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0195 - Eine schaurige Warnung

0195 - Eine schaurige Warnung

Titel: 0195 - Eine schaurige Warnung
Autoren: Jason Dark
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Fast wäre mir der Teller vom Tablett gerutscht, als ich es auf dem Tisch der Kantine abstellte. Wäre allerdings nicht schade um den Fraß gewesen, denn was sich da Reis mit Huhn nannte, war nichts anderes als eine Pampe, mit der man irgend etwas hätte kleistern können. Das Zeug schmeckte auch so, und ich stocherte lustlos mit der Gabel in dem Fraß herum.
    »Darf ich?«
    Die Stimme, die da so forsch fragte, war männlich und gehörte einem Kollegen von der Sitte.
    Ich hob den Kopf. »Sicher, nehmen Sie Platz, Smitty.«
    »Danke.«
    Wir, das heißt die älteren, nannten ihn alle nur Smitty. Der Kollege, auch Oberinspektor wie ich, war fast auf den Tag ebenso lange beim Yard wie meine Wenigkeit. Nur hatten sich unsere Wege getrennt, und begegnet waren wir uns nur sehr selten.
    »Wenn man John Sinclair finden will, muß man nur in die Kantine gehen«, sagte Smitty und grinste.
    »Wenn das Essen weiterhin so bescheiden ist, werde ich nie mehr hier essen.«
    »Das müssen Sie nicht so eng sehen«, sagte Smitty. Er begann mit gesundem Appetit zu essen und schlug richtig zu, so daß ich große Augen bekam.
    Dabei hatte er das gleiche Gericht genommen wie ich.
    »Und das schmeckt Ihnen?« fragte ich.
    »Normalerweise nicht, aber heute ist ein besonderer Tag.«
    »Aha. Und welcher?«
    »Mein letzter Arbeitstag. Ich habe endlich drei Wochen Urlaub bekommen.«
    »Bravo. Und wo verbringen Sie die als Junggeselle?« Ich grinste.
    »Südsee, Mädchen…«
    »Nein, nein, keine Mädchen und keine Palmen. Ich fahre nach Schottland und erhole mich dort bei langen Spaziergängen und viel Schlaf. Natürlich auch ein wenig Whisky«, fügte er lächelnd hinzu.
    »Schottland?« murmelte ich. »Nun ja, warum auch nicht. Das Land hat seine Reize. – Meine Eltern stammen aus Schottland, und sie wohnen noch immer dort. Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall einen angenehmen Aufenthalt.«
    »Danke, John.«
    Eine Bedienung räumte meinen Teller ab. »Hat es Ihnen nicht geschmeckt, Sir?« flötete sie.
    »Nein.«
    »Mir auch nicht.«
    Dann mußten wir beide lachen.
    Meine Pause war vorbei. Mit der flachen Hand schlug ich auf die Tischplatte und erhob mich. »Ja, dann wünsche ich Ihnen einen angenehmen und erholsamen Urlaub, Smitty«, sagte ich und reichte meinem Kollegen die Hand.
    »Danke, John, den werde ich sicherlich haben.«
    An der Tür drehte ich mich noch einmal um und schaute zu seinem Tisch hinüber. Es war das letzte Mal in meinem Leben, daß ich Smitty so sah. Wochen später wurde ich wieder an diese Begegnung erinnert, aber da war es bereits ein Fall für mich geworden…
    ***
    Das junge Mädchen schüttelte sich, als würden Spinnen über seinen Rücken laufen.
    »Was hast du denn?« fragte Eric Black, ihr Begleiter.
    »Angst, Eric, einfach Angst.«
    Der Mann lachte. »Warum?«
    Nicole Sester blieb stehen. Dabei rutschte Erics Arm von ihrer Schulter. »Schau dich doch mal um. Das ist hier alles so unheimlich, so gespenstisch…«
    »Nichts ist gespenstisch. Dich hat nur das Gerede der Leute verrückt gemacht.«
    »Nein, nein, das glaube ich nicht.«
    Eigentlich mußte Eric seiner Freundin recht geben. Auch ihm war nicht eben fröhlich zumute. Aber das konnte er ihr ja nicht so sagen.
    Sie hatte den Spaziergang nicht mitmachen wollen. Eric bestand darauf, jetzt mußte er auch die Konsequenzen tragen.
    Bei Dunkelheit hätte ihn auch keiner in den Wald bekommen, doch am Nachmittag konnte man sich so etwas schon erlauben. Es war zwar kein strahlender Sonnentag, im November verlangte das auch niemand, doch der Wind hatte den Himmel blankgefegt, so daß wenigstens keine Nebelfelder zwischen den Bäumen lagen und diesen Wald noch undurchdringlicher machten.
    Wald der Erhängten, so nannten ihn die Bewohner des nahen Dorfes. Und sie redeten nur flüsternd darüber, denn in diesem Waldstück waren tatsächlich zahlreiche Menschen ums Leben gekommen. Man fand sie immer erhängt an den Bäumen.
    Und zwar als Skelette.
    Das war das Schaurige an der Sache. Ein normaler Toter ist schlimm genug, doch wenn man plötzlich ein echtes Gerippe am Baum hängen sah, war das ein Schock.
    Die Polizei hatte den Wald durchkämmt. Sie war Spuren nachgegangen, aber sie hatte nichts gefunden.
    Die Dorfbewohner allerdings hatten eine Erklärung.
    »Das ist der Geist des alten Abrakim!« wurde hinter der hohlen Hand geflüstert.
    Wer oder was dieser Abrakim war, wußten Eric Black und seine Freundin nicht. Sie waren in den Wald gegangen, um die frische Luft bei
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