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087 - Das Daemonenauge

087 - Das Daemonenauge

Titel: 087 - Das Daemonenauge
Autoren: Neal Davenport
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linken Arm. „Mein Mann ist in meinen Körper gekommen“, schrie die Frau.
    Calbot wunderte sich, daß er die Sprache verstand. Im Zweiten Weltkrieg war Calbot in Frankreich gewesen. Die Sprache erinnerte ihn an Französisch, war aber mit anderen Sprachelementen vermischt.
    Der Maskierte hob einen Arm, und die Schlange schlängelte sich nun um sein Handgelenk. Der häßliche Schädel und die gespaltene Zunge näherten sich immer mehr der Frau.
    „Ich spüre, daß er in mir ist“, schrie die Frau. „Er wird mir einen Sohn schenken.“
    Wieder schrie sie schrill.
    Die Trommeln fingen erneut zu schlagen an. Schreie wurden ausgestoßen, und die Menge tanzte wieder. Die Trommelschläger ritten auf den riesigen Trommeln, die aus den Schäften von Gummibäumen geschnitzt waren. Darüber waren Ziegenhäute gespannt, die von den Trommlern mit den Handballen bearbeitet wurden.
    Der Mann mit der Holzmaske stand mit gespreizten Beinen über der tobenden Frau. Die Schlange stieß zu und verbiß sich in der linken Brust. Die Frau heulte vor Entzücken auf. Der Maskierte sprang schließlich zur Seite, und die Frau wimmerte leise. Ihr verzerrtes Gesicht entspannte sich, und ihre Bewegungen wurden langsamer. Einmal bäumte sie sich noch auf, dann blieb sie ruhig liegen.
    Calbot setzte sich auf. Die Tanzenden erstarrten, dann fielen sie zu Boden und berührten mit den Stirnen die Erde.
    Der Mann mit der Holzmaske kam langsam näher. Die hochlodernden Flammen ließen die grelle Maske gespenstisch erscheinen. Hinter den Augenschlitzen funkelten dunkle Augen.
    „Es ist geschafft“, sagte der Mann. „Ich bin Loa Marassa, der größte Papaloi. Du bist von den Toten auferstanden, Edoux. Und du hast eine große Aufgabe zu erfüllen.“
    Calbot stand schwankend auf. Er wollte sprechen, doch er brachte kein Wort über die Lippen. Langsam blickte er an sich herunter und erschrak. Er hatte den Körper eines Eingeborenen und trug einfache Leinenhosen, geflochtene Schuhe und ein grelles Baumwollhemd. Fassungslos starrte er seine gewaltigen schwarzen Fäuste an.
    Calbot schloß die Augen. Er war ein einfacher Mann und konnte sich nicht erklären, was mit ihm geschehen war. Irgendwann hatte er einmal etwas von Seelenwanderung gelesen. Vielleicht dar er während der Operation gestorben, und seine Seele war in den Körper des Eingeborenen geschlüpft. „Sieh mich an, Edoux!“ sagte Loa Marassa.
    Mit Edoux bin wahrscheinlich ich gemeint, dachte Calbot und öffnete die Augen.
    „Steht auf!“ schrie der Papaloi, und die anderen gehorchten. „Edoux ist ein unsterblicher Zombie. Meine Beschwörung war erfolgreich. Damballa hat meine Rufe erhört und den toten Körper beseelt.“
    Er streckte eine Hand aus, und die Schlange biß Calbot in die rechte Wange. Calbot spürte keinen Schmerz. Erschrocken zuckte er zurück.
    „Der Biß der Schlange kann dich nicht töten, Edoux“, sagte Loa Marassa. „Du kannst nicht sprechen. Du bist stumm. Damballa hat dich zu einer wichtigen Aufgabe erwählt. Du mußt die Loa Valiora aus den Klauen ihres Entführers befreien. Sie befindet sich bei Dorian Hunter, den du töten wirst. Hast du mich verstanden, Edoux?“
    Calbot nickte, obwohl er den Kopf hatte schütteln wollen. Eine unsichtbare Kraft hatte von seinem Körper Besitz ergriffen. Es schien ihm, als würde er keinen eigenen Willen mehr besitzen und von einer fremden Macht beherrscht werden.
    „Du gehst zum Flughafen Bowen Field in der Nähe von Port-au-Prince“, sagte Loa Marassa. „Dort nimmst du die Spur auf. Sie wird dich zur Loa Valiora führen. Du mußt sie befreien. Damballa will es. Und du wirst Dorian Hunter töten. Geh, Edoux!“
    Der Zauberer vollführte mit beiden Händen kreisende Bewegungen, immer rascher.
    „Geh!“ schrie er. „Geh und führe deine Aufgabe aus, Edoux!“
    Calbot ging um das Feuer herum, dann verschwand er in der Dunkelheit. Er wandte sich nicht um. Ein unbestimmbarer Zwang trieb ihn voran. Er versuchte vergeblich, sich dagegen aufzulehnen, und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Er sollte Dorian Hunter töten, von dem er heute das erste Mal gehört hatte. Und die Loa Valiora mußte er befreien, wer immer das auch sein mochte.
    Nach wenigen Minuten erreichte er einen schmalen Feldweg. Er fing zu laufen an. Einmal kam er an einem kleinen Dorf vorbei. Ein alter Mann blickte auf, senkte aber sofort den Blick und bekreuzigte sich.
    Eine Stunde später blieb er vor dem Flughafengebäude stehen. Er ging am
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