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081 - Schatten der Vergangenheit

081 - Schatten der Vergangenheit

Titel: 081 - Schatten der Vergangenheit
Autoren: Stephanie Seidel
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sie einen hastigen scheuen Blick über seine Flanke: Aus dem Halbdunkel kamen gleichmäßige Atemzüge. Rulfan schlief. Unwillkürlich beschleunigte Aruula ihren Schritt.
    In der Kammer voll sorgsam gestapelter Vorräte raffte sie eine Armvoll Brennholz zusammen und trug es zur Feuerstelle. Die anderen Teilnehmer der Expedition - Aiko und Honeybutt, Mr. Black, Dave, Pieroo, Jed und Majela - schliefen noch. Daran würde sich auch bis zum Frühstück nichts ändern: sobald eindeutige Geräusche verrieten, dass jemand dabei war, es zuzubereiten, fiel erfahrungsgemäß die gesamte Gruppe in Wachstarre.
    Vor der Feuerstelle legte die Barbarin das Holz ab und kniete sich hin. In der kalten Asche saß ein Käfer, klein und sonnengelb. Aruula nahm ihn und schnippte ihn fort, um sein Leben zu retten. Es würde den Göttern gefallen und vielleicht die Entscheidung beeinflussen, ob ihre Zukunft guten oder schlechten Sternen zugesprochen wurde. Wie so oft in den letzten Wochen dachte Aruula wieder an das, was sich in ihr befand: an das ungeborene Kind in ihrem Körper, das viel langsamer wuchs als normal und zu dem sie noch immer keine telepathische Verbindung hatte aufnehmen können, obwohl sie jetzt zumindest deutlich spürte, dass es da war. Bei Wudan, sie konnte wahrhaftig jeden guten Stern gebrauchen, den sie bekommen konnte.
    Ehe sie anfing, die Asche fortzuräumen und neues Holz aufzuschichten, sprach Aruula ein stummes Gebet. Es fiel etwas länger aus als sonst, weil in dieser Gegend am Kratersee zahlreiche Götter verehrt wurden, die alle bedacht sein wollten, und es wurde begleitet vom Gesang der Vögel, den der Wind von draußen hereintrug.
    Ernst und versunken wiederholte sie die alten überlieferten Worte, während der Käfer - unverfroren trotz seiner Rettung - auf ihrem schwarzglänzenden Haar herumkrabbelte. Plötzlich aber hielt er inne, pumpte ein paar Mal, um die jungen Flügel zu stärken, klappte den Chitinpanzer hoch und surrte davon.
    Im gleichen Moment endete das Vogelkonzert.
    Aruula fiel es kaum auf, weil sie beschäftigt war. Ein helles Summen erfüllte die Luft, als sich der Käfer in die Höhe schraubte, seinen Weg ins Freie suchte - wie magisch angezogen und seinen Instinkten folgend.
    ***
    Etwa fünfzig Kilometer von der Kristallfestung entfernt wurde das Blau des Himmels von unzähligen kleinen summenden Punkten bedeckt, die nach Nordosten zogen. Sämtliche Vögel des Landstrichs hatten ihr Morgenkonzert für beendet erklärt, flatterten aufgeregt empor und fraßen sich durch eine Wolke aus Proteinen.
    Sie bestand aus Abermillionen kleiner gelber Käfer und kam aus fruchtbaren Gebieten weiter westlich, wo sie bereits nahezu alle von den Mutantenvölkern angelegten Getreidefelder vernichtet hatte.
    Tshuu'i nannte man die Plage, die in den wärmeren Monaten jenseits des Ringgebirges lebte, sich aber in den kalten Wintermonaten auf die schneefreie Zone um den Kratersee zurückzog. Dort fraß der nur fingerhutgroße, gepanzerte Käfer sich satt und legte seine Brut ab.
    Wenn es im Rest der Welt wieder wärmer wurde, krochen die Larven aus dem Boden, wurden zu Käfern, vernichteten eine weitere Ernte und machten sich auf den Rückweg.
    Da bei der Überquerung des Gebirges die kleineren und schwächeren Männchen aber stark dezimiert wurden, hatte sich die Natur etwas einfallen lassen: In nur wenigen Tagen geschlechtsreif, folgten die Tshuu'i bald dem unwiderstehlichen Drang, sich zu paaren.
    Dafür hatte sich dieser Schwarm einen geschützten Ort ausgesucht, den nicht die Natur zu Verfügung stellte, sondern der vor Äonen durch Menschenhand erbaut worden war.
    Unaufhaltsam brummten Millionen Käfer der grün schimmernden Kristallfestung entgegen, in der sie jedes Jahr Station machten, um ungeniert ihren orgiastischen Käfersex zu treiben…
    ***
    »O shit - shit - shit!« , klang es rhythmisch und immer verzweifelter von der Feuerstelle her. Vornüber gebeugt kam Commander Matthew Drax mit ausgestreckten Armen an den provisorischen Tisch gerannt, eifrig bemüht, einen großen dampfenden Maisfladen so oft und so lange wie möglich von seinen Handflächen fernzuhalten. »Verdammt, ist das heiß!« , fluchte er und warf sein Frühstück auf den Teller-Ersatz aus go'omi-Blättern, dass das Fett nur so spritzte und Aiko Tsuyoshi erschrocken zurückfuhr.
    »Pass doch auf, Mann!« , rief der Cyborg, während er sich heftig die Wange rieb, wo ein Fettspritzer ihn getroffen hatte. »Warum trägst du das
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