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0520 - Das blaue Einhorn

0520 - Das blaue Einhorn

Titel: 0520 - Das blaue Einhorn
Autoren: Werner Kurt Giesa
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nicht gedacht, denn es gab keine entsprechenden Spuren am Gestein. Demzufolge, schloß Zamorra, hatte diese Traumwelt entweder gar keinen Mond oder gleich deren mehrere auf Umlaufbahnen, die ihre Gezeitenkräfte gegenseitg aufhoben.
    »Ich verschwende meine Gedanken an Unwichtiges«, rief er sich zu Ordnung - und mußte dann über sich selbst schmunzeln, weil er sicher war, daß Merlins Stern ihm unter anderen Umständen genau die gleiche Rüge erteilt hätte - hatte er sich schon so sehr an die telepathischen Bemerkungen der Silberscheibe gewöhnt, daß er ihnen bereits zuvorkam?
    Hier am Strand zu verweilen und auf den Anbruch des jüngsten Tages zu warten, war sinnlos. »Ich muß dahin, wo die Musik spielt«, überlegte Zamorra. Verdrossen sah er die Felsen an.
    »Hinauf - oder hindurch! Und das in meinem körperlichen Zustand…«
    Aber was blieb ihm anderes übrig?
    ***
    »Du hast lange gebraucht, mich zu erkennen«, sagte die blonde, gutgewachsene Frau im hautengen, roten Overall mit dem tiefen Ausschnitt. Langsam, fast tänzelnd schritt sie auf Julian zu.
    Der Träumer schüttelte den Kopf.
    »Ich wußte sofort, daß du es warst, die mir praktisch eine Kriegserklärung gemacht hat«, sagte er. »Nur ein Wesen deiner Art schafft es, in meine Träume vorzudringen. Ich wußte nur nicht genau, in welcher Gestalt du diesmal auftreten würdest. Du bist zu weit gegangen. Seit wann kannst du es -meine Träume teilweise unter deine Kontrolle bringen?«
    Das Wesen, das sich häufig Shirona nannte, lachte wieder auf. »Nicht nur teilweise. Ich könnte es vollständig, wenn ich wollte. Du bist nicht das einzige Geschöpf im Kosmos, das sich entwickelt. Ich bin besser und stärker als damals.«
    »Ich sehe es«, sagte Julian knapp. »Und immer wieder legst du es darauf an, mir ins Handwerk zu pfuschen. Was willst du von mir?«
    Shirona lachte erneut. Sie schüttelte den Kopf, daß das lange, blonde Haar flog. »Deine Unterwerfung, was sonst? Du bist zu mächtig. Jemand muß dich zurechtstutzen. Du solltest dich nicht gegen mich stellen. Ich bin stärker als du, denn ich kann auf die größeren Kraftreserven zurückgreifen. Jener, der dafür verantwortlich ist, daß es mich gibt, hat mich hervorragend ausgestattet. Vielleicht… wollte er nicht, daß du so mächtig wirst?«
    Julian antwortete nicht. Er beobachtete Shirona. Er war sicher, daß auch das nicht das wirkliche Aussehen der anderen Entität war. Vielleicht besaß sie überhaupt kein Aussehen. Er glaubte in ihr die gleiche innere Unreife zu erkennen, die er in sich selbst gefunden hatte - nur besaß Shirona keinen so ausgeprägten Spieltrieb wie Julian. Sie schien ihre Magie wesentlich ernster zu nehmen als er. Aber er war sicher, daß sie soeben gewaltig übertrieben hatte. Stärker…? Daran zweifelte er. Und was sollte die Andeutung über jenen, der dafür verantwortlich war, daß es sie gab? Eine eigenartige Formulierung, fand er. Dafür, daß es ihn gab, waren Robert Tendyke und Uschi Peters verantwortlich, seine Eltern. Er wäre nie auf den Gedanken gekommen, sich so umständlich auszudrücken, wie Shirona es soeben getan hatte.
    »Wenn du so denkst«, sagte er, »warum hast du dann das Einhorn vernichtet? Du hättest gelassen zusehen können, wie es mich tötet. Dann warst du wirklich das, was du jetzt zu sein glaubst - stärker oder mächtiger als ich.«
    »Ich habe das Einhorn auf dich gehetzt. Ich hatte es unter meiner Kontrolle. Ich habe sogar zwischendurch einmal seine Gestalt angenommen, aber das war vor deiner Ankunft hier.«
    »Was ist der Sinn?«
    Sie lachte schon wieder und kam dabei noch näher heran. »Ich habe mit dir gespielt. Ich wollte dich aus der Fassung bringen. Dich zu töten, war nicht meine Absicht - bisher. Ich wollte dir zeigen, daß du nicht der Größte bist, für den du dich hältst.«
    »Ich halte mich nicht für den Größten«, sagte Julian. Eine seltsame Gelassenheit hatte ihn erfaßt; was er in jenem einsamen Kloster in Tibet gesehen hatte, war auf ihn abgefärbt. »Du bist verantwortungslos, Shirona«, sagte er. »Denke darüber nach, was du tust. Warum bringst du andere und dich in Gefahr? Wäre ich der, für den du mich hältst, hätte ich längst zornig zugeschlagen und dich vernichtet.«
    Ihr Lachen gefror zur fratzenhaften Maske. »Du hast einmal versucht, mich dir zu unterwerfen«, sagte sie. »Damals, als ich dich zum erstenmal in deinem Traum besuchte.«
    »Und jetzt willst du dich dafür rächen?«
    »Ich will dich
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