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0508 - Treffpunkt zwischen den Sternen

Titel: 0508 - Treffpunkt zwischen den Sternen
Autoren: Unbekannt
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hinunter.
    „Verdammt!" sagte er. „Und jetzt der Psychologe."
    Er drehte sich nach rechts, wählte eine Nummer auf dem eingebauten Interkom und sagte dann ins Mikrophon: „Korvey, kommen Sie bitte einmal' zu mir? Vorausgesetzt, Karrora läßt Ihnen etwas Zeit übrig."
    Korvey Wokan, der vierzigjährige Psychologe an Bord der EX-8989, erwiderte: „Ich komme, Boß!"
    Sie flogen jetzt seit fast eineinhalb Jahren miteinander, aber der Psychologe und der Kommandant sagten immer noch Sie zueinander. Durch diese deutlich geäußerte Distanz waren sie sich näher gekommen als auf herkömmliche Art. ,Minuten später summte das Signal.
    „Treten Sie einfach die ,Tür auf!" rief Wycliff.
    „Mit Vergnügen."
    Der Kosmopsychologe setzte sich in den Sessel, der gegenüber dem Schreibtisch befestigt war, zog aus der Brusttasche seines Hemdes eine dünne, schwarze Zigarre und zündete sie mit einem umständlichen Ritual an.
    „Was darf's sein?" fragte Wokan.
    „Trubel", sagte Wycliff.
    „Wie schön! Welchen nun?"
    Calembour deutete mit seinem rechten Zeigefinger gegen die Stirn und sagte entschuldigend: „Keinen neuen. Viele Fragen. Zunächst: Wie geht es Karrora?"
    „Miserabel."
    Calembour erinnerte sich deutlich an jene Nacht vor einem Vierteljahr. Sie waren auf einem namenlosen Planeten gelandet und hatten das Vertrauen der Eingeborenen erwerben können.
    Es waren Humanoide, aber fast alle Überlegungen und Verhaltensweisen jener dünnen, blauhäutigen Wesen waren derart radikal anders und fremd, daß niemand in der Lage war, sie zu begreifen. Ein Schlüssel dazu aber lag in den Riten der Einführung ins Leben, die kurz nach der Landung stattfanden.
    Der Erste Offizier hatte sich freiwillig gemeldet und war mit seiner Kamera losgezogen, um diesen Schlüssel zu finden. Er fand ihn, aber nur auf dem Umweg über seinen Wahnsinn. Er kam noch bis zum Schiff; Calembour fand seinen Freund und trug ihn auf den Schultern ins Schiffslazarett. Karrora war noch in der Lage, einen Bericht auf Band zu sprechen, dann waren seine Sinne endgültig verwirrt.
    Er suchte die Dunkelheit, er rollte sich in die fetale Position zusammen, er fürchtete sich vor allem, was Raum, Kosmos, Umgebung bedeutete.
    Er suchte ständig die kleinsten, dunkelsten Räume auf, die er finden konnte. In der Folgezeit zog man ihn unter Tischen hervor, aus kleinen Kammern, unter Maschinensockeln und aus dem dunkelsten Winkel seiner Kabine.
    Er hatte den Verstand nicht verloren, aber er besaß keine Möglichkeit, ihn anzuwenden. Jeder Mann an Bord war betroffen und spürte jedesmal, wenn er Karrora sah, ein starkes Gefühl der Schuld.
    Etwas war in seinem Verstand gerissen.
    Licht, Helligkeit, Klarheit - davor fürchtete er sich. Er war nur dann in der Lage, relativ klar zu denken, wenn er sich in völliger Dunkelheit befand, in einem winzigen Raum und in einer Position, die es seinem Körper gestattete, den kleinstmöglichen Kubikinhalt einzunehmen.
    Der Kosmopsychologe sagte: „Skytho Karrora ist heute dort, wo sich der Verstand jener Eingeborenen befindet. Und er hat den Weg von dieser Stelle bis zu unserer gedanklichen, ethischen und psychischen Realität noch nicht gefunden. Für uns ist Skytho geisteskrank, in Wirklichkeit lebt er in einem völlig anderen Bezugssystem."
    Der Kommandant winkte ab.
    „Das alles, Doc, weiß ich bereits. Ich wollte nur wissen, ob sich in seinem Zustand eine wenn auch unbedeutende Besserung eingestellt hat." - Der Psychologe sagte: „Nein. Wir haben den Film analysiert und den mündlichen Bericht, und wir sind nicht in der Lage zu begreifen. Er aber hat begriffen. Er weigert sich nach wie vor, etwas aktiv zu tun."
    Der Kommandant meinte verzweifelt: „Das bedeutet weiterhin, daß wir ihn suchen und in die Duschkabine schleppen müssen, daß wir ihn zwingen müssen, etwas zu essen und zu trinken, und daß wir ständig aufpassen müssen, daß er nicht in einem Winkel erstickt."
    Wokan drehte sich um, nahm ein leeres Glas und schüttete fast den ganzen Inhalt des Glases um.
    „Es ist nicht gut, wenn der Kommandant besoffen ist", sagte er mit seinem ironischen Lächeln. „Der Bordpsychologe kann es sich hingegen erlauben; wer hat je einen Psychologen für voll genommen?"
    Calembour erklärte: „Ich, Korvey."
    „Deswegen habe ich auch Ihr Glas erleichtert, Wycliff! Nein. Wir haben keine Besserung festgestellt."
    Skytho Karrora, ein ehrgeiziger, aber liebenswürdiger Mann, war heute nur noch ein Schatten seiner selbst.
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