Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
081 - Schatten der Vergangenheit

081 - Schatten der Vergangenheit

Titel: 081 - Schatten der Vergangenheit
Autoren: Stephanie Seidel
Vom Netzwerk:
stehend. In der Tiefe war alles schwarz und tot; nur gelegentlich brach noch an einzelnen Stellen die Lavakruste auf, um etwas Dampf abzulassen und ein rotes Glühen gen Himmel zu schicken. Auf halber Höhe aber…
    »Da!« , rief Aruula plötzlich und zeigte aufgeregt in die Schlucht.
    An der engsten Stelle ragten zwei Felsen empor. Man sah sie nicht sofort; sie waren so schwarz wie der Boden unter ihnen und vom Dampf aus der Tiefe umspielt. Wie Zwillingstürme standen sie nebeneinander - schmal, aber fast die ganze Breite der Schlucht ausfüllend und mit abgebrochenen Spitzen.
    Zwischen ihnen klaffte ein Spalt. Aruula verengte ihre Augenlider und schätzte die Entfernung ab. Es war ein ziemlich weiter Sprung, aber nicht unmöglich.
    »Wir könnten es dort versuchen!« , hörte sie Maddrax sagen. Er und Rulfan lagen bäuchlings am Rand der Schlucht und musterten das zerklüftete Gestein in der Hoffnung, einen gangbaren Weg zu finden. »Es sind vielleicht zehn, fünfzehn Meter bis zu den beiden Felsen. Und an den Vorsprüngen da unten sollten wir genügend Halt finden.« Maddrax zögerte. Dann fügte er hinzu:
    »Was denkst du, hat Wulf eine Chance?«
    »Es gibt immer eine Chance« , kam es düster zurück.
    Aruula beschloss ihr Herzklopfen einfach zu ignorieren. Wir schaffen das! , entschied sie, nahm die Sträucher vom Boden auf und machte sich an den Abstieg.
    Schon auf den ersten Metern zeigte sich, dass Aruulas Optimismus verfrüht gewesen war: Rulfan trat eine Steinlawine los, die Maddrax um ein Haar in die Tiefe gerissen hätte. Ausgerechnet die Ven'dava-Sträucher retteten sein Leben: Ihre Grasschnüre verfingen sich an einer Felskante und hielten ihn lange genug fest, dass seine tastenden Füße wieder Halt finden konnten.
    Alle drei Gefährten waren verschrammt und mit blauen Flecken übersät, lange bevor sie die Zwillingsfelsen erreichten. Die schlechtesten Karten aber hatte eindeutig Wulf, gezogen: Sein großer schwerer Körper war für derartige Kletterpartien einfach nicht geeignet. Der Lupa musste sich jeden Zentimeter des Weges mühsam erkämpfen, und Aruula hatte ihn noch nie so zittern sehen. Aber Wulf gab nicht auf - genauso wenig wie seine Begleiter, und so erreichten sie schließlich die andere Seite der Schlucht.
    Als sie den rußgeschwärzten Felsrand überstiegen hatten, wollte Aruula Rast machen, um ein Dankgebet zu sprechen.
    Maddrax jedoch entschied nach einem Blick auf den fernen Rauch, dass die Götter warten konnten: Eine unbestimmte Ahnung sagte ihm wohl, dass es besser sei, keine Zeit mehr zu verlieren
    … und Aruula wusste von jeher, dass es besser war, unbestimmten Ahnungen zu trauen.
    ***
    Es war fast enttäuschend, wieder in der Höhle zu erwachen. Das Prasseln des Feuers, das ihn bis in seine Träume begleitet hatte, war leiser geworden, fast so, als wolle es die Schlafenden nicht stören.
    Jed wollte sich aufsetzen, aber ihm fehlte die Kraft. Mühsam sah er nach rechts, wo Dave bewusstlos oder tot am Boden lag. Die Umgebung verschwamm immer wieder vor seinen Augen und machte es ihm schwer, mehr zu erkennen.
    Er drehte den Kopf nach links. Black war eine Statue, die wie der Wächter zu einem Heiligtum am Felsen lehnte.
    Auch er regte sich nicht, aber seine Hand hielt immer noch den Driller umklammert, als wolle er das Feuer erschießen.
    Es war ein merkwürdiges Gefühl, als Einziger wach - oder lebendig? - zu sein. Ein Teil von ihm wünschte sich bereits dort zu sein, wo die anderen waren, ein weit größerer Teil aber flehte seinen Körper an, ihn nicht noch einmal im Stich zu lassen und der Müdigkeit und dem Tod zu widerstehen.
    Warum bin ich aufgewacht? , fragte sich Jed. Ihm war schwindelig, obwohl er am Boden lag. Bin ich überhaupt aufgewacht?
    Er bemerkte, dass er immer noch Mr. Black ansah und dachte an dessen Freundin: achtzehn Jahre alt war sie gewesen, schlank und mit langen schwarzen Haaren. Jed erinnerte sich an den Tag ihres Todes. Jemand hatte an seine Tür geklopft und ihm erzählt, das sie bei einer Patrouille mit einem Knüppel zu Tode geprügelt worden war.
    Er hatte geglaubt, dass Black sich rächen würde, aber das war nicht geschehen.
    Sie waren sich seitdem einfach nur aus dem Weg gegangen.
    Nun aber, im Angesicht des Todes, erkannte Jed, dass er nachholen musste, was er damals aus Furcht versäumt hatte.
    »Es tut mir Leid.« Jed wusste nicht, ob Black ihn hören konnte. Die Worte kamen einfach über seine Lippen. »Ich wollte nicht, dass sie stirbt…
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher