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0763 - Strigen-Grauen

0763 - Strigen-Grauen

Titel: 0763 - Strigen-Grauen
Autoren: Jason Dark
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flapp…
    Sie überlegte. Die Geräusche waren ihr fremd und trotzdem irgendwo bekannt. Als wäre jemand dabei gewesen, Tücher durch die Luft zu schwingen, schwere Tücher, die Geräusche verursachten.
    Aber das konnte es nicht sein. Nein, keine Tücher. Dann hätte jemand über ihr stehen und die Tücher schwingen müssen.
    Das konnte es nicht sein.
    Überhaupt nicht…
    Etwas anderes war da gekommen. So ungewöhnlich, so böse und auch heimlich.
    Helen dachte an ihren Alptraum. Man hatte ihn von der Kette der Erinnerungen gelöst. Dieser Alptraum war wieder gegenwärtig, sogar in allen Einzelheiten.
    Sie hatte von Vögeln geträumt.
    Von großen Vögeln mit mächtigen Körpern und gewaltigen Schwingen.
    Beim letzten Wort hakte sie ein oder nach. Schwingen - Himmel, das war es! Das mußte es gewesen sein.
    Der große Vogel aus dem Alptraum. Er hatte die andere Welt verlassen und war hineingestoßen in die reale. Er war da, und er würde bestimmt zu ihr kommen.
    Helen fing an zu zittern. Ihr Verstand weigerte sich, dies zu glauben, obwohl ihr Gefühl zustimmte.
    Es gelang ihr nur nicht, die beiden Dinge in die Reihe zu bringen, sie so miteinander zu mischen, daß daraus ein für sie akzeptables Bild entstand.
    Die Angst vor dem Traum, die Wahrheit vor dem Traum. Es war das böse Omen, das Zeichen einer Traumwelt. Ihr Unterbewußtsein hatte sich in die Realität hineingedrückt, und sie erlebte, wie schrecklich so etwas sein konnte.
    Kälte kroch an ihr hoch. Helen wollte nicht, aber sie legte die kurze Distanz bis zum Fenster mit zwei Schritten zurück. Die Arme halb angehoben, fuhr sie mit ihren gespreizten Fingern durch ihr Haar, wobei sie sich schüttelte, denn sie hatte den Eindruck, daß es steif geworden war. Zumindest an einigen Stellen. Da waren aus den weichen Strähnen beinahe schon harte Stäbe geworden.
    Du bist verrückt, verrückt, nur verrückt. Sie ließ die Arme sinken und beugte sich vor. Die Nacht war wieder ruhig geworden, trotzdem hörte sie das ungewöhnliche Geräusch nicht mehr. Helen Kern wollte schon aufatmen, als sie überrascht wurde.
    Auch wieder durch den Flügelschlag.
    Aber das war nicht alles. Die Flügel bekamen Gestalt. Etwas baute sich in der Nacht vor ihrem Fenster auf und nahm an Größe zu. Es wurde gewaltig, sie hörte das Geräusch jetzt ganz nahe, eigentlich schon zu nahe, und sie wollte weg.
    Zu spät, nicht mehr möglich. Was immer da gekommen sein mochte, es war zu schnell für sie.
    Helen konnte nichts mehr sehen. Etwas wild Flatterndes überdeckte ihr Sichtfeld. Sie nahm einen scharfen Geruch wahr, riß die Arme hoch. Die Hände streiften das Gefieder. Und dann geschah es: Etwas hackte in ihr Gesicht, als hätte jemand ein scharfes Messer durch ihre Wange gezogen. Ein heftiger Schmerz durchzuckte die rechte Seite. Helen taumelte zurück, preßte ihre Hand gegen die Wange und spürte die klebrige Flüssigkeit.
    Blut - es war Blut…
    ***
    Wie sie in den Sessel gekommen war, konnte sie nicht begreifen. Jedenfalls fand sie sich in ihm wieder. Sie hockte da, hörte sich atmen und hatte den Eindruck, daß ihr gesamter Körper zu einer großen Pumpe geworden war. Ein Mechanismus, der nicht mehr von ihrem Gehirn gesteuert wurde, sondern automatisch ablief.
    Etwas Klebriges rann an ihrer rechten Wange herab auf den Hals zu. Es war kein Leim, auch kein Sirup, und sie hob den Arm an, um hinfassen zu können.
    Mit der Fingerspitze tippte sie gegen die Flüssigkeit. Dann schaute sie nach.
    Ein roter Fleck. Schmierig, flüssig, Blut…
    Erst jetzt wurde ihr klar, was eigentlich geschehen war. Sie hatte am Fenster gestanden, zuerst die unheimlichen Geräusche gehört, von denen sie nun wußte, daß es nur Flügelschläge hatten sein können, und dann war dieser flatternde Schatten aufgetaucht, um sie zu verletzen.
    Kein Schatten, ein Vogel!
    Ein Raubtier, einer, der zu den Großen seiner Art gehörte. Helen dachte sofort an einen Adler oder auch Falken, aber das alles traf wohl nicht richtig zu.
    Sie stand auf.
    Das Fenster lockte sie. Helen ging hin und schloß es zu. Sie fühlte sich aber nicht sicherer. Nein, sie war nicht der Meinung, daß sie die Gefahr ausgeschlossen hatte. Die war geblieben, die steckte in der Wohnung und auch in ihr, da brauchte sie nur an den Alptraum zu denken, der nun grausame Wirklichkeit geworden war.
    Helen Kern bewegte sich sehr langsam. Ein Arzt hätte sofort erkannt, daß diese Frau unter Schock stand und noch nicht richtig nachvollzogen hatte, was
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