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076 - Der magische Schrumpfkopf

076 - Der magische Schrumpfkopf

Titel: 076 - Der magische Schrumpfkopf
Autoren: Earl Warren
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Sechzig. Er sah erschöpft aus.
    Auch ihn fragte Lord nach dem Befinden seines Sohnes. Der Professor musterte ihn, zog ihn dann zum Fenster hin, fort von den andern.
    „Sie sehen aus wie ein Mann, der die Wahrheit vertragen kann“, sagte er fast barsch. „Es sieht schlimm aus um den Jungen, sehr schlimm. Im Gehirn sind Blutungen aufgetreten. Zwei der Blutgerinnsel konnte ich operativ entfernen. Aber das ist noch nicht alles. Heute abend müssen wir einen weiteren Eingriff vornehmen, denn jetzt ist der Kreislauf des Jungen zu sehr geschwächt.“
    „Wie stehen die Chancen, Professor?“
    Im Blick des Professors waren Mitleid und etwas Zynismus zu lesen. Chancen? Mit dem Tod konnte man nicht pokern, keine Mathematik betreiben.
    „Es würde an ein Wunder grenzen, wenn der Junge überlebte“, sagte der Professor. „Wir tun alles, was wir können. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, es warten noch andere Patienten auf mich.“
    Der Professor ging davon, ehe Lord ein weiteres Wort sagen konnte. Für Augenblicke schossen Lord abenteuerliche Vorstellungen durch den Kopf. Das Hinzuziehen eines weltbekannten Gehirnspezialisten, einer Kapazität. Fahrt mit Blaulicht vom Flughafen zur Klinik, aufsehenerregender Eingriff und Rettung in letzter Minute.
    Aber das waren Phantasien. Der Professor war einer der besten Gehirnchirurgen, die Universitätsklinik eine der modernsten und fortschrittlichsten Kliniken weit und breit. Bessere Möglichkeiten als hier gab es nicht.
    Eine Bahre wurde aus dem OP-Raum gerollt. Dieter Lord lag darauf, bleich, ohne Bewußtsein, unter einem fahrbaren Sauerstoffzelt. In aller Eile wurde er zur Intensivstation gebracht, wo für den Notfall eine Herz-Lungen-Maschine bereitstand und der Dauertropf vorbereitet wurde.
    Frederik Lord erhaschte nur einen flüchtigen Blick auf den mit weißen Verbänden umwickelten Kopf seines Sohnes.
    Ein Wunder mußte geschehen, wenn der siebzehnjährige Dieter Lord leben sollte, hatte der Professor gesagt.
    Frederik Lord drehte sich nach seinem Fahrer um, winkte ihn herbei.
    „Wir fahren sofort nach Hause“, sagte er. „Hier haben wir in den nächsten Stunden nichts verloren.“
    In seiner Verzweiflung war Lord eine Möglichkeit eingefallen, das Wunder zu bewerkstelligen, das seinen Sohn retten sollte. Doch dazu mußte er zu Hause sein.
     

     

Lords erster Weg nach der Rückkehr führte ihn zum Safe. Er stellte die Nummernkombination ein, öffnete, nahm den Schrumpfkopf heraus und legte ihn auf den Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer.
    „Mein Sohn soll nicht sterben, Araquui“, sagte er halblaut. „Erfülle mir diesen Wunsch, diesen einen Wunsch noch.“
    Wieder war es das gleiche. Die kurze Dunkelheit, das Zucken, das durch den Körper ging, der Kälteschauer.
    „Was machen Sie denn da um alles in der Welt?“ hörte Lord eine wohlbekannte Stimme.
    Erschrocken drehte er sich um. In der Tür des Arbeitszimmers stand Otmar Röder, sein Betriebsleiter, ein paar Unterlagen unter dem Arm. Erstaunt sah der schwarzhaarige junge Mann den Fabrikanten an.
    „Ich habe mir eins meiner Sammlerstücke angesehen“, sagte Lord.
    „Aber Sie haben doch mit dem Ding geredet“, sagte Röder. „Ich habe deutlich gehört, wie Sie sich wünschten, Ihr Sohn solle nicht sterben.“
    „Na und? Meine Gedanken sind wohl einen Augenblick abgeschweift, und da sprach ich eben laut aus, was mich bewegte. Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, Herr Röder, daß ich mich mit einem Schrumpfkopf unterhalte.“
    „Fast hatte ich den Eindruck“, antwortete Röder etwas unsicher.
    Lords Erklärung war plausibel, wenn auch manches an der Sache merkwürdig erschien.
    „Man kann sich mal irren“, sagte Röder schulterzuckend. „Ich habe hier ein paar sehr dringende Sachen, Herr Lord. Natürlich kann ich sie auch selbst erledigen, aber ich wollte mich auf jeden Fall vorher an Sie wenden.“
    Lord setzte sich hinter den Schreibtisch, entzündete eine Brasil.
    „Na, dann zeigen Sie mal her, Röder.“
    Lord hatte außer zwei Tassen Kaffee und zwei Brötchen, die sein Fahrer Zischka am Vormittag in der Klinik für ihn organisiert hatte, nichts im Magen, und es war schon nachmittag. Aber er spürte keinen Hunger. Die nächsten beiden Stunden vergingen mit angestrengter Arbeit und Besprechungen.
    Anschließend hatte Lord noch einiges zu erledigen, was mit der Beerdigung seiner Frau zu tun hatte. Die Beerdigung sollte am dritten Tag nach dem Tod, am Samstag stattfinden. Die Freigabe der
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