Eisenstange mit seinem Taschentuch.
    Der Ankläger erhob sich.
    »Du heißt Marie Wilson?« fragte er das Kind.
    »Ja, Sir«, erwiderte es sanft.
    »Auch bekannt unter dem Namen Baby Bellingham?«
    »Ja, Sir.«
    »Zur Zeit spielst du im Hilaritytheater in einem Stück mit dem Titel ›Das Kind und der Einbrecher‹?«
    »Ja, Sir«, erwiderte die Kleine und warf Simpson einen stolzen Blick zu.
    »Und man kann sagen, daß dein Erlebnis gestern nacht praktisch eine Wiederholung des Handlungsablaufes in deinem Theaterstück darstellt?«
    »Ja, Sir«, erklärte das Kind. »Nur, daß er nicht die richtigen Antworten geben wollte. Ich habe alles versucht, ihn darauf zu bringen.«
    Der Richter warf einen Blick auf die Zeitung vor sich.
    »Ich sehe, daß hier schon ein Bericht erschienen ist«, meinte er und las die Schlagzeile vor: »›Kinderstar rührt harten Einbrecher durch seine Kunst zu Tränen‹.«
    Miss Wilson nickte ernst.
    »Nachdem ich ins Erdgeschoß gegangen war, um ihm etwas zu essen zu holen und die Polizei anzurufen, verständigte ich auch meinen Presseagenten«, erklärte sie. »Mein Vater sagt, das sei immer das erste. Papa meint, zwei Zeilen auf der ersten Seite wiegen zwei Spalten zwischen den Anzeigen auf. Papa glaubt -«
    Zehn Monate danach traf Mr. Simpson mit Mr. Valentino zusammen. Sie luden Koks in einen Karren, der von dem berühmten blinden Gaul des Zuchthauses Dartmoor gezogen wurde. Der aufsichtsführende Wärter war weit genug entfernt, um einen gefahrlosen Ideenaustausch zu ermöglichen.
    »Und wenn ich hier 'rauskomme«, verkündete Mr. Valentino zornentbrannt, »sorge ich dafür, daß Sie sich in Kennington nicht mehr blicken lassen dürfen. Ein Kerl wie Sie hat in unserem Beruf nichts zu suchen. Wenn man sich vorstellt, daß ein ehrlicher Bürger mit gemeinen Verbrechern zusammengesperrt wird, weil ein vertrottelter Mensch wie Sie bei einem kleinen Mädchen vor Rührung schmilzt und seine Freunde verpfeift - noch dazu bei einer Schauspielerin ... Du lieber Himmel! Es ist ein Trauerspiel!«
    Aber Mr. Simpson stand aufrecht auf seine Schaufel gestützt und starrte zur Mauer hinüber.
    In einer Ecke lag ein Haufen loser Erde, den man für den Garten des Direktors geliefert hatte, und aus dieser Erde sprossen grüne
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