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0520 - Das blaue Einhorn

0520 - Das blaue Einhorn

Titel: 0520 - Das blaue Einhorn
Autoren: Werner Kurt Giesa
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zurechtstutzen auf das Maß, das dir zusteht«, zischte sie.
    »Ich glaube dir nicht«, erwiderte Julian. »Deine Rede ist nicht echt. Deine Körpersprache stimmt nicht mit deiner Mimik und deinen Worten überein. Es steckt etwas anderes dahinter. Du willst die Spielregeln verändern. Du bist wie ein kleines Kind, das in jedem Spiel, das es sieht, mitmachen, aber nicht verlieren will. Sonst wirft es mit den Bauklötzen um sich.«
    Shirona erstarrte.
    Julian beobachtete sie angespannt. Er rechnete jeden Moment mit einem Angriff - nicht körperlich, sondern auf magischer Basis. Wenn sie so war, wie er sie einschätzte, mußte sie jetzt heftig reagieren. Sie konnte seine Worte nicht einfach schlucken. Sie mußte Zurückschlagen. Sie war es, was er einmal gewesen war - ein unreifes, zorniges Kind.
    Zumindest jetzt! Bei ihrer ersten Begegnung damals war sie wesentlich reifer und besonnener aufgetreten. Entwickelte sie sich im gleichen Maß rückwärts, wie er Fortschritte machte? Wenn ja, woran lag das?
    In der nächsten Sekunde zeigte sie ihm, daß er sie unterschätzt hatte.
    Eine blutrote Spur von fünf spitzen Fingernägeln zog sich schmerzhaft durch sein Gesicht. Ihr Knie fuhr hoch, und ihre Handkante flog heran.
    Er hatte sie zu nahe herankommen lassen. Deshalb konnte sie ihn auf eine Weise schlagen, mit der er nicht gerechnet hatte.
    ***
    Der Übergang hatte Stygia verwirrt. Die Reise aus den Sphären der Hölle oder von einer »normalen« Welt in die andere löste andere Empfindungen in ihr aus; es war ein eher technisch wirkender Vorgang. Das hier jedoch…
    Die Kraft, mit der Lucifuge Rofocale sie in die Traumwelt versetzte, erinnerte sie an etwas, aber sie konnte nicht eindeutig sagen, an was. Sie hatte nur das Gefühl, dabei verdoppelt zu werden, gerade so, als stehe sie vor einem Spiegel und sei dadurch von anderen Betrachtern zweifach zu sehen. Und sie glaubte, fremde Gedanken zu spüren. Aber noch ehe sie sich darauf einstellen konnte, war es schon wieder vorbei, und sie fand keinen Kontakt mehr.
    Die Fürstin der Finsternis versuchte sich zu orientieren.
    Sie befand sich in einer schier unendlichen, blühenden Gras- und Blumenlandschaft. Der Horizont war unerreichbar fern, nur die Felsen waren nahe. Aber es war nicht genau das Bild aus dem Traum. In ihm waren die Felsen ringsum und überall gewesen, bis auf die kleine freie Fläche, auf der sich das Einhorn befunden hatte.
    Stygia wandte sich den Felsen zu.
    Sie benutzte dazu ihre Magie und kürzte den Weg damit entschieden ab. Was sie dann sah, versetzte sie in Überraschung.
    ***
    Wenn das hier eine Traumwelt war, mußten massive Felsen nicht unbedingt undurchdringlich sein, überlegte Professor Zamorra, der sich die mühsame Kletterei möglichst ersparen wollte. Er tastete das Gestein ab, fand aber weder einen natürlichen Durchlaß in Form einer Spalte zwischen den Blöcken, noch drang seine Hand irgendwo in den Stein ein.
    Aber wenn es keinen natürlichen Durchschlupf gab, um auf die andere Seite der Felsbarriere zu gelangen, ließ er sich vielleicht künstlich schaffen.
    Er setzte den Dhyarra-Kristall ein. Der Sternenstein holte seine Energie aus den Tiefen des Universums. Was Zamorra benötigte, war genügend Konzentration, um dem Kristall bildhaft vorzugeben, was er bewirken sollte.
    Dabei hoffte er, daß der Kristall stark genug dazu war. Mit einem Kristall 13. Ordnug konnte man eine Sonne sprengen, mit einem der 1. Ordnung gerade mal etwas »Bühnenzauber« betreiben. Zamorras Kristall war 3. Ordnung. Ob es ihm gelang, damit einen Tunnel durch den Felsen zu erschaffen, konnte er nur hoffen. Andererseits war das hier nichts wirklich Echtes, sondern »nur« ein Traum…
    Aber seine Spekulation über die Realität der Traumlandschaft erwies sich als falsch. Sie war nicht weniger konsistent als eine vergleichbare Region auf der wirklichen Erde.
    Was den Tunnel anging, kapitulierte der Dhyarra-Kristall. Dafür war er nicht stark genug. Zamorra verschwendete keinen Gedanken daran, ob er vielleicht durch sein vorhergehende Anstrengung im Château nicht mehr genug Konzentration aufbrachte, um den Kristall für eine solche Aufgabe einzusetzen, sondern wandte sich sofort einer Alternativlösung zu. Er ließ den Dhyarra Stufen schlagen.
    Das funktioniert, weil es weniger Energieaufwand erforderte. Die Kraft des Dhyarras reichte dafür aus. Die Stufen waren schmal bemessen und reichten an einer günstigen Steinformation gerade eben aus, Zamorra Halt zu
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