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Die Saga vom Dunkelelf 6 - Der Hueter des Waldes

Die Saga vom Dunkelelf 6 - Der Hueter des Waldes

Titel: Die Saga vom Dunkelelf 6 - Der Hueter des Waldes
Autoren: R. A. Salvatore
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Von Göttern und dem Sinn
    Sie kamen mit den Lektionen ganz gut voran. Der alte Waldläufer hatte die schwere Last, die der Dunkelelf mit sich herumschleppte, beträchtlich gemindert, und Drizzt fand sich in der Welt der Natur besser zurecht als jeder andere, den Montolio kannte. Aber dennoch spürte er, daß immer noch etwas an dem Dunkelelf nagte, obwohl er nicht die geringste Ahnung hatte, worum es sich handeln konnte.
    »Besitzen alle Menschen ein so feines Gehör?« fragte Drizzt ihn plötzlich, als sie einen dicken Ast aus dem Wäldchen schleppten. »Oder ist das Euer Segen, vielleicht, um Eure Blindheit auszugleichen?«
    Die Offenheit der Frage überraschte Montolio gerade so lange, bis ihm die Niedergeschlagenheit des Drows auffiel.
    Augenscheinlich fühlte sich Drizzt unwohl, weil er die Fähigkeiten des Mannes nicht verstehen konnte.
    »Oder ist Eure Blindheit vielleicht eine List, ein Betrug, den Ihr einsetzt, um einen Vorteil zu gewinnen?« fragte Drizzt hartnäckig nach.
    »Und wenn dem so ist?« erwiderte Montolio leichthin.
    »Dann ist das ziemlich klug, Montolio DeBrouchee«, antwortete Drizzt. »Es hilft Euch sicherlich gegen Eure Feinde... und auch bei Freunden.« Diese Worte hatten für Drizzt einen bitteren Beigeschmack, und er hegte den Verdacht, daß ihn sein Stolz überwältigte.
    »Ihr seid schon oftmals im Kampf erprobt worden«, erwiderte Montolio, als er erkannte, daß Drizzts Verdruß aus ihrem Wettstreit resultierte. Wenn er damals den Dunkelelf hätte sehen können, dann hätte Drizzts Gesichtsausdruck ihm viel verraten.
    »Ihr nehmt es zu schwer«, sagte Montolio nach einer längeren Pause. »Ich habe Euch nicht wirklich besiegt.«
    »Ihr habt mich zu Boden gebracht, und ich war hilflos.«
    »Ihr habt Euch selbst besiegt«, erklärte Montolio. »Ich bin wirklich blind, aber nicht so hilflos, wie Ihr anscheinend denkt. Ihr habt mich unterschätzt. Ich wußte natürlich, daß Ihr das tun würdet, doch ich konnte kaum glauben, daß Ihr so blind seid.«
    Drizzt blieb urplötzlich stehen, und Montolio hielt auch an, als der Ast schwerer wurde. Kopfschüttelnd kicherte der alte Waldläufer. Dann zog er einen Dolch hervor, warf ihn in die Luft, fing ihn wieder auf und rief: >Birke!< Dann flog der Dolch geradewegs in eine der wenigen Birken, die neben den Tannen standen.
    »Kann das ein Blinder?« fragte Montolio rhetorisch.
    »Dann könnt Ihr also sehen«, kommentierte Drizzt.
    »Natürlich nicht«, erwiderte Montolio streng. »Ich habe mein Augenlicht schon vor fünf Jahren verloren. Aber ich bin trotzdem nicht blind, Drizzt, besonders nicht hier, wo ich zuhause bin! Dennoch, Ihr habt mich für blind gehalten«, fuhr der Waldläufer fort. Seine Stimme klang jetzt wieder ganz ruhig. »Bei unserem Übungskampf habt Ihr geglaubt, daß Ihr einen Vorteil errungen hättet, als Euer Dunkelzauber nachgelassen hatte. Habt Ihr geglaubt, daß meine Vorgehensweise - eine effektive Vorgehensweise, das muß ich schon sagen - nur vorbereitet und geübt war? Ich meine, in der Schlacht gegen die Orks und bei unserem Kampf. Wenn ich so behindert wäre, wie Drizzt Do'Urden das glaubt, wie hätte ich da nur einen Tag in diesen Bergen überleben sollen?«
    »Das denke ich doch nicht...«, setzte Drizzt an, aber er schämte sich so sehr, daß er dann schwieg. Montolio sagte die Wahrheit, und das wußte Drizzt. Er hatte, zumindest im Unterbewußtsein, seit ihrer ersten Begegnung gedacht, daß der Waldläufer kein wirklich ernstzunehmender Gegner sei. Drizzt wußte, daß er seinem Freund nicht den Respekt verweigerte im Gegenteil, er schätzte den Mann sehr -, aber er hatte geglaubt, daß er Montolio einschätzen konnte, und hatte die Möglichkeiten des Waldläufers für relativ beschränkt erachtet.
    »Habt Ihr doch«, korrigierte ihn Montolio, »aber das verzeihe ich Euch. Und ich rechne es Euch hoch an, daß Ihr mich fairer behandelt habt als jeder andere, mit dem ich vorher zu tun hatte, ja, selbst fairer als die, die mit mir zahllose Reisen unternommen haben. Setzt Euch jetzt hin«, bat er Drizzt. »Jetzt bin ich an der Reihe, Euch meine Geschichte zu erzählen, so wie Ihr es auch getan habt.
    Wo soll ich anfangen?« sinnierte Montolio und kratzte sich am Kinn. Das alles schien ihm so weit weg zu sein, ein anderes Leben, das er hinter sich gelassen hatte. Doch er hatte noch ein Bindeglied zu seiner Vergangenheit: die Göttin Mielikki hatte ihn zum Waldläufer ausgebildet. Drizzt, der von Montolio ähnlich
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