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0563 - Totensturm der Geisterfrau

0563 - Totensturm der Geisterfrau

Titel: 0563 - Totensturm der Geisterfrau
Autoren: Jason Dark
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eines defekten Wasserhahns hörte ich. Neben dem Becken blieb ich stehen. Hinter mir bewegten sich die vorgebeugten Zweige eines Strauchs wie zitternde Fingerspitzen und kratzten sogar über meinen Nacken.
    Das Becken kannte ich. Einige Punkte hatte ich mir vom Nachmittag her gemerkt. Um nachschauen zu können, mußte ich die kleine Zeichnung anleuchten.
    Im Lichtkegel der Lampe verfolgte ich den restlichen Weg. Weit war es nicht mehr. Schon sehr bald mußte die Abzweigung erscheinen, die mich direkt zum Ziel brachte.
    Ich hatte die Lampe kaum ausgeschaltet, als ich den leisen Pfiff hörte.
    Blitzschnell ging ich zur Seite. Dieser Pfiff hatte sich angehört wie ein Signal.
    War ich entdeckt worden?
    Ich duckte mich seitlich gegen die Bassinwand und wartete ab.
    Meine Haltung war unbequem. Schon nach zwei Minuten ahnte ich, daß ich irgendwann einen Krampf bekommen würde, wenn ich in dieser Lage blieb.
    Es tat sich nichts.
    Der Pfiff wiederholte sich nicht, und es tauchte auch niemand auf, um nachzuschauen. Ich befand mich noch immer allein in dieser Umgebung und fühlte mich schon als Teil dieses historischen Totenackers. Leider war in der Dunkelheit schwer festzustellen gewesen, aus welcher Richtung das Signal aufgeklungen war, deshalb ging ich das Risiko ein und setzte den Weg fort.
    Diesmal noch vorsichtiger und stets nach allen Seiten sichernd.
    Ich hielt mich nie auf der Mitte des Weges, ging am Rand, wo ich von den Büschen gedeckt wurde, die trotz der Dunkelheit noch einen Schatten warfen.
    Zu beiden Seiten des Wegs rührte sich nichts. Düsternis und fremde Gerüche begleiteten mich.
    Keine Schritte, keine Stimmen, nur meinen eigenen Atem hörte ich und sah die Wolke vor meinem Mund, die nie abreißen wollte. Endlich erreichte ich den schmalen Weg.
    Ich tauchte hinein wie ein Tier. Urplötzlich war ich von dem normalen Weg verschwunden und schlängelte mich durch das Unterholz. Die Spitzen der Zweige berührten meine Jacke und kratzten darüber wie scharfe Fingernägel.
    Hinter den Ästen entdeckte ich die Grabsteine als wuchtige, düster schimmernde Klötze. Unbewegliche Zeugen der Toten, die unter dieser Erde begraben lagen.
    Nur einer interessierte mich. Der Stein, der zum Grab der Manon de Valois gehörte.
    Am Ende des Grabes sah ich ihn in die Höhe wachsen und erkannte plötzlich, daß sich am Grab etwas verändert hatte. Der Stein war davon unberührt geblieben, aber vor ihm entdeckte ich etwas, das am Nachmittag noch nicht vorhanden gewesen war: eine Figur. In der unteren Hälfte war sie als kompakt anzusehen, nach oben hin spreizte sie sich wie die Schenkel einer Schere.
    Ich schlich näher, ging aber noch nicht direkt an das Grab heran, weil ich mit einer Falle rechnete.
    Es passierte nichts, was mein Mißtrauen noch hätte steigern können. Die Ruhe blieb, wenn auch trügerisch. Die Jacke hatte ich aufgeknöpft, um schneller an die Waffe zu gelangen, wenn es denn sein mußte. Noch zwei Schritte, dann stand ich vor dem Grab.
    Der Schock traf mich hart. Auch ohne Licht war zu erkennen, was sich auf dem Grab verändert hatte.
    Im feuchten Boden steckte ein Mensch.
    Allerdings mit dem Kopf nach unten!
    ***
    Nun erkannte ich, daß es seine gespreizten Beine gewesen waren, die mich an die Schenkel einer Schere erinnert hatten. Von den Armen sah ich nur einen Teil, denn bis zu den Ellbogen waren sie im Erdreich verschwunden.
    Über meinen Rücken rann ein Schauer des Schreckens. Die Kehle war plötzlich trocken geworden. Ich schaute mich um, suchte nach Gegnern, aber die Natur umgab mich wie eine Wand.
    Sie schwieg…
    Tief holte ich Luft. Die kleine Lampe ließ ich stecken, weil ich den Grabstein nicht mehr anzuleuchten brauchte.
    Wer hatte das getan?
    War dieser Schrecken aus der Tiefe des Grabes gekommen? Hatte die Person überhaupt etwas mit dem Geheimnis zu tun, das in der Erde verborgen lag?
    Ich faßte den Mann in Höhe der Waden mit beiden Händen an.
    Daß er noch lebte, daran glaubte ich nicht. Er mußte einen fürchterlichen Tod erlitten haben.
    Das Grab selbst blieb ruhig, als ich kräftig zog, mehrmals rucken mußte, bevor sich der steife Körper bewegte und auch der Lehm nicht mehr so klammerte.
    Ich zog ihn hervor und wäre fast noch selbst gefallen, weil ich den Ruck kaum ausgleichen konnte.
    Dann lag er auf dem Grab. Sein Kopf berührte fast den Stein, die Füße das Ende dieser unheimlichen Stätte.
    Ich kniete nieder und sah sogar im Dunkeln, daß mit seinem Gesicht etwas geschehen
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