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0804 - Die Frau mit den Totenaugen

0804 - Die Frau mit den Totenaugen

Titel: 0804 - Die Frau mit den Totenaugen
Autoren: Jason Dark
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Kralle hatte ihn zerrissen.
    Leider auch die Haut. Über die Wunden konnte ich mich nicht freuen. Es waren lange, rötliche Kratzer, die feucht glänzten und auf denen Sandkörner und Staub ihren Platz gefunden hatten.
    Verschmierte Wunden, für eine Heilung nicht eben vorteilhaft.
    Ich reinigte sie so gut wie möglich mit einem Taschentuch, um mir das untere Bein anschließend genauer anzuschauen.
    Hautfetzen umlagerten die roten Streifen. Blut sickerte auch hervor. Vielleicht spülte es die Wunden rein. Es war mir jetzt egal. Für mich zählte nur, dass ich noch einigermaßen gut laufen konnte und das Handicap nicht zu schlimm war.
    Ich kletterte aus dem Korb, stellte mich hin, verlagerte das Gewicht zuerst auf das linke Bein, was einigermaßen klappte, danach auf das rechte.
    Da zuckte der Schmerz bis hoch zum Knie. Um den Knöchel und auch weiter oben schienen sich einige kleine Rollen Stacheldraht zusammengedreht zu haben, jedenfalls konnte ich nicht normal auftreten. Als ich die ersten Schritte ging, humpelte ich automatisch, biss aber die Zähne zusammen, denn eine Schwäche konnte ich mir nicht erlauben.
    Ich ging die erste Runde.
    Sie führte mich in einen Kreis, wobei ich den Blick zu Boden gerichtet hielt. Als ich dann die Mulde erreichte, wo es passiert war, bekam ich schon einen Schauer, aber in ihrer Mitte bewegte sich nichts. Es gab keinen Druck von unten mehr, nicht einmal Sandkörner rieselten noch nach. Alles war okay.
    Allmählich wurde ich wütend. Ich hatte den Gegner nicht gesehen. Ich wusste nur, dass er hier am Strand lauerte, und ich fragte mich natürlich, wer es hatte sein können.
    Welches Wesen? Eine Echse möglicherweise oder eine kalte Totenhand mit messerscharfen Nägeln?
    Mein Blick fiel auf das Meer.
    Wogig und mit Schaumkronen bedeckt lag es vor mir. Die Wellen rauschten in einem immerwährenden Rhythmus gegen den Strand, liefen dort aus und hinterließen breite, nasse Zungen. Sehr langsam trat ich aus der Deckung der Strandkörbe hervor, und mir fiel dabei die nette Familie ein. Der Vater hatte sich mit seinen beiden Söhnen aus dem Staub gemacht. Auch den letzten hatte er noch mitgenommen.
    Ich schluckte schwer an meiner Wut, bis ich die Dünen hochschaute und das Haus sah.
    Still und verlassen lag es vor mir. Die Sonne war bereits tiefer gesunken, der Himmel war von den Wolken beinahe ganz befreit, so hatten die Strahlen freie Bahn und erwischten auch die weiße Fassade, die sie mit einem dünnen blutigen Schleier anmalten, der auch gegen die Fenster strich und diese ausfüllte.
    Für mich glich dieses Bild einem düsteren Vorboten der Hölle, der die Unterwelt verlassen hatte, um das Grauen anzukündigen.
    Das Haus!
    Meine Gedanken drehten sich einzig und allein darum. Es musste einfach das Haus sein, eine andere Möglichkeit gab es nicht. Es war das Zentrum, und auch die Kollegin hatte schon darüber berichtet.
    Nur hatte sie ein Gesicht gesehen, sehr rot, mit kalten Totenaugen.
    Zu ihm gehörte ein ebenfalls roter Körper, bei dem ich mich fragte, ob es sich um eine Materialisation handelte oder er sich als feinstoffliches Etwas mit menschlichen Umrissen gezeigt hatte.
    Schon einmal hatte ich versucht, das Haus zu betreten. Es war mir nicht gelungen, die Türen waren verschlossen. Wahrscheinlich musste ich die Fenster einschlagen, und das würde ich auch machen. Allerdings nicht jetzt, sondern am späten Abend, wenn die Dunkelheit über Harrings-on-Sea lag.
    Für mich war jetzt wichtig, dass ich Glenda traf. Sie hatte von mir den Wagen bekommen. Ich hätte ihn gern selbst gehabt. Da das nicht der Fall war, musste ich zu Fuß gehen.
    Mein Weg führte mich wieder die Treppe hoch, dann ging ich über die Holzplanken. Bei jedem Schritt biss ich die Zähne zusammen, besonders dann, wenn ich zu hart mit dem rechten Fuß auftrat. Das Misstrauen war noch immer nicht gewichen. Ich hatte mich kaum in dem kleinen Küstenort aufgehalten und mir schon Feinde geschaffen, die aber waren in meiner unmittelbaren Nähe nicht zu sehen.
    Ich atmete auf, als ich die Dünen verlassen hatte. Ein schmaler Weg, nur für Fußgänger und Radfahrer, führte in das Innere des Ortes.
    Viel Verkehr herrschte nicht. Harrings-on-Sea schlief noch, atmete durch, aber der große Strom an Touristen würde bald eintreffen, sofern sich das Wetter stabilisierte.
    Ich sah eigentlich nur Einheimische, die mich nicht anders anschauten als in London auch. Vielleicht fiel einigen von ihnen auf, dass ich leicht humpelte,
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