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0622 - Das Monstrum von der Nebelinsel

0622 - Das Monstrum von der Nebelinsel

Titel: 0622 - Das Monstrum von der Nebelinsel
Autoren: Jason Dark
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uns gegenüber und aßen. Ich schaute sie immer an und wunderte mich, mit welch einer Sicherheit sich die blinde Frau bewegte. Das jahrelange Training machte sich schon bezahlt.
    »Vermißt du dein Zuhause eigentlich nicht?« fragte ich, als wir gegessen hatten.
    »Nein.«
    »Ich wunderte mich darüber. Dein Haus war etwas Wunderbares, wenn ich das so sagen darf.«
    »Es stimmt schon, aber ich kann nicht stehenbleiben, ich muß meinen Weg gehen, John.«
    »Wobei wir beim Thema wären.«
    Melu hatte verstanden, denn sie sagte: »Das ist durchaus möglich.« Sie drückte sich zurück und »schaute« auf mich.
    »Du hast mich gesucht, Melu. Bisher warst du sehr verschwiegen, doch nun möchte ich den Grund dafür erfahren. Was ist los? Was bedrückt dich? Es sind doch nicht nur die Geister deiner verstorbenen Eltern, die dich bedrängen – oder?«
    »Da hast du recht.«
    »Was ist es dann?«
    »Vielleicht ein Fluch.« Sie sagte es, während Unruhe in ihr hochstieg, denn sie konnte die Hände nicht ruhig halten und schabte mit den Flächen über die Tischdecke.
    »Welcher Fluch?«
    Melu hob die Hand spreizte zwei Finger und deutete auf ihre Augen. »Meine Blindheit.«
    »Nur sie?« fragte ich skeptisch.
    »Ich möchte nicht mehr blind sein.«
    »Das kann ich mir denken. Als ich das Kreuz aktivierte, hast du ja schon etwas sehen können…«
    »Nicht die normale Welt. Ich schaute hinein in andere Dimensionen, ich sah meine eigentliche Heimat.«
    »Avalon also?«
    »Ja, die wunderschöne Insel. Dort muß ich hin, John.« Ihre Stimme klang drängend. »Nur dort kann ich wieder normal werden. Das heißt, ich muß nach Avalon, um mich von meiner Blindheit befreien zu können. Das ist mein Problem.«
    »So etwas Ähnliches habe ich mir schon gedacht, Melu. Das ist auch völlig legitim, daß du versuchst, die einzige Chance zu nutzen. Nur – was habe ich damit zu tun?«
    »Du kannst mir helfen.«
    »Inwiefern?«
    Sie senkte den Kopf, als würde sie sich schämen, mir eine ehrliche Antwort zu geben. Ihre Hand bewegte sich unruhig über die Tischplatte. »Du kannst mir wirklich helfen, es ist nicht schwer, du bist der einzige, der die Brücke schlagen kann.«
    »Wie?«
    »Durch Magie.«
    »Das ist mir zu vage.«
    Sie nickte. »John, das glaube ich dir. Ich möchte mich schon jetzt bei dir entschuldigen, denn ich weiß, daß es nicht so einfach für mich ist, die Insel zu erreichen. Es gibt da ein Hindernis, glaube ich. Es ist eine Gestalt auf einem Pferd. Man nennt sie den dunklen Reiter, der Wächter, den Wanderer. Er muß überwunden werden, er ist das Hindernis, ihn muß man bekämpfen.«
    »Hast du ihn schon gesehen?«
    »Ja, in meinen Wahrträumen. Er ist nicht schwarz, grau oder dunkel, sondern eine bleiche Gestalt, die auf einem ebenso bleichen Pferd hockt und die Dimensionstore geschlossen hält. Du aber bist in der Lage, sie zu öffnen.«
    »Schön, Melu. Gesetzt den Fall, es gelingt mir, das Tor zu öffnen. Was wird der Reiter tun? Wie wird er reagieren?«
    »Er wird sich gegen dich stellen, John. Er wird zu deinem Feind werden, glaub mir.«
    »Hast du davor Angst?«
    Sie nickte. »Ja – schon. Ich habe davor große Angst. Ich will nicht, daß mein Gesunden mit deinem Opfer zusammenhängt.«
    »Weshalb hast du mich dann gesucht?«
    »Ich wollte zumindest einen Versuch wagen, das war es. Aber er ist mir wohl mißlungen.«
    »Irgendwo schon«, gab ich zu. »Aber du hast es trotzdem raffiniert angestellt, denn ich bin neugierig geworden. Bestimmt weißt du auch, daß ich, habe ich einmal Blut geleckt, die Spur nicht mehr loslasse. Oder denkst du anders darüber?«
    »Nein.«
    »Dann sollten wir uns zusammenschließen und es wagen. Wir werden dem Reiter die Stirn bieten. Okay?«
    »Ich habe gehofft, daß du so reagierst. Außerdem geht es um Avalon. Ich weiß, daß diese Insel existiert, John, denn ich habe sie schon des öfteren gesehen. Sie ist zudem meine Heimat, die ich sehr liebe, und nur auf der Insel kann ich mein Augenlicht zurückbekommen und wieder glücklich werden wie früher.«
    »Du warst nicht von Geburt an blind?«
    »Nein, ich wurde blind, weil ich etwas sah, das ich nicht sehen sollte.«
    »Was war es?«
    Melu hob mit einer bedauerlich wirkenden Bewegung die Schultern. »Es tut mir leid, das weiß ich nicht. Ich habe es vergessen, es ist einfach schon zu lange her.«
    Das nahm ich ihr vorerst ab. Während unseres Gesprächs hatte ich auch an Karas Warnung gedacht, die sie nicht grundlos ausgesprochen
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