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0572 - Zarkahrs Braut

0572 - Zarkahrs Braut

Titel: 0572 - Zarkahrs Braut
Autoren: Werner Kurt Giesa
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endlosen Korridore von Château Montagne. Irgendwie, fand sie, hatte Fooly recht. Wenn auch in etwas anderem Zusammenhang. Schließlich hast du keinen Mann, hatte er gesagt.
    Der Mann, den sie vor Jahren geheiratet hatte, lebte nicht mehr. Zumindest nicht mehr in dem Körper, mit dem er sie einst geliebt hatte.
    Sir Bryont Saris, Laird ap Llewellyn…
    Eine Ewigkeit schien es zurückzuliegen.
    Dreieinhalb Jahrhunderte oder mehr war er alt gewesen und doch biologisch ein Mann mittleren Alters. Ein Lord der Erbfolge, die den Saris-Clan seit unvorstellbarer Zeit bestimmte - einer Legende nach sollte der erste Llewellyn noch den letzten Saurier gesehen haben.
    Jeder Lord der Erbfolge wurde immer exakt ein Jahr älter als der vorherige, genau neun Monate vor seinem vorbestimmten »Tod« hatte er einen Sohn zu zeugen, und wurde dieser geboren, starb der alte Erbfolger, damit sein Geist, sein Bewußtsein, in den neugeborenen Körper schlüpfte.
    So gesehen, war der kleine Rhett mit seinem Vater Bryont identisch. Er würde heranwachsen, und irgendwann, wahrscheinlich in der Pubertät, würde die Erinnerung an seine früheren Leben und sein magisches Können wieder erwachen.
    Damals, als sie heirateten, war Lady Patricia über diese Konsequenz informiert gewesen. Sie liebte diesen Mann über alles, und sie wollte es nicht anders - wenn er schon seine Existenz als Sir Bryont aufgeben mußte, wollte wenigstens sie es sein, die ihm ein neues körperliches Leben schenkte und ihren einstigen Ehemann als ihren Sohn aufzog…
    Nun fieberte sie seiner Bewußtwerdung entgegen, dem Aufblitzen in seinen Augen, wenn aus dem Kind der Erbfolger wurde und die Erinnerungen durchbrachen. Wenn er erkannte, wer und was er war - und daß sie, Patricia, mehr war als nur seine leibliche Mutter.
    Ihr war klar, daß ihre Liebe nie wieder so sein würde wie einst. Aber darum ging es ihr nicht. Sie liebte seine Persönlichkeit, und das war weitaus bedeutender als alles andere.
    Trotzdem, sie war eine junge Frau, die das Leben brauchte, mit allem, was dazu gehörte. Gefühl, Zärtlichkeit, Liebe…
    Doch in den letzten drei Jahren hatte sie kaum neue Bekanntschaften geschlossen. Anfangs hatte der Junge ihr wenig Zeit dafür gelassen, später stellte sie fest, daß die wenigen Männer aus dem Dorf, die ihr gefielen, bereits an andere Frauen vergeben waren, und Patricia war nicht der Typ, einen anderen Menschen nur um ihrer selbst willen zu verletzen.
    Und daheim in Schottland, in Cluanie, lebten größtenteils nur noch alte Leute, denn die Jugend war in die größeren Ortschaften gezogen, wo es Arbeitsplätze gab. Auch deshalb wollte Patricia nicht so bald wieder dorthin zurück; in ihrer Altersgruppe gab es dort zu wenige Menschen. Und Kinder, mit denen Rhett spielen konnte, auch nicht.
    Langsam, aber sicher machte sich bei ihr bemerkbar, das etwas Entscheidendes in ihrem Leben, in ihrer Jugend, fehlte. Ihre Liebe zum Erbfolger stand dabei nicht im Wege, sie betrog ihren »toten« Mann nicht, wenn sie das Glück der Liebe suchte. Beiden war damals völlig klar gewesen, was geschehen würde und auch geschehen mußte. Daß es für ihre Art von Bindung keine normalen Maßstäbe gab.
    Auch der Lord hatte niemals sein Herz nur an eine einzige Frau binden können. In den weit mehr als dreihundert Jahren seiner Lebensspanne, die er allein als Bryont Saris zubrachte, hatte er mehrere geliebte Frauen überlebt, und Rhett Saris würde es nicht anders ergehen. Bryont hatte Patricia geliebt, doch über die Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg würde es immer wieder Frauen geben, denen er seine Liebe schenken würde, das war ganz sicher. Kein Mensch konnte so lange allein sein und sich der Liebe entsagen.
    »Es ist verrückt«, flüsterte sie. »Wer kann so etwas nachvollziehen?«
    Aber sie hatte es doch so gewollt!
    Und jetzt hatte ihr ausgerechnet der Jungdrache Fooly bewußt gemacht, was ihr seit langem fehlte. Was sie brauchte. Was Zamorra und Nicole sich in ihrem unbefangenen Umgang mit der Liebe jeden Tag gaben, unmittelbar vor Patricias Augen - es reicht schon, wenn sie sich nur berührten oder küßten, und sich vorzustellen, was danach hinter verschlossenen Türen passierte, schmerzte die junge Frau.
    Nein, sie wollte nicht länger allein sein und dem Leben entsagen.
    Es mußte ja nicht unbedingt eine Liebe für den Rest ihres Lebens sein. Aber endlich wieder einmal Schutz, Geborgenheit, Liebe und Verständnis zu spüren - das war es, wonach sie sich
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