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06 - Prophet der Apokalypse

06 - Prophet der Apokalypse

Titel: 06 - Prophet der Apokalypse
Autoren: Michael J. Parrish
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Herr?«
    »Nein, sorge dich nicht«, beeilte sich der Kazike zu sagen. »Es ist nur so, dass ich eine heikle Aufgabe für jemanden habe, dem ich absolut vertrauen kann. Ich muss mir vollkommen sicher sein, dass das damit verbundene Geheimnis gewahrt bleibt, selbst meiner Familie gegenüber.«
    In Puucs von Furchen übersäte Miene mischte sich Erstaunen. Und eine Prise Angst. »Schneidet mir die Zunge ab, Herr, sollte auch nur das geringste Wort über meine Lippen kommen.«
    Al Ahaual musterte ihn streng, und obwohl auch Wohlwollen in seinem Blick lag, versetzten seine nächsten Worte Puuc einen Stich. »Sollte das geschehen, schneide ich dir höchstpersönlich mehr als nur die Zunge ab, mein treuer Freund, das versichere ich dir. Und nun höre. Hör ganz genau zu. Ich will, dass du etwas für mich herstellst, dem die Zeit nichts anzuhaben vermag.«
    Puuc nickte zurückhaltend und hörte sich an, was Ah Ahaual von ihm erwartete.
    ***
    Einen Mond später
    Husten und Hämmern wiesen Ah Ahaual den Weg. Er betrat die Höhle und ging auf die Geräusche zu. Der Schein seiner Fackel glitt über Boden, Wände und Decke. Vor ihm flackerte noch mehr Licht; dort, wo Puuc zugange war.
    Als er Schritte hörte, griff der Alte zu einer Keule, die er wahrscheinlich ebenso geschickt zu benutzen wusste wie Hammer und Meißel.
    Beschämt senkte er im nächsten Augenblick die Waffe. »Meine Augen sind nicht mehr so scharf, Herr, vergebt mir.«
    Ah Ahaual trat zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter. Puuc schien seit ihrer letzten Begegnung um einiges hinfälliger geworden zu sein. Doch die Wand, vor der sie standen, erklärte dies – und entschuldigte alles.
    »Du bist immer noch ein Meister deiner Kunst«, beschied ihm der Kazike.
    »Ihr seid zu gütig, Herr, zu gütig.«
    Ah Ahaual ließ den Blick über das große Relief schweifen, das der alte Mann nach seinen Angaben im Schweiße seines Angesichts und in wochenlanger Arbeit aus dem Fels geschlagen hatte. Es stellte eine Karte dar, mit deren Hilfe jener Ort gefunden werden konnte, an dem Ah Ahaual den Himmelsstein versteckt hatte.
    Aber natürlich war es keine Karte, die jeder lesen konnte. Nur mit dem Wissen um die Geschichte seines Volkes und der Schlauheit der Götter würde man sie enträtseln können. War der »Weiße« ein Betrüger, wovon Ah Ahaual überzeugt war, könnte nicht einmal er etwas damit anfangen – wohl aber die wahren Götter. Nur eine letzte Absicherung fehlte noch …
    »Seid Ihr zufrieden mit meiner Arbeit?«, fragte Puuc leise.
    »Mehr als zufrieden, mehr als das, mein Freund«, sagte Ah Ahaual so zutraulich, wie der Baumeister ihn vermutlich noch niemals erlebt hatte. »Du hast dich strikt an meine Anweisungen gehalten, mehr kann ich nicht verlangen. Alle Hinweise bündeln sich zur Mitte des Reliefs hin. Du kannst mit Recht stolz auf dich und diese Arbeit sein.«
    »Herr, Ihr macht mich verlegen.«
    Ah Ahaual zögerte kurz, dann sagte er: »Es mag seltsam für dich klingen, aber um das Werk zu vollenden, musst du noch einmal Hand anlegen.«
    »Was fehlt, Herr? Hat sich etwa doch ein Fehler eingeschlichen?«
    »Nein. Es ist perfekt. Zu perfekt, um seinen Zweck zu erfüllen .«
    Die Miene des Alten verzog sich fragend. Er verstand nicht; wie sollte er auch? »Was soll ich noch hinzufügen?«
    Ah Ahaual schüttelte den Kopf. »Nichts hinzufügen. Du sollst etwas herausnehmen .«
    Auf Puucs Gesicht legte sich Bestürzung, als Ah Ahaual ihm seinen Wunsch erläuterte und mit dem Ruß der gelöschten Fackel Markierungen auf das Relief malte. »Aber Herr –«
    »Sei versichert, dass mein Befehl keiner Willkür entspringt und gewiss nicht in der Absicht, deine Leistung zu verhöhnen. Vertrau mir.«
    »Wenn Ihr es sagt und wünscht, Herr.« Puuc hatte seine Fassung wiedergewonnen. »Ich werde unverzüglich beginnen.«
    »Gib mir Nachricht, wenn du fertig bist.«
    Ah Ahaual verließ die Höhle, in der Puuc sein Werk in ungewöhnlicher Weise vollendete – indem er es zerstörte.
    ***
    Eine Woche darauf
    »Du wurdest mir von deinem Vater empfohlen, junger Sayil.«
    Der Krieger, der vor Al Ahauals Thron stand, verbeugte sich.
    »Du hast weder Weib noch Kind«, fuhr der Kazike fort, »und deine Jugend ist ein Garant für Stärke – die wirst du brauchen, denn noch nie ging jemand dorthin, wohin ich dich und ein paar andere Auserwählte senden will.«
    Sayils Miene blieb unbeeindruckt; er hatte sich gut in der Gewalt. Er war Puuc wie aus dem Gesicht
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