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0603 - Nächte des Schreckens

0603 - Nächte des Schreckens

Titel: 0603 - Nächte des Schreckens
Autoren: Andreas Kasprzak
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ausgestreckten Händen kam sie auf Mike zu.
    Der Obdachlose wich vor ihr zurück, panisch, hysterisch. In seinem Kopf drehte sich alles. Dunkle Nebelschwaden wallten an den Rändern seines Bewußtseins und drohten, ihm die Sicht zu rauben. Sein Gehirn war vollkommen leer. Wie in Trance warf er sich zur Seite, rannte nach links…
    Doch keine drei Schritte vor ihm war wieder seine Mutter, die verweste Fratze in haßerfülltem Triumph verzerrt, und sie näherte sich ihm kichernd.
    »Michael«, krächzte sie spöttisch. Es klang, als würde die Hölle selbst ihn rufen. »Michael…«
    Mike kreischte vor Panik, wollte in eine andere Richtung laufen, nur weg von dieser grauenvollen Kreatur.
    Aber er hatte keine Chance.
    Denn wohin auch immer er sich wandte, seine Mutter war bereits da. Links, rechts, vorne, hinten… Er drehte immer wieder um die eigene Achse, wirbelte im Kreis herum, panisch vor Angst. Doch er konnte sie einfach nicht abschütteln.
    Seine Mutter war überall.
    Sie war allgegenwärtig, genau wie damals.
    Es gab kein Entkommen vor ihr.
    Diese Erkenntnis versetzte Mike den finalen Schlag. Den Schlag, der ihn über den Rand des gähnenden Abgrunds, an dem er seit Jahren wandelte, hinwegtrug.
    Michael Myers Verstand stürzte in die Tiefe.
    Gleichzeitig drang seine Mutter auf Mike ein, packte ihn mit ihren Klauenhänden am Hals, schüttelte und würgte ihn wie eine Stoffpuppe.
    »Kein Entkommen!« jubelte sie triumphierend. »Kein Entkommen! Kein Entkommen für Muttermörder!«
    Mike setzte sich nicht zur Wehr. Er stand einfach nur da, ließ die Arme an den Seiten hängen und starrte ins Leere.
    Nach Moder und Verwesung stinkender Speichel spritzte ihm ins Gesicht, als seine Mutter ihn voller Verachtung anspie. Doch er merkte es nicht einmal.
    Er bemerkte überhaupt nichts mehr.
    Denn Michael Myers hatte den Verstand verloren.
    ***
    »Frühdienst ist nichts für mich«, meinte Deputy Peter Wilson, als er den blau-weißen Streifenwagen in Richtung Ortsausgang von Hidden Place lenkte. »Echt, ich hasse diesen verdammten Frühdienst.«
    Sheriff Tyler Brown, ein Schrank von einem Mann, sah ihn vom Beifahrersitz aus fragend an. »Und warum?«
    »Na, wegen vieler Dinge«, erwiderte Wilson. »Zunächst mal kann ich es nicht ausstehen, mir die Nacht um die Ohren zu schlagen, während alle anderen friedlich in ihren Betten vor sich hinschnarchen. Dann hasse ich es, mich morgens hinlegen zu müssen, wenn der Rest der Welt aus den Federn kriecht. Da kommt man sich doch vor wie ’n Vampir! Und das für die paar Kröten, die sie uns zahlen!« Er griff nach dem Plastikbecher, der in der Halterung am Türgriff steckte.
    Sheriff Brown seufzte. »Sonst noch was?«
    Peter Wilson trank einen Schluck und verzog angewidert das Gesicht. »Ja«, sagte er voller Abscheu. »Der Kaffee, den Rita für die Frühschicht kocht, schmeckt zum Kotzen.«
    Der Sheriff gluckste amüsiert. »Wenn du so viel am Polizeidienst auszusetzen hast, warum bist du dann nicht Vertreter, Elektriker oder sowas geworden?«
    »Weil man in diesen Jobs während der Arbeit keine Uniform tragen darf«, erwiderte der Deputy im Scherz.
    »Das ist natürlich ein Grund«, pflichtete Brown ihm bei.
    Pete Wilson steckte den Becher in die Halterung zurück und lenkte den Wagen einhändig über den Provincial Highway 113, der mitten durch Hidden Place hindurchlief. Die Straße war so etwas wie die Lebensader des kleinen Ortes. Links und rechts ragten Nadel- und Laubbäume auf. Der Himmel begann sich im Osten über den Wipfeln des Sleeping Giant National Forest bereits rotgolden zu verfärben.
    Der neue Tag brach an.
    Mit abgeblendeten Scheinwerfern fuhr der Streifenwagen die Landstraße entlang, ließ den Ort hinter sich, der still und ruhig in der Dämmerung lag, eine Ansammlung von dreihundert Häusern, die sich in den weitläufigen Wald des Nationalparks schmiegte.
    Die Nacht war völlig ereignislos verlaufen. Keine Störungen. Aber das war normal. Die Male, wo es im Sleepy Wheepy, der einzigen Kneipe des Ortes, in den letzten Jahren zu Prügeleien zwischen angetrunkenen Holzfällern gekommen war, die konnte man an einer Hand abzählen.
    Im Gegensatz zu seinen drei jungen Deputys genoß Brown die Ruhe von Hidden Place. Er hatte, bevor er hierher kam, zehn Jahre bei der Polizei in New York City gearbeitet. Was er dort Tag für Tag erlebt hatte, reichte für den Rest seines Lebens.
    Das hieß jedoch nicht, daß er eine ruhige Kugel schob.
    Etwa eine Minute, nachdem sie
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