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0563 - Totensturm der Geisterfrau

0563 - Totensturm der Geisterfrau

Titel: 0563 - Totensturm der Geisterfrau
Autoren: Jason Dark
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war. Dreck und Lehm klebten auf der von Wunden übersäten Haut.
    Dieser Mensch hatte gelitten. Helfen konnte ich ihm nicht mehr. Irgend jemand hatte ihn getötet.
    Ich hob den Kopf an.
    Die Schrift auf dem Grabstein war im Dunkeln nicht zu erkennen, doch ich wußte, welcher Name dort eingraviert worden war.
    Manon de Valois!
    Mehr nicht. Keine Geburts- und Sterbedaten, nur der Name.
    Und dennoch war dieses Grab keine normale Ruhestätte für einen Toten. Meiner Ansicht nach barg es ein fürchterliches Geheimnis, das ich leider noch nicht hatte lösen können. War die schon so lang Verstorbene etwa zurückgekehrt?
    Es konnte möglich sein, ich wünschte es nicht, denn das würde der Beginn einer furchtbaren Zeit werden.
    Um das Grab freizubekommen, zog ich die Leiche zur Seite. Dann schaute ich mir die Erde der Grabstätte an. Es war nicht viel zu sehen. Jedenfalls entdeckte ich keinen Hinweis auf diejenige Person, die sich möglicherweise für den Schrecken zu verantworten hatte. Plötzlich hörte ich ein leises Wimmern, als würde jemand hinter dem Grabstein weinen.
    Ich huschte um das kantige Denkmal herum, sah den Schatten. Mit dem Rücken stemmte sich der sitzende Mann gegen den Stein.
    Er hörte und sah mich. Mit einer müde und kraftlos wirkenden Bewegung streckte er mir die Arme entgegen. »Geh weg, Bestie, weg, weg!« ächzte er. »Du sollst…« Er hustete.
    Ich schüttelte den Kopf. »Bitte, seien Sie ruhig, mein Lieber. Ganz ruhig. Bewegen Sie sich nicht. Ich bin gekommen, um Ihnen zu helfen.«
    Ob er meine Worte verstanden hatte, wußte ich nicht. Auf ihn jedoch setzte ich meine Hoffnung. Bestimmt konnte er mir erklären, was sich an dieser Grabstätte abgespielt hatte. Diesmal schaltete ich die Lampe ein und ließ den Strahl über seine Gestalt wandern.
    Der noch junge Mann trug eine schwarze Lederjacke, dessen Material feucht schimmerte. Um seinen Hals hatte er ein helles Tuch gewickelt. Das dunkle Haar fiel ihm in die Stirn, die einige Wunden zeigte, aus denen das Blut quoll.
    Wie bei dem ersten Toten, so war auch dieser noch lebende Mensch gezeichnet worden.
    Von wem?
    Er schaute mich an, seine Lippen zuckten. Auf ihnen schimmerten Blutperlen. »Wer hat es getan?« fragte ich flüsternd. »Was ist passiert? Du mußt es erzählen?«
    »Bist du ein Bulle?« würgte er hervor.
    »Nein!« log ich.
    »Ich… ich kenne dich auch nicht. Du bist kein Franzose, ich höre es.« Er bewegte seinen rechten Arm, die Hand hielt er zur Faust geschlossen. Dann ließ er aus der Hand eine mit weißem Pulver gefüllte Tüte hervorrutschen.
    Puderzucker befand sich bestimmt nicht darin. Der Taxifahrer hatte mich vor Dealern gewarnt. Einer lag vor mir. Normalerweise waren diese Leute sehr scheu. Daß sich dieser mir offenbarte, war nur damit zu erklären, daß er etwas anderes, unwahrscheinlich Schreckliches erlebt hatte, für das es keine Erklärung gab.
    »Rede!«
    »Wir haben uns hier getroffen. Es war wie immer – keine Gefahr. Keine Bullen und so. Keine Konkurrenz, wirklich, alles schien glatt zu gehen.«
    »War das hier am Grab?«
    »Klar.«
    »Und dann?«
    Er fing an zu weinen. »Ich kann es nicht fassen. Es öffnete sich plötzlich. Ein Sturm überfiel uns. Und über dem Grab schwebte ein alter, halbzerrissener Knochenschädel mit einem fürchterlichen Maul und dünnen Haaren. Er hielt eine Kugel in der Hand, und die Hände waren übergroß. Sie packten uns…«
    Er legte eine Pause ein, weil er atmen mußte.
    »Was geschah weiter?«
    »Zuerst erwischte es Raoul.«
    »Ist das dein Partner gewesen?«
    »Ein Kunde.«
    »Also gut.«
    »Die Hände rissen ihn hoch und schleuderten ihn zurück. Er hatte keine Chance, die andere Figur besaß eine Kraft, die nicht zu erklären ist. Wie ein Riese. Sie schlug ihn nieder. Sein Gesicht war auf einmal blutig, dann stopfte sie ihn mit dem Kopf zuerst in das Grab.«
    »Was war mit dir?«
    »Ich wollte abhauen, aber die Hände waren schneller. Ich sah sie und den Schädel und kam nicht mehr weg.«
    »Aber du lebst noch.«
    »Zum Glück. Mich hat die Gestalt gegen den Grabstein gewuchtet und dachte wohl, daß ich mir den Schädel einschlagen würde. Das ist nicht geschehen, ich lebe.«
    »Aber du bist verletzt.«
    »Stimmt, die langen Nägel kratzten durch mein Gesicht. Sie rissen mir die Haut auf. Das war, als hätte man Papier zerfetzt. Ich schrie, spürte das Blut, dann war die Gestalt weg.«
    »Einfach so?«
    »Ja.«
    »Noch einmal von vorn…«
    »Nein, merde, ich will
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