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Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource

Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource

Titel: Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource
Autoren: Carsten Neßhöver
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„Wir haben noch viel zu lernen über die Natur
von Werten und den Wert der Natur.“
    PAVAN SUKHDEV, INDISCHER ÖKONOM
    Einleitung – Sieben Milliarden von einem, viele Millionen Verschiedene und ein flugunfähiger Vogel
    Der Dodo, Titelheld dieses Buches, führte lange Zeit ein ruhiges, wenn auch nicht einfaches Leben. Der Zufall hatte es gut mit seinen Vorfahren gemeint und sie vor einigen Millionen Jahren auf die einsame Insel Mauritius gelangen lassen. Ein Ort, fern von allen gefährlichen Raubtieren und mit einer guten Nahrungsgrundlage, wenn auch die Umweltbedingungen sicherlich nicht immer optimal waren. Der Dodo passte sich dem aber gut an, und wie viele andere Vögel auf abgelegenen Inseln gab er im Laufe seiner evolutionären Entwicklung das Fliegen auf und lebte lange Zeit zusammen mit Riesenschildkröten und einigen anderen nur auf Mauritius vorkommenden Arten. Dann kam der Mensch mit seinen Schiffen, und binnen eines Jahrhunderts, etwa gegen 1690, war der Dodo das, was ihn heute zur Ikone des Naturschutzes macht: Er war ausgestorben.
    Der Mensch, der erste Protagonist dieses Buches, wird von der Natur immer wieder vor Herausforderungen gestellt. Stürme, Erdbeben, Tsunamis und andere Katastrophen nehmen in unserer Wahrnehmung den größten Raum ein, gefolgt von Viren, Bakterien und andere Parasiten. Die Natur verursacht häufig Elend, Leid und Tod. Und der Mensch wirkt hilflos angesichts der übermächtigen und undurchschaubaren Natur. So ging es auch denersten Seeleuten, die auf Mauritius landeten. Eine Seereise zu jener Zeit war entbehrungsreich, frische Nahrung war Mangelware, und so war es kaum verwunderlich, dass man sich beim ersten Landgang nach Monaten auf die erstbesten Nahrungsressourcen stürzte, die man finden konnte. Vögel und Schildkröten waren bekannt dafür, nicht giftig zu sein, und so war es ihr Schicksal, in ihrer Heimat Mauritius, auf halbem Weg zwischen Afrika und Indien gelegen, zu dem zu werden, wofür wir Menschen die Biodiversität, die zweite Protagonistin dieses Buches, am meisten nutzen: als wertvolle Ressource fürs Überleben und Wohlergehen.
    Betrachtet man allein die letzten 250 Jahre, hat der Mensch mit dieser Einstellung viel in der Natur verändert: Tierarten wurden ausgerottet, Wälder in riesigem Ausmaß abgeholzt, Flüsse verschmutzt, die Atmosphäre wurde durch seit Jahrmillionen von der Natur im Gestein eingelagerten und durch den Menschen wieder freigesetzten Kohlenstoff verändert und das Klima damit nachhaltig beeinflusst. Seit einigen Jahrzehnten bewegt der Mensch mehr Erdmasse pro Jahr als die Natur durch Vulkane, natürliche Erosion und andere Phänomene.
    Dabei steht für den Menschen wie für alle anderen Arten in letzter Konsequenz das Überleben im Mittelpunkt: Bei allen Naturveränderungen geht es uns um die Sicherstellung unserer Existenz und unseres Wohlergehens. In etlichen Regionen der Erde beschränkt sich dies in erster Linie auf die eigene Ernährung und Gesundheit, viele Gesellschaften haben sich mit ihrer Entwicklung aber weit davon entfernt. Energieversorgung, Telekommunikation und andere Dinge des „Wohlbefindens“ entlassen uns immer mehr aus der direkten Abhängigkeit von der Natur, wie sie ein ausgehungerter Seemann erlebt, der auf Mauritius auf einen Dodo trifft. Das erledigen für uns heute der Supermarkt und die Steckdose. Wirtschaft und Natur, so meinen wir ganz selbstverständlich, sind eher Gegensätze, als dass sie sich vertragen könnten.
    Andererseits fasziniert uns die Natur: Die Komplexität, die die Evolution des Lebens hervorgebracht hat und deren Teil der Mensch ist, zieht uns in ihren Bann, im alltäglichen Leben ebenso wie in der Forschung. Naturforscher wie Alexander von Humboldt und Charles Darwin stehen hier am Anfang, und noch sind viel Fragen ungeklärt. Noch immer kennen wir nur einen Bruchteil der Arten dieser Erde – 19 000 neu beschriebene Arten sind im Jahr 2010 zu den derzeit bekannten ca. 1,7 Millionen dazugekommen. Verschiedene Schätzungen gehen davon aus, dass es mindesten fünf, vielleicht auch dreißig Millionen Arten gibt. Noch weit weniger Wissen haben wir darüber, wie diese Arten zusammenwirken; im Kleinen unseres Menschenmagens, wo Bakterien dafür sorgen, dass Nahrung effizient verdaut wird, wie im Großen bei den Regenwäldern des Amazonas, die das Klima eines ganzen Kontinents prägen.
    Auch die Erforschung der Natur stand anfänglich vornehmlich im Lichte ihrer Nutzbarmachung. Lange ging es
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