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0640 - Hexentränen

0640 - Hexentränen

Titel: 0640 - Hexentränen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Aber sie konnte die Burg nicht mehr betreten. Sie schien tatsächlich fort zu sein.
    Baba Yaga hatte es schon lange aufgegeben, sich über die Absonderlichkeiten des Waldes zu wundern. Sie nahm alles so hin, wie es gerade kam; etwas anderes blieb ihr ohnehin nicht übrig.
    Sie mußte jetzt versuchen, zu ihrem Ofen zurück zu gelangen. Der Sternenfalke hatte sie entführt, über eine unbestimmbare Strecke durch die Luft getragen. Der Ofen war am Boden zurückgeblieben. Yaga wußte nicht, wie weit sie von ihrem gußeisernen Reittier entfernt war. Aber sie mußte es wiederfinden. Sie brauchte den Ofen, schon allein, um sich künftig nicht nur noch zu Fuß fortbewegen zu können.
    Sie versuchte sich zu orientieren, aber sie konnte nicht einmal ansatzweise feststellen, in welche Himmelsrichtung sie sich wenden mußte. Existierten in Merlins Zauberwald überhaupt Himmelsrichtungen?
    Wenn ja, in welche hatte der Sternenfalke sie entführt?
    Yaga schüttelte den Kopf. So kam sie nicht weiter! Sie mußte es anders anfangen.
    Im Ofen brannte Feuer.
    Über dieses Feuer konnte sie andere Lebewesen erreichen und deren Träume beeinflussen, wenn jene anderen ebenfalls an einem Feuer saßen. Nun, warum sollte das nicht auch andersherum funktionieren?
    Warum sollte es nicht möglich sein, mittels Feuer den Ofen zu finden und zu sich zu rufen?
    Also entfachte die Hexe direkt vor sich ein Feuer. An Brandgefahr für den Wald dachte sie nicht. Sie konnte die Flammen jederzeit unter Kontrolle halten.
    Sie konzentrierte sich auf die züngelnden, hellen Spitzen und versuchte mit der Glut in ihrem Ofen Verbindung aufzunehmen.
    Und - es gelang ihr…
    ***
    Von einem Moment zum anderen geschah es wieder. Merlin sah: Er stand am Eingang einer Grotte voller Schmiedewerkzeuge. Hier hatte er sie zusammengetragen, um das zu tun, worüber er lange nachgedacht hatte.
    Er mußte etwas schaffen, das Werkzeug und Waffe zugleich war, etwas, das Merlins Magie in sich trug… und noch viel mehr. Ein Medaillon der Macht. Ein Amulett, mit dem auch ein anderer Merlins Magie anwenden konnte.
    Denn Merlin wußte nur zu gut, daß er nicht überall zugleich sein konnte. Der Wächter der Schicksalswaage hatte ihm mehrere Welten gegeben, deren Wohl und Wehe Merlins Aufsicht unterstand. Eine Aufgabe, die beinahe unlösbar war. Daher wollte er sich einen Helfer heranziehen, der auf der Erde für ihn tätig wurde.
    Wenn es gelang, konnte er dasselbe auch auf den anderen Planeten tun. Dann war seine Aufgabe nicht mehr ganz so schwierig.
    Aber es würde nicht leicht sein, ein solches Werkzeug zu schaffen, mit dem ein Stellvertreter, ein Helfer, so arbeiten konnte, wie Merlin selbst es vermochte.
    Merlin suchte den Bereich auf, in dem er am besten arbeiten konnte, einmal von der Mardhin-Grotte nahe Caermardhin abgesehen - Broceliande, seinen Zauberwald. Hier wirkte genug Magie, von der er einen Teil übernehmen konnte, und hier war er in seinem Element. Von hier aus konnte er nach den Sternen greifen und das Licht des Vollmonds in das zu schaffende Amulett integrieren. Es war eine Art von Magie, die er selten benutzte, weil es nicht seine eigene war.
    Sie war schwierig, aber er mußte sie in diesem Fall wählen. Doch um das Amulett so werden zu lassen, wie er es sich vorstellte, brauchte er die Macht des Vollmonds.
    Es war Nacht geworden. Die silberne Scheibe des Mondes beleuchtete die Szene. Merlin griff nach seinem Werkzeug und begann mit der Arbeit.
    Ein Feuer war schnell entfacht, und in das erhitzte Metall aus reiner Magie versuchte Merlin nun, das Mondlicht zu schmieden. Er griff danach, fügte es in das Amulett ein und wollte es firmen und stählen.
    Doch es gelang ihm nicht.
    Die ganze Nacht hindurch versuchte Merlin es wieder und wieder, aber seine Mühe blieb vergeblich. Als der Mond sich vom Himmel verabschiedete, um der Sonne Raum zu gewähren, war Merlin zu Tode erschöpft.
    Der Versuch war mißlungen. Es lag daran, daß die Magie des Vollmondes eine ihm fremde Kraft war. Deshalb fremd, weil er sich den Gebrauch dieser Macht von jemand anderem abgeschaut hatte. Bis zu diesem Moment hatte er nicht gewußt, daß diese Art von Magie nicht der Art seiner eigenen Macht entsprach.
    Er hatte zu viel hineinlegen wollen. Er hatte gewollt, daß das Amulett mit jeder Art von Magie arbeiten konnte; dazu hatte er das Mondlicht gebraucht. Doch das funktionierte nicht.
    Merlin betrachtete den Fehlschlag traurig. Er hielt etwas in den Händen, das ganz anders geworden war,
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