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0119 - Königin der Seelenlosen

0119 - Königin der Seelenlosen

Titel: 0119 - Königin der Seelenlosen
Autoren: Franc Helgath
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»Na? Immer noch nichts?« fragte Professor Dr. Harri van Straaten unwirsch, obwohl gerade er als Archäologe mehr Geduld hätte aufbringen müssen.
    Doch heute war kein Tag wie jeder andere. Van Straaten stand vor der Entdeckung seines Lebens. Das spürte er in allen Knochen.
    Oder hatte man jemals davon gehört, daß ein Berber-Grabmal gefunden worden wäre? Die letzte Ruhestätte des Angehörigen eines Volksstammes, dessen Herkunft sich tief im Dunkel der Geschichte verlor?
    Manches wies darauf hin, daß die Berber schon eine Hochkultur hervorgebracht hatten, als die alten Ägypter noch einer Steinzeitzivilisation angehörten.
    Van Straatens Gesicht war hochrot. Salzig rann ihm der Schweiß in den sandfarbenen Bart, der sein breites, rundes Gesicht förmlich halbierte. Auf den ersten Blick konnte man den Wissenschaftler für einen gemütlichen älteren Herrn halten, der am liebsten im Park Tauben fütterte. Aber ein gemütlicher Mensch war Harri van Straaten zeit seines Lebens nicht gewesen. Trotz seiner behäbig wirkenden Figur bewegte er sich mit erstaunlicher Schnelligkeit. Seine blaßblauen Augen flitzten wieselflink unter den fast weißen Brauen hin und her, und es entging ihnen nichts.
    So war ihnen vor etwas über einem halben Jahr auch nicht entgangen, daß jener Hügel in der Nähe von Tarhjit keines natürlichen Ursprungs sein konnte.
    Seither wurde hier unter seiner Anleitung gebuddelt, wenngleich die Regierung in Rabat dem Vorhaben mehr als skeptisch gegenüberstand. Bei den marokkanischen Behörden mochte niemand daran glauben, daß im südlichen Anti-Atlas, einem der ältesten Gebirge dieser Welt und einem der ödesten noch dazu, etwas zu finden wäre, was des Entdeckens wert war. Van Straatens eiserner Überredungskunst war es letztendlich zu verdanken, daß die Genehmigungen für eine Ausgrabung in dieser abgeschiedenen Gegend erteilt wurden.
    Und seither hatte van Straaten diesem heutigen Tag entgegengefiebert! Denn in wenigen Stunden schon würde sich zeigen, ob er einem Phantom oder einer epochalen Entdeckung hinterhergejagt war.
    Justin Malder, trotz seines gemischtangelsächsischen Namens ein Flame wie Professor Dr. Harri van Straaten, sah auf.
    Der brünette Mann war knapp über die Dreißig hinaus und der Assistent des Archäologen. Malder arbeitete gerne mit dem knorrigen Professor zusammen, auch wenn van Straaten nicht immer leicht zu ertragen war. Er schleppte sein cholerisches Temperament wie einen Panzer mit sich herum. Nur wenige Eingeweihte wußten, welch weicher Kern sich hinter dieser rauhen Schale verbarg.
    Der Archäologe war zwar hart, aber er war vor allem hart gegen sich selbst. Doch erwartete er von seinen Mitarbeitern, daß sie sich seinem Arbeitsstil anpaßten, und das wiederum bedeutete, daß sie von Sonnenauf- bis Untergang schuften sollten. Deshalb gab es nicht mehr viele Hilfskräfte, die seit dem Tag des ersten Spatenstichs dabei waren, obwohl van Straaten, gemessen an den sonstigen Verdienstmöglichkeiten in dieser Region, geradezu fürstliche Löhne zahlte.
    Hassan al Jareff war so ein Mann der ersten Stunde. Ein gutgenährter Mann mit unguten Augen. Justin Malder mochte diesen Kerl nicht. Er verabscheute seine ölige Höflichkeit, seine übertriebene Gestik. Der Mann kam ihm irgendwie wie eine Qualle vor, die ein See der Unterwelt ans Trockene gespült hatte. Schleimig. Nicht festzuhalten. Aber immer bereit, die offene Hand auszustrecken, wenn es ein Bakschisch nebenher zu verdienen gab. Im geheimen vermutete der wissenschaftliche Assistent, daß Jareff ein Spion der Regierung war.
    »Malder!« polterte van Straaten. »Ich habe Sie etwas gefragt!«
    Der Assistent zuckte mit den Schultern.
    »Aber Sie sehen doch selbst, Professor. Wir tun, was wir können.«
    »Dann könnt ihr eben zuwenig«, knurrte der stämmige Archäologe ungnädig. »Geben Sie mir eine Hacke!«
    »Aber doch nicht eine Hacke!« entrüstete sich der Assistent. »Wir könnten etwas zerstören!«
    »Vor allem geht meine Engelsgeduld langsam vor die Hunde. Und das jetzt schon seit drei Tagen. Haben wir nun den Eingang zu einem Grabmal gefunden oder nicht?«
    Eine rein theoretische Frage, auf die Professor Harri van Straaten keine Antwort erwartete. Schon griff er nach einem der herumliegenden Pickel.
    Justin Malder tat dieser Anblick in der Seele weh, denn ausgerechnet der sonst so besonnene van Straaten war es gewesen, der ihm eingetrichtert hatte, daß man mit archäologischen Funden sorgsamer
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