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076 - Der magische Schrumpfkopf

076 - Der magische Schrumpfkopf

Titel: 076 - Der magische Schrumpfkopf
Autoren: Earl Warren
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Anfang Fünfzig mit ergrauendem Haar und gesunder Gesichtsfarbe.
    Sie war Witwe. Außer Otmar, dem Betriebsleiter, der Ende Zwanzig war, hatte Anita Röder noch einen zweiten Sohn, Bernd, der ein paar Jahre älter war als Otmar. Bernd Röder war eine verkrachte Existenz. Nach dem Abitur hatte er sich mit allen möglichen Geschäften durchs Leben geschlagen. Als Beamter, Makler, Bezirksvertreter und noch in ein paar anderen Berufen hatte er sich versucht.
    Frederik Lord, der Otmar Röder wegen seiner Tüchtigkeit, seines Fleißes und seiner Fachkenntnisse förderte und nicht wegen der entfernten verwandtschaftlichen Beziehungen, hatte sich seit jeher strikt geweigert, Bernd einzustellen.
    In der Villa hatte die resolute Anita Röder inzwischen mit den Angestellten des Bestattungsinstituts verhandelt, hatte Lord auch den Gang zum Pfarrer und der Friedhofsverwaltung abgenommen. Zudem hielt sie ein kräftiges Essen bereit, als der Fabrikant eintraf.
    Lord hatte keinen Hunger.
    „Das essen Sie“, sagte die Witwe, die Hände in die Hüften gestemmt. „Ein ausgewachsenes Mannsbild braucht ein tüchtiges Essen, ob es nun trauert oder nicht. Setzen Sie sich hin. Der Appetit kommt beim Essen.“
    Lord setzte sich an den Tisch, aß die ersten Bissen, und tatsächlich verspürte er nun Heißhunger. Er verzehrte noch eine zweite Portion. Dann lehnte er sich gesättigt zurück.
    Anita Röder räumte das Geschirr ab. Lord stand auf, wollte zu seinem Arbeitszimmer gehen, um den Rechtsanwalt und Notar Dr. Wolff anzurufen. Der Anruf war bereits überflüssig.
    Als er das Eßzimmer verließ, klingelte das Telefon in der Diele. Er trat hinzu, nahm ab. Der Pförtner war am Apparat.
    „Was gibt es denn?“ fragte Lord.
    „Der Severin Karl vom Angelverein ist hier, Sie wissen schon, Herr Lord. Severin hat lange Jahre für uns gearbeitet.“
    „Und jetzt ist er Rentner, ich weiß. Worum geht es?“
    „Beim Angeln heute morgen hat er etwas Seltsames aus dem Fischteich gezogen. Sieht aus wie ein eingeschrumpfter Menschenkopf. Er wollte es Ihnen zeigen, weil Sie doch Kuriositäten und Antiquitäten sammeln, Herr Lord. Und da wollte ich zuerst einmal fragen, ob es Ihnen recht ist, wenn der Severin-Karl mit dem Dings zu Ihnen kommt.“
    Lord überlief es eiskalt. Er brachte kein Wort hervor.
    „Herr Lord? Sind Sie noch am Apparat, Herr Lord?“
    „Ja“, sagte der Fabrikant leise. „Schicken Sie den Severin zu mir.“
     

     
    Karl Severin war ein weißhaariger, äußerst rüstiger Mann von 66 Jahren. Er begann in der Villa eine weitschweifige Erklärung abzugeben, weshalb er an diesem Tag angeln gegangen war, wie lange er schon dem Angelverein angehörte, welchen Köder er genommen hatte und was seine Frau gesagt hatte, als er fortging. Lord verstand kaum ein Wort von dem, was Karl Severin ihm erzählte. Seine Blicke hingen an der Plastikeinkaufstüte, die Kerl Severin in der Hand hielt.
    Die Einkaufstüte enthielt einen runden Gegenstand, wie Lord sehen konnte. Als Karl Severin seine langatmige Erzählung beendet hatte, legte er die Plastiktüte auf den Tisch, griff hinein und holte genau das heraus, was der Fabrikant erwartet hatte. Den Schrumpfkopf. Das Teufelsding war wieder zu Frederik Lord zurückgekehrt.
     

     
    Am Abend fühlte der Fabrikant sich wie zerschlagen. Doch ehe er zu Bett ging, war noch etwas zu erledigen. Mit grimmiger Entschlossenheit holte er den Schrumpfkopf aus dem Raum, in dem sich seine Sammlung befand, trug ihn zum lodernden Kaminfeuer im Wohnzimmer.
    Er legte den Schrumpfkopf auf einem Marmortischchen ab, schürte die prasselnden Flammen. Dann legte er den Schürhaken weg, packte den Schrumpfkopf an den Haaren.
    „So, Teufelsding“, sagte er. „Jetzt ist es vorbei mit dir!“
    Er wollte den Schrumpfkopf gerade ins Feuer werfen, als ihn teuflisches Gelächter innehalten ließ.
    „Narr!“ gellte es. „Elender Narr! Glaubst du, du könntest mich vernichten? Hahaha, dazu bist du nicht der Mann. Versuch es nur, dich aufzulehnen, dem Fluch des Araquui zu entkommen! Eher wirst du sterben und verfaulen.“
    Ein schreckliches Fauchen kam aus dem Rachen des Schrumpfkopfs. Seine Augen glühten wie Kohle. Er stieß gemeine, obszöne Verwünschungen aus, fluchte, schimpfte und höhnte. Frederik Lord spürte, wie seine Nackenhaare sich vor Schrecken aufrichteten, wie eine Gänsehaut über seinen Rücken zog.
    Ein anderer wäre vor Schreck und Angst weggelaufen, aber Lord war ein kaltblütiger Mann, der
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