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0700 - Aphilie

Titel: 0700 - Aphilie
Autoren: Unbekannt
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der vor ihm herschritt.
    „Dorthin, wo man PIKs verabreicht, Bruder", lautete die Antwort.
    Im selben Augenblick fing die Gangbeleuchtung an zu flackern.
    Sergio blieb überrascht stehen und sah auf. Der Unscheinbare fuhr ihn an: „Nicht anhalten! Weitergehen!"
    Sergio hörte leise Musik, die aus der Höhe zu kommen schien, durch die niedrige Gangdecke. Es war eine eigenartige Musik, wie Sergio sie nie zuvor gehört hatte, mit einem merkwürdigen Rhythmus, der sich mit dem Flackern der Beleuchtung vereinigte und eine Wirkung erzeugte, die Sergios Körper im gleichen Takt vibrieren ließ.
    „Nicht anhalten! Weitergehen ..."
    Selbst die Stimme des Unscheinbaren wurde von dem geheimnisvollen Rhythmus eingefangen und schwang mit ihm auf und ab. Überrascht starrte Sergio in den schier endlosen Gang hinein, der sich im Takt der Musik und des Flackerns mit einemmal zu weiten und wieder zusammenzuziehen schien. Er war in eine Märchenwelt geraten! Nichts war mehr wirklich. Der Befehl des Unscheinbaren hämmerte auf ihn ein.
    Da durchfuhr es ihn wie ein Ruck. Ein Teil seines kritischen Bewußtseins war wachsam gewesen und warnte ihn: Das war eine Hypnofalle! Noch ein paar Sekunden, und er war dem Bann der fremden Musik, dem rhythmischen Geflacker der Beleuchtung und der beschwörenden Stimme des Mannes vor ihm hilflos ausgeliefert! Er riß sich zusammen.
    „Ich komme ...", ächzte er, um den Unscheinbaren zu beruhigen.
    Aber gleichzeitig stach die rechte Hand zu der Stelle am Oberschenkel hinab, die er draußen, im Vorzimmer, zu berühren sich nicht getraut hatte. Der tastende Finger fand die unscheinbare Naht. Ein Ruck - und der Stoff des Beinkleids riß auf. Die Nägel gruben sich ins Fleisch, durchbrachen die Haut und fanden die winzige Kapsel, die sich dort verbarg.
    Aufstöhnend vor Schmerz brachte Sergio das kleine Gebilde zum Vorschein. Der Sauerstoff der Luft initialisierte den Zünder. Von jetzt an hatte Sergio fünfzehn Sekunden Zeit, sich aus dem Zentrum des Explosionskegels zu entfernen.
    „Was ist?" fuhr der Unscheinbare ihn an. „Warum kommst du nicht?"
    Das flackernde Licht, die fremdartige Musik, die Stimme des Mannes - sie alle hatten plötzlich keinen Einfluß mehr auf Sergio.
    Er hatte die Gefahr rechtzeitig erkannt, und damit war die Wirkung des hypnotischen Einflusses zunichte gemacht.
    „Euch alle soll der Teufel holen, Bruder!" knurrte er zornig.
    Dabei schnippte er die kleine Kapsel mit den Fingernägeln fort, warf sich herum und eilte den Weg zurück, den er gekommen war. Der Gang war von bedeutender Länge, und im Banne der hypnotisierenden Musik hatte er vergessen, wie lange er schon unterwegs war. Es dauerte viel länger, als er erwartet hatte, bis er im immer noch flackernden Licht die Tür vor sich auftauchen sah. Fünf, vielleicht sechs Sprünge trennten ihn noch von ihr... da erhob sich hinter ihm ein Donnergrollen, ein greller Blitz durchzuckte den Gang, und dicht hinter dem Blitz kam eine Druckwelle, die Sergio zu Boden schleuderte.
    Er blieb liegen, bis der Lärm verebbt war. Die Explosion der kleinen Sprengkapsel hatte die Luft im Gang erhitzt. Der Schweiß troff Sergio von der Stirn, während er die letzten Schritte bis zur Tür zurücklegte. Erleichtert trat er auf den Ausgang zu. Er erwartete, eine normale Tür zu finden - eine, die sich selbsttätig vor ihm öffnete. So selbstverständlich erachtete er es, daß diese Tür sich verhalten würde wie alle anderen Türen auch, daß er mit dem Gesicht gegen das Hindernis prallte.
    Er fuhr zurück. Ungläubig starrte er die Tür an, dann begann er, sie mit den Fäusten zu bearbeiten. Er hoffte, daß Sylvia ihn draußen hören würde und vielleicht von ihrer Seite aus den Ausgang öffnen könne. Aber sein wütendes Getrommel erzeugte weiter nichts als ein paar schwache Geräusche, und er begann zu zweifeln, ob Sylvia ihn draußen überhaupt hören könne.
    Erschöpft hielt er inne. Die Fäuste schmerzten. Die Hitze nahm ihm den Atem. Der Schweiß rann ihm in die Augen. Er war zu optimistisch gewesen. Er hatte geglaubt, die Aphilen mit einer einzigen Mikrobombe so ins Bockshorn jagen zu können, daß ihm der Weg in die Freiheit weit offen stünde.
    Aber sie hatten ihn trotzdem gefangen.
    Die Flucht Staub- und Rauchschwaden wallten durch den Gang. Hustend und keuchend bahnte Sergio sich einen Weg zurück zu der Stelle der Explosion. Noch nie in seiner Erfahrung hatte er mit solcher Inbrunst um das Leben eines Aphilikers gebangt wie in
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