Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0694 - Lavalles Todesspur

0694 - Lavalles Todesspur

Titel: 0694 - Lavalles Todesspur
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
wir hatten Dortmund überstanden und dort verletzte Freunde zurückgelassen, aber Lavalle war mir entwischt. Ich hatte ihn im Kellerraum des Dortmunder Goldsaals gestellt, wo er sich in eine Toilettenkabine geflüchtet hatte.
    Ich sah das Bild noch genau vor mir.
    Dieser dunkelhäutige Riese, der auf dem Boden kniete, die Beine weit auseinandergeschoben und sein Gesicht sowie den nackten Oberkörper mit Schnittwunden übersät hatte, um aus seinem Blut die Vèvès, die Zeichen, auf den Boden zu malen, die ihm die nötige Kraft gaben, um zu verschwinden.
    Es hatte sich vor meinen Augen aufgelöst, war zu einem Rauch geworden, der die Kabine erfüllte.
    Ob er sich tatsächlich in London aufhielt, wußten wir nicht. Wir gingen allerdings davon aus, daß sich eine Kreatur, einen anderen Ausdruck gab es für ihn nicht, wie Lavalle an uns rächen wollte. Wir hatten es gewagt, einen Unantastbaren, einen Bocor, zu jagen, und so etwas konnte er einfach nicht hinnehmen.
    Und nun hofften wir, Auskunft von einem Menschen zu erhalten, der New York verlassen hatte und nach London geflohen war. Vielleicht, um hier unterzutauchen oder um Kontakt mit Lavalle aufzunehmen, den er schließlich erfunden hatte.
    Paradox, im Prinzip, aber nicht, wenn man näher darüber nachdachte, denn eigentlich war Lavalle eine Comicfigur und wurde einmal in einem Buch erwähnt, dessen Seiten allerdings aus irgendeinem Grunde völlig verkohlt waren.
    Der Mann, der Lavalle gezeichnet hatte und auch die Texte geschrieben hatte, hieß Jambo.
    Ob es ein Pseudonym war, wußten wir nicht. Wenigstens hatten unsere Leute ihn gefunden, weil wir eine Fahndung in New York und gleichzeitig in London nach ihm laufen hatten.
    Jambo war nach London geflogen und hatte sich in dieser schmierigen Pension verkrochen.
    Von wohnen konnte bei dem stinkenden Bau keine Rede sein. Er lag in einer finsteren Gasse nicht weit von den Krananlagen des Hafens entfernt. Es stank hier nach Fisch, nach Dieselöl und auch nach Teer. An diesem späten Morgen war die Gasse leer. Wer nicht unbedingt mußte, blieb bei dem Wetter im Haus.
    Es war dunstig, die Wolken hingen tief, der Wind, der noch in der vergangenen Nacht getobt hatte, war eingeschlafen. Er hatte den Versuch aufgegeben, den Nebel zu lichten, so lag er dann schwer wie ein wolkiges Metall zwischen den Hauswänden.
    Hinzu kam der Dampf, der noch aus den Rosten und Kellerfenstern des Nebenbaus stieg. Er roch scharf und sehr feucht. Das waren Reste, die aus einer Wäscherei stammten.
    Vier Stufen führten zu einer Eingangstür hoch, die nicht besser aussah als die Treppe. Bei ihr waren die Steine eingetreten, bildeten in der Mitte Kugeln, während von der Tür die Farbe oder der Lack überhaupt nicht mehr zu sehen war. Was da am Holz festklebte, war die Feuchtigkeit, die im Laufe der Zeit einen blassen Schimmelpilz gebildet hatte.
    Verschlossen war die Tür nicht, nur angelehnt. Suko drückte sie auf und mußte rasch nach dem Knauf fassen, sonst wäre sie an der anderen Seite gegen die Wand geprallt.
    Wir standen in einem Foyer, das diesen Namen nicht verdiente, denn es war ein grauer, schmutziger Vorraum, der genau den Trübsinn ausstrahlte, der zum Wetter paßte.
    Links von uns raschelte etwas.
    Hinter der Theke saß eine Person, die wir wegen der hochgehobenen Zeitung nicht sehen konnten, dafür sah die Person uns, durch kleine Löcher im Papier!
    Wir traten an den Tresen heran, ohne ihn zu berühren, da er uns beide zu klebrig vorkam.
    Suko räusperte sich, aber nichts geschah. Die Person hinter der Zeitung blätterte nicht einmal um.
    »Hören Sie…«, sagte ich, aber weiter kam ich nicht, denn eine kratzige Stimme bellte hinter der Zeitung auf. Es war nicht einmal festzustellen, ob sie einem Mann oder einer Frau gehörte.
    »Haut ab!«
    Der Ton gefiel uns nicht. Ich griff über den Tresen hinweg, bekam die Zeitung an ihrem oberen Rand zu fassen, hielt sie gut fest und zerrte sie in die Höhe.
    Die Frau ließ los.
    Ja, es war eine Frau, eine alte Vettel, die mit versoffener Stimme gesprochen hatte. Sie trug einen Kittel, auf dem das kleine Blumenmuster verblaßt war. Sie hatte ein flaches Gesicht, kleine, böse Augen, in denen sich die roten Äderchen der Säuferin sehr deutlich abzeichneten.
    Die Zeitung flatterte neben ihr zu Boden, und sie verzog die Lippen zu einem Halbmond.
    »Wir werden gehen«, sagte ich. »Aber das bestimmen wir.«
    Tückisch schaute uns die Vettel an. »Ich will keine Bullen hier in meinem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher