Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0491 - Ein Toter läuft um sein Leben

0491 - Ein Toter läuft um sein Leben

Titel: 0491 - Ein Toter läuft um sein Leben
Autoren:
Vom Netzwerk:
Jerry!«
    »Ich werde mich unter einem angenommenen Namen irgendwo in der B rickstone Road einmieten, möglichst in der Nähe von Westons Laden. Ich werde einen Mann spielen, der gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde. So etwas spricht sich in einer kleinen Straße schnell herum. Die Tarnung hat einiges für sich. Ein Ex-Sträfling hat weder den Ehrgeiz, noch die Chance, rasch eine Stellung zu bekommen. Niemand wird sich darüber wundern, wenn er in Kneipen herumhängt und mit seinem Schicksal hadert. Ich werde hier und da ein paar Schulden machen und zu verstehen geben, daß ich jeden Job übernehme, der mir die Gelegenheit bietet, ein paar Dollar zu machen.«
    »Einverstanden«, meinte Mr. High nach kurzem Nachdenken. »Aber was werden Sie sagen, wenn man von Ihnen wissen will, warum Sie ausgerechnet in die Brickstone Road gezogen sind?«
    »Es ist eine billige Gegend, in der man keine Vorurteile gegenüber entlassenen Sträflingen hat!«
    ***
    »Hauen Sie ab!« fauchte das Mädchen mit scharfer, befehlender Stimme. »Nehmen Sie Ihren Pappkarton und verschwinden Sie! Ich'will Sie hier nicht wieder sehen!«
    Ich saß auf dem Bett und drehte mir eine Zigarette. Das Girl war ohne vorheriges Anklopfen ins Zimmer geplatzt. Sie sah jung, hübsch und sehr wütend aus. Ich schätzte ihr Alter auf dreiundzwanzig Jahre. Sie trug einen engen, karierten Rock und einen knapp sitzenden Pulli. Das hellblonde Haar war ein bißchen matt und stumpf; es hatte vermutlich durch unsachgemäßes Färben einen Knacks abbekommen.
    Ich beleckte das Zigarettenpapier und drückte es auf die eingerollte Unterlage. Es war für mich eine ungewohnte Tätigkeit, aber ich fand, daß ich mit dem Ergebnis zufrieden sein konnte. Es gehörte zu meiner Rolle, möglichst viele Dinge genau so zu machen, wie man das von einem entlassenen Sträfling erwartete. »Langsam, langsam«, bremste ich ihren Redestrom. »Wer sind Sie überhaupt?«
    »Lucille Raggard!« antwortete sie. »Ich möchte, daß Sie sich zum Teufel scheren!«
    Ich holte eine Schachtel Streichhölzer aus der Tasche und zündete mir die selbstgedrehte Zigarette an. »Sie vergessen, daß mir Ihre Mutter das Zimmer vermietet hat«, erwiderte ich nach einer Weile. »Ich habe für zwei Monate im voraus bezahlt!«
    Ich hatte keine Lust, das Zimmer wieder aufzugeben. Es war ein Glücksfall gewesen, daß ich mich in so unmittelbarer Nähe von Westons Laden hatte einmieten können.
    »Das ist es ja, worauf meine Mutter prompt ’reingefallen ist!« schimpfte das Mädchen. »Aber für Ex-Sträflinge ist hier kein Platz. Ich möchte, daß Sie sofort wieder ausziehen. Das Geld bekommen Sie zurück.«
    »Zu gütig!« spottete ich und stand langsam auf. Das Mädchen wich zurück. Sie prallte mit dem Rücken gegen die Wand und preßte die Hände flach gegen die verschossene Tapete. Ich sah, daß der Zorn in Lucille Raggards Augen von plötzlicher Furcht abgelöst wurde. »Mißverstehen Sie mich nicht«, sagte sie hastig. »Ich habe nichts gegen Sie! Ich kenne Sie ja gar nicht! Aber wenn Tom erfährt, wer sich hier eingemietet hat, ist es aus!«
    »Wer ist Tom?«
    »Mein Verlobter!«
    »Warum regen Sie sich eigentlich auf? Ich habe niemand umgebracht. Ich hätte Ihrer Mutter verschweigen können, daß ich aus dem Zuchthaus komme. Ich wollte aber mit offenen Karten spielen. Soll ich etwa dafür bestraft werden?« Das Mädchen entspannte sich. »Entschuldigen Sie bitte meine Heftigkeit, aber ich war einfach wütend darüber, daß meine Mutter ohne mein Einverständnis gehandelt hat. Schließlich zahle ich die Miete für die Wohnung, und ich bin es auch, die für den Lebensunterhalt meiner Mutter auf kommt! Warum waren Sie im Zuchthaus?«
    »Nur wegen ’ner Kleinigkeit«, sagte ich. »Ich hatte mir das Koksen angewöhnt und einem Freund ein paar Reefers verschafft. Das wurde von der Behörde als Handel ausgelegt. Dabei war es nur eine Gefälligkeit!«
    »Bitte, ziehen Sie wieder aus!«
    »Okay«, sagte ich. »Ich schaue mich nach einer anderen Bleibe um. Wenn ich etwas passendes finde, kratze ich die Kurve!«
    Lucille Raggard kam auf mich zu. »Ehrenwort?«
    »Ehrenwort! Es macht Ihnen doch nichts aus, wenn darüber ein oder zwei Wochen verstreichen? Ich möchte Ihnen die Chance geben, mich kennenzulernen. Ich fürchte, Sie stecken voller Vorurteile…«
    »Es geht nicht um mich. Es geht um Tom. Er ist in moralischen Dingen sehr streng.«
    »Hält er es für moralisch, einen Mann, der seine Strafe
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher