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Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource

Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource

Titel: Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource
Autoren: Carsten Neßhöver
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schnellstens aus dem Ameisennest, denn seine chemische Tarnkappe funktioniert nun nicht mehr.
    Wir empfinden Naturdokumentationen im Fernsehen als schön, wenn sie viele verschiedene Tiere, Pflanzen und Landschaften zeigen. Wirklich fasziniert sind wir aber erst, wenn die Zusammenhänge und Funktionen der Natur dargestellt werden – von der Jagd eines Bären auf Lachse als Basis für seinen Winterschlaf ebenso wie von der Wanderung des Knutts, eines Schnepfenvogels, der von Sibirien aus über das Wattenmeer nach Nordafrika zieht, mit Nonstopflügen von 5000 Kilometern. Diese Vielseitigkeit der Zusammenhänge in der Natur erst macht die Biodiversität wirklich aus.
    Große wissenschaftliche Entdeckungen erwachsen sehr häufig aus sehr einfachen Fragen, etwa derjenigen, warum es so viele Arten und innerhalb derselben eine solch hohe genetische Verschiedenheit gibt. Charles Darwin und Alfred Wallace waren es, die mit ihren Erkenntnissen zur Evolution die Grundlage zur Klärung dieser Frage legten; seither hat die Wissenschaft viele weitere Aspekte dieser Vielseitigkeit der Natur betrachtet und ist zu faszinierenden Ergebnissen gekommen – wie etwa beim Ameisenbläuling.
    Die Faszination entspringt, neben der Vielfalt selbst, einer weiteren Dimension der Biologischen Vielfalt, bei der wir uns wesentlich schwerer tun, sie in ihrer Breite zu erfassen und zu verstehen. Es geht darum, mit welcher Vielseitigkeit die Natur die bestehenden Ressourcen – an Wasser, Nährstoffen und Energie – effizient ausnutzt, und zwar in einem begrenzten Raum und mit einer gewissen Arbeitsteilung, wie der Ökologe Wolfgang Haber es ausdrückt. Seit Jahrmillionen hat die Natur diese Vielseitigkeit entwickelt, hat Nahrungsnetze entstehen lassen, in denen Energie dadurch optimal genutzt wird, dass eine Pflanze durch Sonnenenergie und CO 2 organische Materie produziert, die von vielen kleinen Tieren gefressen wird. Diese wiederum werden von größeren Tieren gefressen, und der verbleibende Rest dieser Kaskade an Energieverwertung wird durch Mikroorganismenneu aufbereitet und für den Kreislauf erneut zugänglich gemacht. Das menschliche System von Produktion und Abfallverwertung ist von einer solchen Effizienz noch meilenweit entfernt.
    Durch dieses Zusammenwirken in der Natur sind Systeme entstanden, die Energieflüsse über Hunderttausende von Jahren aufrechterhalten können und in denen sich die Arten immer weiter spezialisieren und anpassen konnten, teilweise bis hin zu hoch komplexen und sorgsam austarierten Lebensweisen. Der Ameisenbläuling ist nur ein Beispiel, ebenso der Dodo, der es aufgrund fehlender Feinde auf der Insel Mauritius aufgab, zu fliegen, und sich stattdessen im Leben eines Bodenbewohners einfand.
    Auch die Ameisen sind ein Beispiel dafür, wie es der Natur gelingt, durch Vielseitigkeit das Optimale fürs Überleben herauszuholen. Ameisen haben sich im Laufe der Evolution extrem stark spezialisiert und die Arbeitsaufgaben im Ameisenstaat vielseitig verteilt: Die Reproduktion obliegt allein der Königin und einem (oder einigen wenigen) Männchen, dem Rest des Staates kommen spezielle Aufgaben zu, sei es die der Nahrungsbeschaffung, der Verteidigung, der Beseitigung von Abfall oder der Versorgung der Brut.
    Und diese Vielseitigkeit der Biodiversität findet sich auf allen nur denkbaren Skalen. Ganze Systeme von Organismen existieren auf engstem Raum, etwa in wenigen Millilitern Wasser, wo ein Spektrum an Mikroorganismen zu einem dynamischen Gleichgewicht im Zusammenleben kommt. Am anderen Ende der Skala stehen halbe Kontinente, etwa wenn der Amazonas-Regenwald mit seiner Aktivität den Kreislauf aus Verdunstung und Regen sicherstellt, den er zu seinem Überleben benötigt.
    Im Jahr 1935 erfand der englische Botaniker Arthur George Tansley dafür den Begriff Ökosystem – „Beziehungsgeflechte zwischen Organismen und ihrer Umwelt auf begrenztem Raum“, wie es in einem der vielen Lehrbücher der Ökologie anschaulichheißt. Der Mensch ist ein expliziter Teil davon, denn schließlich beeinflussen wir durch die Bewirtschaftung der Natur aktiv diese Beziehungsgeflechte, etwa wenn wir die Wiese des Wiesenknopf-Ameisenbläulings mähen oder durch Tiere beweiden lassen, weswegen der Wiesenknopf oder die Ameise, die der Ameisenbläuling zum Überleben braucht, verschwinden.
    Auch Ökosysteme, egal ob es sich um wenige Milliliter Wasser handelt oder den gesamten Amazonas-Regenwald mit seinen ca. sechs Millionen
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