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0603 - Nächte des Schreckens

0603 - Nächte des Schreckens

Titel: 0603 - Nächte des Schreckens
Autoren: Andreas Kasprzak
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den Ort hinter sich gelassen hatten, tauchte vor ihnen ein Waldweg auf, in dem sie immer zu wenden pflegten.
    Ohne den Blinker zu betätigen -schließlich war zu dieser frühen Stunde sowieso noch niemand auf den Straßen unterwegs -, bog Deputy Wilson in den Weg ein. Er war mit den Gedanken noch immer bei den zahlreichen Nachteilen der Frühschicht…
    ...deshalb sah er den Mann mit dem langen Mantel erst, als es bereits zu spät war!
    Der Mann krachte mit voller Wucht in die Windschutzscheibe des Streifenwagens. Ein Netz aus langen Sprüngen breitete sich auf dem Sicherheitsglas aus. Der Schrei ging im Kreischen der Bremsen unter.
    Erst wenige Meter weiter kam der Wagen zum Stehen, da stieß der Sheriff bereits die Beifahrertür auf, er sprang aus dem Fahrzeug, während sein Deputy mit weit aufgerissenen Augen hinter dem Lenkrad saß und den Mann auf der Motorhaube anstarrte.
    Sheriff Brown beugte sich über ihn und drehte den Mann vorsichtig um. Er war davon überzeugt, daß der Bursche tot war, daß er sich bei dem Crash das Genick und ein halbes Dutzend weiterer Knochen gebrochen hatte.
    Doch plötzlich packte ihn der Kerl am Arm, richtete sich mit einem Ruck auf, starrte den Sheriff an.
    Blut rann aus einer Platzwunde an der Stirn, seine Augen funkelten im Wahnsinn.
    »Mama«, krächzte er heiser. »Komm zu Mama…«
    Erschrocken schüttelte Sheriff Brown die Hand des Kerls ab, trat zwei Schritte zurück. Automatisch wanderte seine Hand zum Hüftholster, zu seiner Smith & Wesson Police Special. Der Kerl war ihm nicht ganz geheuer.
    Das Gesicht des Mantelträgers war eingefallen und grau wie das eines sehr alten Menschen. Das Haar war schlohweiß. Jetzt rutschte er von der Motorhaube zu Boden. Er schien überhaupt nicht mitbekommen zu haben, was mit ihm passiert war.
    Keuchend rappelte er sich wieder auf, während blutige Speichelfäden aus seinem Mund liefen, und er murmelte ununterbrochen: »Mama… Komm zu Mama…«
    »Du lieber Gott…«, murmelte Brown.
    Man brauchte kein Mediziner oder Psychologe zu sein, um zu sehen, daß der Mann wahnsinnig war. Komplett wahnsinnig.
    Deputy Wilson stieß die Fahrertür des Wagens auf und stieg aus. Unsicher ging er um den Wagen herum und musterte mit fassungslosem Blick den Mann mit dem schmutzigen, knielangen Mantel und dem weißen Haar, der ununterbrochen vor sich hinbrabbelte.
    Dann sah Wilson den Sheriff fragend an. »Ist das nicht…?«
    Sheriff Brown nickte. »Mike Myers, ja.«
    Er hatte den Mann nicht gleich erkannt, obwohl Myers in den letzten paar Monaten mehr als einmal in der Ausnüchterungszelle von Hidden Place übernachtet hatte. Doch er war es, ganz ohne Zweifel.
    Auch wenn sein einstmals braunes Haar plötzlich so weiß wie frisch gefallener Schnee war.
    Deputy Wilson musterte den Obdachlosen immer noch benommen, der nun mit unstet flackernden Augen zwischen ihnen stand, während ihm das Blut aus der Stirn wunde übers Gesicht lief. Es schien ihn nicht zu stören. Er schwankte hin und her wie ein Baum im Wind und rief, keuchte, flüsterte ohne Pause nach seiner Mutter.
    »Was zur Hölle ist mit ihm passiert?«
    Brown zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Offensichtlich ist bei dem Guten die Hauptsicherung durchgeknallt. Plemplem.« Er machte eine entsprechende Handbewegung.
    »Aber warum?« wollte Wilson wissen. Als er Myers zuletzt gesehen hatte, war der zwar betrunken, aber geistig zumindest halbwegs normal gewesen. Wilson konnte sich nicht erklären, was mit ihm geschehen war.
    »Keine Ahnung«, wiederholte der Sheriff. Auch er musterte Myers, der angefangen hatte, wirres Zeug zu stammeln, das keinen Sinn ergab. »Am besten, wir bringen ihn zu Dr. Jackson.«
    Deputy Wilson nickte. »Okay.«
    Sheriff Brown ging einen Schritt auf den Mantelträger zu, die Hand noch immer in Reichweite seines Revolvers. Er wollte ihn anweisen, in den Streifenwagen zu steigen.
    Doch bevor er dazu kam, sprang Myers mit einem Mal auf ihn los! Er stürzte sich auf den Beamten wie ein wildes Tier auf seine Beute, und er schrie dabei aus voller Kehle.
    Zusammen stürzten die beiden Männer zu Boden.
    Sheriff Brown keuchte angestrengt, als Myers ihn mit beiden Händen zu würgen begann. Aber dann packte er die Arme des Wahnsinnigen, um sich aus dessen Griff zu befreien.
    Doch - er schaffte es nicht!
    Der Wahnsinn verlieh Myers Bärenkräfte!
    Schon spürte Brown, wie ihm die Luft knapp wurde, während Myers rittlings auf ihm saß und ihm ins Gesicht schrie: »Das Haus! Das Haus
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