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0563 - Totensturm der Geisterfrau

0563 - Totensturm der Geisterfrau

Titel: 0563 - Totensturm der Geisterfrau
Autoren: Jason Dark
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nicht. Ich will hier weg. Hilf mir hoch, verdammt!«
    Ich schüttelte den Kopf und ignorierte die mir entgegengestreckte Hand. »Noch nicht. Ich will die Beschreibung haben. Da war also der Knochenschädel, dann die Klauen!«
    »Die auch.«
    »Und die Kugel nicht?«
    »Ja, ich sah sie für einen Moment. Sie war graublau, und in ihr schwamm etwas.«
    »Was genau?«
    »Das konnte ich nicht erkennen.« Er zitterte plötzlich und wischte über sein Gesicht. »Laß mich gehen! Du bist doch kein Bulle – oder?«
    »Wie heißt du?«
    »Marcel Viviatto.«
    »Bon. Den Namen merke ich mir.« Ich drückte mich zurück. »Steh auf und verschwinde!«
    Unter normalen Umständen hätte ich diesen Dealer nicht laufen lassen. Wenn es Verbrecher gab, die ich regelrecht haßte, dann waren es diese verfluchten Rauschgifthändler, die andere Menschen in ein unbeschreibliches Elend und häufig in den Tod stürzten. In diesem Fall jedoch mußte ich freie Bahn haben, denn ich war sicher, daß sich dieses Knochenwesen noch einmal zeigen würde. War es Manon de Valois?
    Marcel stemmte sich auf die Beine. Er schaute sich um, traute sich aber nicht, nach seinem Kumpan Ausschau zu halten. »Also, ich haue jetzt ab. Das solltest du auch machen.«
    »Später. Geh zum Arzt und laß das Heroin!«
    »Wieso? Ich…«
    »Vielleicht bin ich doch ein Bulle«, sagte ich hart.
    Er erschrak, warf sich auf der Stelle herum und brach wie ein gehetztes Tier durch das dichte Buschwerk.
    Als das Knacken der Zweige nicht mehr zu hören war, stand ich wieder vor dem Grab.
    Wie sollte ich das herauslocken, was unter der feuchten Erde verborgen lag?
    Ich wollte mein Kreuz nehmen. Es hatte sich schon einmal in Hector de Valois’ Besitz befunden. Wahrscheinlich war es seiner Schwester sogar bekannt, auch wenn sie einen anderen Weg eingeschlagen hatte als ihr Bruder.
    Bevor es dazu kam, hörte ich das leise Lachen!
    Ich blieb starr stehen und lauschte. Aus der unmittelbaren Umgebung war es nicht erklungen. Jedenfalls nicht aus der sichtbaren.
    Wahrscheinlich hatte es seinen Ursprung tief in der unheimlichen Grabstätte gehabt! Manon de Valois?
    Dem Lachen folgte eine Stimme. Sie klang neutral. Es war nicht herauszuhören, ob weiblich oder männlich.
    »Mein Bruder bist du nicht, das spüre ich. Aber ich kann dich ertasten und dir jetzt schon sagen, daß du den Totensturm nicht aufhalten wirst.«
    »Bist du dir sicher?« sprach ich ins Leere hinein.
    »Ja…«
    »Dann zeig dich!«
    Ich hatte die Worte kaum ausgesprochen, als es geschah. Dicht über der Grabfläche ballte sich das zusammen, was aus der Tiefe hervorgekrochen kam.
    Dünne Nebelfetzen und zwischen ihnen die Umrisse eines Knochenschädels.
    Eine Tote hatte ihr Reich verlassen, um mich zu besuchen!
    ***
    Cilly, die Concierge, konnte sich nicht daran erinnern, schon einmal so nervös gewesen zu sein, wie an diesem verdammten Abend im Dezember!
    Der Betrieb in ihrem Etablissement hielt sich in Grenzen. Etwa die Hälfte der Zimmer waren mit Mädchen und Freiern belegt. Die anderen standen leer. So kurz vor Weihnachten besaßen die wenigsten Männer noch genügend Geld, um die Nutten bezahlen zu können.
    Dementsprechend geringer würde ihre Einnahme ausfallen, ebenso die eines Mannes, der nur der »Schöne« genannt wurde, mit seinem Porsche durch die engen Gassen fuhr und kassierte. Der Schöne war als Zuhälter bekannt. Die Mädchen gingen für ihn auf den Strich und hüteten sich, ihn zu verraten. So gut der Schöne seiner Meinung nach auch aussah, hinter der Fassade steckte ein wildes Tier. Das wußten alle, die schon einmal eine unangenehme Bekanntschaft mit ihm gemacht hatten.
    Cilly brauchte ihn nicht zu sehen, sie hörte ihn. Das heißt, seinen Wagen. Wenn er mit dem weißen Porsche vorfuhr, drückte er noch einmal kräftig aufs Gas, damit sich der Motor richtig meldete. Erst dann verließ er sein Geschoß.
    Er kam, um zu kassieren.
    Cilly teilte ihr Geld jedesmal auf. Die Hälfte für sich, die andere Hälfte für ihn.
    Nur von der Dollarnote der Blonden sollte der miese Hundesohn nichts sehen.
    Schon kam er an. Er stand in der schmalen Tür wie der King persönlich. Sein weißer Mantel fiel locker um seine Gestalt. Darunter trug er einen schwarzen Anzug, ein weißes Hemd und einen wiederum schwarzen Schal, den er locker um Hals und Schultern geworfen hatte. So sah er aus wie eine Operettenfigur, die dabei war, ins Maxim zu gehen. Seine beringten Finger steckten in den Manteltaschen. Das ebenfalls
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