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0704 - Der Pestbringer

0704 - Der Pestbringer

Titel: 0704 - Der Pestbringer
Autoren: Jason Dark
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Zug, auf den wir warteten, angemeldet.
    Ich leerte mit einem letzten Zug die Bierdose und warf sie dann zielsicher in einen Abfallkorb.
    Noch drei Minuten bis zur Ankunft. Ich stand auf, zupfte mir die verklebte Kleidung vom Körper und schaute nach links. Außerhalb des Bahnhofsgebäudes verteilten sich die Gleise, als würden sie in zahlreiche Finger münden. Die Luft waberte stickig über dem Metall. Signale bewegten sich, Weichen wurden automatisch gestellt, der warme Wind wehte mir Staub und den Geruch der Imbißbuden entgegen.
    Und über allem lag so etwas wie ein Fieber, das man kaum erklären konnte, das aber fast jeden erfaßte, wenn er sich einmal in den Bahnhof begeben hatte.
    Es war das berühmte Reisefieber. Auch ich wäre gern in Richtung Süden gefahren, an die Küste, vielleicht in die Nähe von Brighton, denn auf dem Nachbargleis fuhren die Züge dorthin ab.
    Aber wir hatten unseren Job, unsere Pflicht, und die wurde konkret, als der Zug aus Schottland in den Bahnhof einrollte. Die Lok, ein mächtiger Koloß aus Stahl und Kraft, bremste die lange Schlange der Wagen ab.
    Father Ignatius hatte ein Abteil in einem Erste-Klasse-Wagen gemietet. Es befand sich im hinteren Drittel des Zuges. Suko und ich begaben uns dorthin.
    Der Zug brachte den Geruch von Hitze und Staub mit. Es roch auch nach Öl und heißem Metall.
    Hinter den Fenstern strebten die Reisenden den Türen entgegen. Wer klimatisiert gefahren war, würde sich über die Temperaturen wundern.
    Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn, holte noch einmal tief Luft und wartete zusammen mit Suko an dem Wagen, den unsere beiden Besucher benutzt hatten.
    Der Zug stand.
    Türen flogen auf. Reisende verließen den Zug. Manche wirkten erschöpft, andere hatten gute Laune.
    Sie lachten und winkten schon jetzt den Freunden und Verwandten zu, die zum Bahnsteig gekommen waren, um sie abzuholen.
    Wir warteten geduldig, bis wir einsteigen konnten.
    Ein Blick nach links. Der Gang war leer. Alle Reisenden waren ausgestiegen, denn der Zug endete hier. Er wurde später auf den Betriebsbahnhof gefahren, wo die Putzkolonnen kamen und ihn säuberten. Wir hatten die Erlaubnis erhalten, im Wagen zu bleiben, denn wir wollten ungestört mit unserem Freund reden.
    Father Ignatius hatte sein Abteil verlassen. Wie immer trug er seine Kutte mit der hellen Kordel.
    Sein verschmitzt wirkendes Gesicht war zu einem Lächeln verzogen, und die hellen Augen des Mannes blitzten uns freundlich an. Es war zu sehen, daß es ihm Spaß machte, uns endlich wieder einmal in die Arme schließen zu können, was er auch ausgiebig tat.
    »Jetzt geht es mir besser«, sagte er.
    »Wieso?«
    »Nun ja.« Er schaute zur Tür des Abteils. »Es war eine harte Fahrt. Ich mußte meinen Schützling oft genug trösten, denn er hat kein einfaches Schicksal zu tragen.«
    Ein Kontrolleur erschien und erklärte uns, daß der Zug auf ein Abstellgleis fahren würde.
    »Gut«, sagte Suko.
    »Wie lange werden Sie bleiben wollen?«
    »Kann ich Ihnen nicht sagen. Es wird schon seine Zeit dauern, nehme ich an.«
    Der Kontrolleur gab sich verlegen.
    »Aber die Putzkolonne kann doch arbeiten?«
    »Das stört uns nicht. Sie sollen nur das eine Abteil außen vorlassen, das ist alles.«
    »Danke.« Der Kontrolleur verschwand.
    »Können wir, Father?«
    Ignatius' Gesicht hatte einen sehr ernsten Ausdruck bekommen. »Ja, wir sollten uns nicht mehr länger hier im Gang aufhalten. Je weniger Zeit wir verlieren, um so besser ist es.«
    »Sehr schlimm?« fragte Suko.
    Der Mönch stand schon dicht vor der Abteiltür, seine rechte Hand lag auf dem Griff. »Ich würde sagen, daß es furchtbar ist«, flüsterte er und schüttelte den Kopf.
    Ich schaute ihn aus großen Augen an. So kannte ich ihn kaum. Er machte auf mich einen leicht deprimierten. Eindruck. Wenn er so reagierte, mußte ihn der Fall schon hart getroffen haben und unter die Haut gegangen sein.
    Er riß die Tür zurück.
    Wir ließen ihm den Vortritt.
    Beide waren wir sehr gespannt, was man auch unseren Gesichtern ansah. Wir betraten das Abteil, und der Mönch ging nach links, um uns nicht die Sicht zu nehmen.
    Sein Schützling saß am Fenster, allerdings so gedreht, daß er auf die Tür schauen konnte. Ob er uns überhaupt wahrnahm, wußte ich nicht, denn über seinem Gesicht hing ein schwarzes Tuch, dessen Stoff mir ziemlich dicht aussah.
    »Warum das?« fragte ich.
    »Er wollte es so«, erklärte Ignatius.
    Die Stimme unter dem Stoff klang dumpf. »Sind die
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