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0603 - Nächte des Schreckens

0603 - Nächte des Schreckens

Titel: 0603 - Nächte des Schreckens
Autoren: Andreas Kasprzak
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seinen derben Stiefeln, knirschten leise.
    Mike Myers blieb vor der Tür stehen, drehte probeweise den Knauf, doch vergebens. Die Haustür war verschlossen. Auch oben auf dem Rahmen lag kein Schlüssel, den die ehemaligen Bewohner dort vergessen haben könnten.
    Darum wandte sich Mike dem Fenster rechts der Tür zu, griff nach dem obersten Brett, mit dem es vernagelt war, und zog kräftig daran. Nachdem er das Holzbrett vom Fensterrahmen gelöst hatte, legte er es auf die Veranda und wandte sich dem nächsten Brett zu.
    Die Fensterscheibe war längst nicht mehr vorhanden, so warf Mike seinen Rucksack in das Gebäude und kletterte dann hinterher.
    Drinnen roch es nach Staub, verrotteten Tapeten und Schimmel. Wie in jedem alten Haus, das über längere Zeit leerstand.
    Als sich seine Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten, sah sich Mike Myers um und stellte fest, daß er sich in der Diele der Villa befand. Eine dicke Staubschicht bedeckte den Boden. Möbel gab es keine. Die Stellen, an denen früher Bilder an den Wänden gehangen hatten, wurden durch helle Quadrate gekennzeichnet.
    Eine Treppe führte in den ersten Stock des Hauses hinauf, das Geländer über und über mit Spinnweben verziert.
    Wie viele Jahre mochte es her sein, seit jemand seinen Fuß in dieses Haus gesetzt hatte? Zehn? Zwanzig? Dreißig?
    Myers vermochte es nicht zu sagen, und es war ihm auch egal. Er hob seinen Rucksack vom Boden auf, schwang sich einen der Riemen über die Schulter, dann machte er sich auf die Suche nach einem geeigneten Plätzchen für die Nacht.
    Von der Diele des alten Hauses gingen drei Türen ab. Mike entschied sich für den Durchgang links und betrat einen Raum, der früher einmal das Eßzimmer gewesen sein mußte.
    Eine nackte Glühbirne baumelte an einem Kabel von der Decke herab. Auf den Dielen lagen die verstreuten Seiten einer Zeitung, bereits so vergilbt, daß das Papier zerbröselte, als er darauf trat.
    Das Licht hier ließ wirklich schwer zu wünschen übrig. Mike öffnete seinen Rucksack, holte seine Taschenlampe hervor und schaltete sie ein.
    Wie ein Geisterfinger durchschnitt der milchige Strahl das Zwielicht, um dem Obdachlosen den Weg zu weisen.
    Nachdem er sich im Eßzimmer umgesehen hatte, wandte er sich der Tür zu, die von dem Raum abging. Durch sie gelangte er in die Küche.
    Auch hier überall Staub und Mäusedreck. Eine eingebaute Spüle. Ein klobiger, altmodischer Kühlschrank in der Ecke. An der Wand hing ein verblaßter Kalender aus dem Jahre 1962.
    Mike ging hinüber zum Kühlschrank und öffnete neugierig die Tür. Aus dem Innern des Geräts drang ihm ein widerwärtiger Geruch entgegen. Flach durch den Mund atmend, inspizierte Mike den Kühlschrank. Er stellte fest, daß sich die Apparatur hervorragend als Brutplatz für Pilze eignete. Außerdem wimmelte es in den Fächern vor Maden, die sich an einer undefinierbaren, ekligen Masse zu schaffen machten, als wäre es ein Festmahl.
    Angewidert schlug Mike den Kühlschrank zu und setzte seine Besichtigungstour des Hauses fort.
    Von der Küche führte eine Tür zurück in die Diele. Den Rucksack in der einen, die Lampe in der anderen Hand stieß Mike die dritte Tür auf und betrat einen Raum, der das Wohnzimmer zu sein schien.
    Von der Decke hingen die Reste eines Leuchters, rostig und voller Spinnweben. Die Tapeten blätterten von den Wänden. In einer Ecke lagen zwei zerdrückte Bierdosen, rot von Rost. Sie verrieten dem Obdachlosen, daß irgendwann mal ein ›Kollege‹ von ihm hier übernachtet hatte.
    Durch die Ritzen zwischen den Brettern, mit denen die Fenster vernagelt waren, fiel bleiches Mondlicht in den Raum, zauberte Muster auf den staubigen Fußboden.
    Mike sah sich um und beschloß, hier im Wohnzimmer sein Nachtlager aufzuschlagen. Er stellte seinen Rucksack auf die Dielen, schnürte den Schlafsack ab und breitete ihn auf dem Boden aus. Dann setzte er sich darauf, um im Licht der Lampe sein karges Abendessen einzunehmen, ein trockenes Brötchen, einige Scheiben Hartwurst und Wasser aus seiner Feldflasche.
    Nachdem er zu Ende gegessen hatte, verstaute er die Reste der Mahlzeit wieder in seinem Rucksack und warf einen Blick auf seine billige Timex-Armbanduhr.
    Es war Viertel nach elf.
    Zeit, sich aufs Ohr zu hauen.
    Er legte sich der Länge nach auf den Schlafsack und faltete die Hände hinter dem Kopf. Er schaute zur Zimmerdecke hinauf, während sich sein Kopf allmählich leerte wie ein Aquarium, aus dem man das Wasser abfließen
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