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087 - Der sentimentale Mr. Simpson

087 - Der sentimentale Mr. Simpson

Titel: 087 - Der sentimentale Mr. Simpson
Autoren: Edgar Wallace
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Schößlinge mit blauen Spitzen. Sie waren anscheinend über Nacht herausgekommen.
    »Glockenblumen!« sagte Mr. Simpson mit schwankender Stimme. Seine Unterlippe zitterte. Er wischte sich mit dem Ärmel die Augen.
    Glockenblumen brachten Mr. Simpson immer zum Weinen.

Der grüne Mann
1
    Ein stillschweigendes, plötzlich gelöstes Übereinkommen zeigt oft tragischere Aspekte als ein gebrochener Vertrag; denn es fehlt das schriftlich oder mündlich abgegebene Versprechen.
    Zwischen Molly Linden und Thursby Grant bestand solch ein Übereinkommen. Er war arm in dem Sinn, daß er sich nicht mehr als eine kleine Wohnung in South Kensington und den kleinsten aller Kleinwagen leisten konnte; nach Mollys Ansicht war er gutaussehend und sehr, sehr lieb.
    Mr. Fathergill machte ihr Vergnügen, ja sein Alter und seine romantische Vergangenheit übten sogar eine gewisse Faszination auf sie aus. Er war Vierzig, und alle Welt kannte ihn als reichen Mann. Aber das zählte bei Molly nicht. Sie zog es vor, elegant in seiner großen Limousine dahinzurollen, als sich in Thursbys Zweisitzer der Gefahr von Knochenbrüchen auszusetzen. Mr. Fathergills kleine Diners im Ritz vermittelten ein Gefühl des Luxus, das dem Restaurant mangelte, in dem die Tischdecken nur gewechselt wurden, wenn es unbedingt erforderlich war.
    Trotzdem, ein stillschweigendes Übereinkommen bestand. Wenn Charles Fathergill sich nicht eingemischt hätte, wäre Thursby Grant zu einer schönen Erinnerung oder einer bitteren Enttäuschung geworden, je nach seinem Verhalten. Unglücklicherweise benahm sich Mollys Vater ein wenig taktlos.
    Sie brachte ihm die Nachricht in sein Arbeitszimmer, nervös, zu Tränen geneigt. Ein nettes Wort über Thursby hätte sie zweifellos dazu gebracht, sich auf die Seite Fathergills zu schlagen. Statt dessen sagte Mr. Linden: »Gott sei Dank, Molly! Am besten schreibst du dem jungen Grant, daß er sich hier nicht wieder sehen lassen braucht.«
    Es war nicht einzusehen, warum er nicht wenigstens als Besucher erscheinen, ein trauriges, tapferes Lächeln aufsetzen und seinen Glückwunsch darbringen konnte.
    Aber Mr. Linden hatte seine Erziehung zu einer Zeit genossen, da viktorianische Ansichten das Feld beherrschten. Von diesem Augenblick an wurde Thursby Grant zu einem Märtyrer der Liebe, zu einer gequälten, verfolgten Figur.
    Schlimmer noch, er akzeptierte die Märtyrerrolle und verfaßte strenge und hochmütige Briefe an Mollys Vater und Mollys Verlobten.
    Eines Abends lief er die Fall Mall hinunter, betrat durch das elegante Portal den Disraeli Club, übergab seinen Hut einem Pagen und ließ sich in das Rauchzimmer führen. Nahezu eine Stunde lang saß er wie in Trance und lauschte Mr. Charles Fathergill, der keine Gelegenheit vorübergehen ließ, seine Rednergabe unter Beweis zu stellen ...
    Hinter Fathergills Sessel erhob sich eine Säule aus rotem Marmor, weißgefleckt. Thursby Grant hatte diese Säule seit zwanzig Minuten intensiv angestarrt, in irgendeinem Winkel seines Gehirns sich fragend, wo in der Welt solcher Marmor zu finden sei. ›Rosso antico‹ - so nannte man das wohl. Er erinnerte sich an ein großes Haus in Marlborough und einen Kamin. Rosso antico. Genau.
    Hinter der Säule verbarg sich ein schmalgesichtiger, kleiner Kellner. Sein Frack schlotterte ihm um die Glieder. Er starrte durchs Fenster auf die verschnörkelte Fassade des Autoklubs.
    Ein großer Raum mit roten Tapeten, auf denen sich goldene Fabeltiere tummelten. Zahlreiche abgenützte, bequeme Stühle, um runde Tische gruppiert. Dort saßen ältere Herren mit ihren Zigarren beim Kaffee und erzählten einander von den seltsamen Dingen, die sie vor zwanzig - nein, waren es denn wirklich schon fünfundzwanzig? - Jahren erlebt hatten.
    Rosso antico .
    Gedämpftes Stimmengemurmel. Darüber, glatt, selbstsicher, Fathergills Stimme.
    Thursbys Aufmerksamkeit, soweit sie nicht vom Marmor in Anspruch genommen war, stand Fathergill zur Verfügung.
    ». vor hundert oder zweihundert Jahren hätte man sich einen Banditen gedungen, um mir den Garaus zu machen. Wahrscheinlich hätten sie sich dazu nicht einmal herabzulassen brauchen. Ein Streit in einem Lokal, Sänften zum Leicester Garden, und ein paar Ausfälle mit unseren Floretts hätten die Angelegenheit bereinigt. Zufriedenstellend - in gewisser Beziehung. Und das hinge ausschließlich davon ab, wer etwas abbekäme. Heutzutage gehen wir kein Risiko ein, tragen keine Degen mehr, tun nichts Albernes und nur manchmal
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